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„Regulierte Legalisierung“ – eine Alternative?!

| Bild: © n.v.

2010 haben weltweit 200 Millionen Menschen illegale Drogen konsumiert. Mit rund 500 Milliarden Dollar ist der Markt der Drogenindustrie größer als der für Autos. Die Drogenkartelle bestechen Polizisten, Richter und Politiker oder nehmen Einfluss auf Gesetzgebung und Verfassungsänderungen. Auch Rebellengruppen und andere kriminelle Banden wie die Taliban finanzieren sich womöglich zu einem beträchtlichen Teil aus illegalen Drogen. In Mexiko starben seit 2006 knapp 60.000 Menschen durch den von der Regierung ausgerufenen Drogenkrieg und in den USA sind die Haftanstalten voll mit Marihuanarauchern. Allein 2011 wurden 750.000 Menschen in den USA wegen Vergehen im Zusammenhang mit Marihuana verhaftet. Die Staaten der Welt geben riesige Summen für den Drogenkrieg aus – die USA allein seit 1971 rund 1 Billion Dollar. In vielen lateinamerikanischen Staaten wird ein nicht unerheblicher Teil der Staatseinnahmen für die Drogenbekämpfung ausgegeben.

Allerdings findet seit einiger Zeit vor allem unter den lateinamerikanischen Präsidenten ein Umdenken statt. Selbst der ehemalige kolumbianische Präsident César Gaviria, dessen Regierung sich der Drogenbekämpfung verschrieb, denkt heute über Alternativen nach. Würde es nach dem Drogenexperten Ethan Nadelmann gehen, der unter anderem mehrere lateinamerikanische Präsidenten beraten hat, könnte man bei Marihuana eine “regulierte Legalisierung” anstreben. Dadurch würde eine Höchstabgabemenge sowie eine Altersbeschränkung festgelegt und die Anbieter staatlich kontrolliert werden. So könnte man den Drogenkartellen ihre ungeheuer hohe Gewinnmarge entziehen, die sie verlangen, da der Staat drakonische Strafen auf den Anbau, Weiterverkauf oder Konsum von Marihuana und anderen Drogen verhängt. Da die Drogen von ihrem Anbaugebiet bis in das Konsumentenland mehrere Grenzen passieren, wird die Droge immer teurer je weiter sie sich vom Anbauland entfernt. Dies ist eine Folge der Prohibition, da die jeweiligen Dealer ein hohes Risiko haben, bestraft zu werden.

Im Falle einer “regulierten Legalisierung” würde der Staat mehr Kontrolle über diese Droge bekommen. Des Weiteren würden so wie bei Alkohol und Tabak bei einer “regulierten Legalisierung” von Marihuana große Summen an Steuergeldern anfallen, so dass man dieses Geld wiederum z. B in Suchtprävention oder Aufklärung stecken könnte. Für die Kartelle wäre es wesentlich uninteresanter, weiter mit Marihuana zu handeln, da der Risikoaufschlag nicht mehr existieren würde.

Die UNODC jedoch warnt vor solchen Überlegungen. Ginge es nach ihr, sollte die Prohibition fortgeführt werden. So sterben jährlich 2,3 Millionen Menschen an Alkohol und 5,1 Millionen an Tabak jedoch „nur“ 0,2 Millionen an illegalen Drogen. Ohne das Verbot dieser Drogen, so die UNODC, würden ihnen viel mehr Menschen zum Opfer fallen. So existiere zumindest eine abschreckende Wirkung und sie seien schwerer zu bekommen. Würde die Prohibition wegfallen, befürchtet die UNODC einen Anstieg der Süchtigen. Juri Fedorow, Chef der Uno-Behörde für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, findet es ebenfalls illusorisch, zu glauben, dass durch die Legalisierung die Macht der Kartelle schwinden würde. Er ist der Meinung, dass die Banden sich nicht ausschließlich durch Drogen finanzieren würden, sondern auch durch Waffenhandel oder Prostitution.

So oder so, ein Umdenken ist von Nöten. Die Frage ist doch, ob es menschlich ist, dass in Ländern wie Mexiko Unschuldige sterben müssen, nur weil Junkies in Berlin oder San Francisco nicht auf ihre Droge verzichten können und dubiose Gestalten daran verdienen. Da der Kampf gegen die Kartellen wie im Falle Mexikos endlos erscheint, wäre die Legalisierung eine Alternative um diese zu schwächen. Eine Legalisierung beispielsweise von Marihuana würde den USA jährlich 8,7 Milliarden Dollar einbringen, so der Harvard Wirtschaftsprofessor Jeffrey Miron. Seit dem 6.November 2012 können Bürger in den US-Bundesstaaten Colorado und Washington Marihuana bis zu einer bestimmten Menge legal besitzen und konsumieren. Allein Colorado könnte Experten zufolge 60 Millionen zusätzliche Steuern durch die Legalisierung einnehmen.

Quelle: Gedruckte Ausgabe Der Spiegel (18.2.13) S.48-56 
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