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Dramatische Folgen des Drogenkrieges im Südwesten Kolumbiens

| Bild: © n.v.

Die Statistiken der kolumbianischen Hafenstadt Tumaco sprechen für sich: 168 Morde auf 100.000 Einwohner (fünfmal höher als der Landesdurchschnitt) und allein in diesem Jahr schon 193 Mordopfer. 1) 162 von ihnen sind unmittelbar auf den bewaffneten Konflikt in Kolumbien zurückzuführen, der inzwischen seit über 40 Jahren das Land beherrscht. 2) In den vergangenen 15 Jahren sind mehr als 60.000 Menschen von bewaffneten Gruppen aus dem Gebiet um Tumaco vertrieben worden. Mit 5.600 Hektar an Kokapflanzungen befinden sich hier inzwischen etwa zehn Prozent der verbotenen Drogenanbauflächen Kolumbiens.

Die Region um Tumaco mit ihren knapp 190.000 Bewohnern ist regelmäßig Schauplatz von Konflikten. Erst am vergangenen Wochenende konnte ein 16 Tage anhaltender Stromausfall behoben werden, der durch ein Attentat der Guerillagruppe FARC auf acht Strommasten ausgelöst wurde. 3) Im Zuge der Reparaturarbeiten kamen drei Arbeiter und zwei Indigene der Awá durch von der FARC gelegte Landminen ums Leben. 4) Bereits Mitte des Monats war ein Awá-Junge durch eine Mine getötet worden. 5) Der Bürgermeister ließ verkünden, die Stadt gehe durch den Stromausfall von Verlusten in Höhe von über vier Millionen Dollar aus. 6) Gustavo Giron Higuita, Bischof der Diözese Tumaco, verurteilte die Gewalt aufs Schärfste und wies darauf hin, dass die Auswirkungen des gewaltsamen Konflikts vor allem die Ärmsten der Armen träfen. 7)

Wie am Montag bekannt wurde, haben sich die kolumbianische Regierung unter Präsident Juan Manuel Santos und die FARC zur Aufnahme von Friedensverhandlungen verständigt. 8) Die Gespräche sollen im Oktober in Oslo beginnen und auf Kuba fortgesetzt werden. Bereits Mitte Juni hatte der Senat mit Blick auf etwaige Verhandlungen mit den Guerilleros ein Gesetz mitsamt Verfassungsänderung verabschiedet. Damit wurde die Möglichkeit einer weitreichenden Straffreiheit für die Guerillaangehörigen in Aussicht gestellt. Voraussetzungen sind u.a. die Freilassung aller Geiseln und Kindersoldaten, Waffenniederlegung und Entschädigung der Opfer. FARC-Rebellen, die an Drogengeschäften beteiligt oder schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben, sollen von einer Straffreiheit ausgeschlossen sein. Human Rights Watch hat das Gesetz als getarnte Amnestie kritisiert. 9)

Bis zum Abschluss der Verhandlungen wird die Regierung nach Auskunft von Präsident Santos weiterhin militärisch gegen die FARC vorgehen. Ein unmittelbares Ende der Gewalt in Kolumbien ist somit nicht in Sicht. Die linksgerichtete FARC verfolgt nach Ansicht von Kritikern kaum noch einen politisch motivierten Kampf, sondern agiert in erster Linie in kriminellen Sektoren wie dem Drogenhandel. 10) Drogen und Lösegelder für entführte Personen stellen die Haupteinnahmequelle der FARC dar. Neben der FARC sind auch Sicherheitskräfte, Paramilitärs und der zivile Geheimdienst für etliche Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien verantwortlich. Laut Amnesty International sind Zivilpersonen, vor allem Angehörige indigener Völker, Afro-Kolumbianer, Angehörige von Kleinbauern-Gemeinschaften sowie Menschenrechtsverteidiger, Gemeindesprecher und Gewerkschafter, Hauptleidtragende des bewaffneten Konflikts. 11)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. El Tiempo, Spanisch: „En Tumaco, riesgo de asesinato es 5 veces mayor al promedio nacional“, zuletzt abgerufen am 29.08.2012.
  2. Vgl. Wikipedia-Eintrag: „Bewaffneter Konflikt in Kolumbien“, zuletzt abgerufen am 29.08.2012.
  3. El País.co, Spanisch: „Después de 16 días, se restablece servicio de energía en Tumaco”, zuletzt abgerufen am 29.08.2012.
  4. El Tiempo, Spanisch: „Editorial: Una luz para Tumaco“, zuletzt abgerufen am 29.08.2012.
  5. EarthLink berichtete: „Landmine tötete Awá-Jungen“, zuletzt abgerufen am 29.08.2012.
  6. El Universo, Spanisch: „La ciudad colombiana de Tumaco lleva dos semanas sin luz por sabotajes de las FARC”, zuletzt abgerufen am 29.08.2012.
  7. Blickpunkt Lateinamerika: „Bischof prangert Gewalt im Drogenkrieg an“, Link nicht mehr abrufbar – 29.01.2014.
  8. taz: „Verhandlungen über Konflikt in Kolumbien. Reden mit Rebellen“, zuletzt abgerufen am 29.08.2012.
  9. Human Rights Watch, Englisch: “Colombia: Fix Flaws in Transitional Justice Bill”, zuletzt abgerufen am 29.08.2012
  10. Greenpeace Magazin: „Kolumbiens FARC – Rebellen, Entführer, Drogendealer“, nicht mehr verfügbar
  11. Amnesty International: „Amnesty Report 2012 – Kolumbien“, zuletzt abgerufen am 29.08.2012.

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