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Großbritannien, ein „Vorzeigestück“ für erfolgreiche Drogenpolitik…oder doch nicht?

| Bild: © n.v.

Als die Labour-Partei im Jahre 1997 in Großbritannien an die Macht kam, präsentierte sie mit Stolz ihren 10-Jahres-Plan zur künftigen Drogenstrategie im Vereinigten Königreich. Damit setzte sie sich nicht nur ambitionierte Ziele, sondern verpflichtete sich auch zur regelmäßigen Kontrolle über den Fortschritt der geplanten Maßnahmen. Es ging darum, den Drogenmissbrauch signifikant zu senken, vor allem unter jungen Menschen, und die Folgeschäden von Drogen zu reduzieren, insbesondere Überdosierungen mit Todesfolge und die Verbreitung von HIV durch den gemeinsamen Gebrauch von Spritzbesteck. Straftaten im Zusammenhang mit Drogengebrauch sollten ebenfalls eingedämmt werden.

Gemäß des britischen Innenministeriums seien auch schon beträchtliche Erfolge zu vermerken: Aufgrund der Implementierung diverser Gesundheitsprogramme, inklusive Beratung und der Verteilung sauberer Nadeln, ist die HIV-Rate unter Drogensüchtigen eine der niedrigsten in Europa. Zusätzlich geht die Regierung davon aus, dass durch die eingehende Behandlung von Kriminellen mit Drogenhintergrund bis zu fünf Millionen Straftaten jährlich verhindert werden konnten.

Dennoch bleiben Zweifel am Erfolg der Drogenstrategie der aktuellen Regierungspartei: Laut Experten floriert der Drogenmarkt im eigenen Land so wie nie zuvor. Es sei noch nie so leicht gewesen – inbesondere für junge Leute – an Drogen zu kommen. Die Maßnahmen gegen den Cannabis-Missbrauch sollen sogar einen gegenteiligen Effekt gehabt haben. Jahrzehntelang wurden die Hanf-Produkte in allen Teilen der Welt produziert und nach Europa importiert. Obwohl einige von ihnen eine sehr starke Wirkung hatten, bevorzugten die Briten eine mildere Sorte der Droge. Nun, da die Regierung das Angebot aus anderen Regionen der Welt zunehmend verringert hat, werden die Stoffe nahe an Grobritanniens Grenzen oder sogar auf eigenem Hoheitsgebiet hergestellt. Augrund der harten Konkurrenz auf kleineren Märkten, werden nun Drogen mit stärkerer Wirkung und Suchtpotenzial angefertigt. Obwohl die Zahl der Cannabis-Konsumenten in Großbritannien niedriger geworden ist, leiden diejenigen, die es noch konsumieren, oft unter den weitaus schädlicheren psychischen Folgen der nun härteren Version des Hanf-Krauts.

Die Global Commission on Drugs, eine unabhängige, internationale Kommission für schadensmindernde und evidenzbasierte Drogenpolitik, schlägt vor, die Märkte strikteren Regularien zu unterziehen, um so die Verbreitung von stärkeren Drogen zu verhindern: „Die Vorstellung, dass potentielle Drogenkonsumenten durch harte Strafen vom Gebrauch abgehalten werden, trifft nicht zu, das Gegenteil ist der Fall: Jeglicher Versuch, die Konsumenten zu marginalisieren oder sie zu bestrafen, bringt eigene soziale und gesundheitliche Probleme mit sich.“ Diese Probleme gehen dann zu Lasten der britischen Steuerzahler und helfen den Betroffenen nicht.

Die Strategie der „harten Strafen“ scheint schon lange nicht mehr zeitgemäß zu sein. Das musste sich letztendlich auch Felipe Calderón , ehemaliger mexikanischer Staatschef (2006 – 2012) eingestehen, dessen Drogenkrieg bislang mehr als 26.000 Menschen das Leben gekostet hat. Obwohl die Situation Mexikos nicht mit der Großbritanniens vergleichbar ist, wird die Frage aufgeworfen, ob nicht ein grundlegendes Umdenken bei Drogenbekämpfungsstrategien nötig sein wird, egal ob Konsumenten- oder Herstellerland.

„Tough on Drugs“ mag sich zwar gut anhören, ist aber im Grunde nicht mehr als Populismus, der nur allzu oft an den wahren Problemen vorbeigeht. 1)

 

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. The Independent: Drug Policy isn´t keeping up with the times

Ein Gedanke zu „Großbritannien, ein „Vorzeigestück“ für erfolgreiche Drogenpolitik…oder doch nicht?“

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