Zum Inhalt springen

Kat – die Teufelskreisdroge im Jemen

| Bild: © n.v.

Ungefähr 70 Prozent der männlichen und 30 Prozent der weiblichen jemenitischen Bevölkerung kauen täglich über mehrere Stunden die Nationaldroge Kat. 1) Damit ruinieren sie nicht nur ihre eigene Gesundheit, sondern auch die Wirtschaft und die Wasserversorgung des Landes. Doch die Droge nährt gleichzeitig auch Bauern, Pflücker und Händler. Es scheint sich um einen Teufelskreis zu handeln.

Seit Jahrzehnten herrscht im Jemen starke Wasserknappheit. Die Bevölkerung muss pro Kopf mit 130 Kubikmetern Wasser pro Jahr auskommen – 500 werden als notwendig erachtet. 2) Nur jeder zweite Jemenit hat Zugang zu sauberem Wasser. Trotz weltweiter Unterstützung für eine effektive und nachhaltige Wasserwirtschaft sinkt der Grundwasserspiegel beständig. Auch Deutschland unterstützt den Jemen seit vielen Jahren finanziell und logistisch. 3)

Ein Hauptgrund für die Wasserknappheit ist der weitflächige Anbau der Pflanze Kat. Diese buschähnliche Pflanze wächst hervorragend in den jemenitischen Bergregionen, benötigt aber auch sehr viel Wasser. Rund 90 Prozent des vorhandenen Wassers fließt in die Landwirtschaft, welche vom Kat-Anbau dominiert wird. Eine Tüte Kat, was in etwa einer Tagesration entspricht, benötigt zu ihrer Herstellung bis zu 500 Liter Wasser. Um die 8 Euro verdient ein Händler mit solch einer Ration. Kat ist der einzige jemenitische Wirtschaftszweig, der einwandfrei funktioniert. Bauern, Pflücker und Händler – sie alle profitieren von dem Geschäft mit der Droge. Herkömmliche Landwirtschaft wird größtenteils nur für den Eigenbedarf betrieben. Billige Importe und die niedrigen Grundnahrungsmittelpreise machen den klassischen Anbau nicht mehr lohnenswert. Hinzu kommt, dass bei einer Kat-Plantage bis zu sechs Ernten jährlich möglich sind. 4)

Das große Wasserbedürfnis der Pflanze führt allerdings dazu, dass der Grundwasserspiegel beständig sinkt. Ganze Dörfer und Städte, wie beispielsweise auch die Hauptstadt Sanaa, sind von der Grundwasserversorgung abgeschnitten und müssen durch Tanklaster, mit Wasser von außerhalb versorgt werden. Für neue Brunnen bohren Maschinen mittlerweile in 400 Metern Tiefe – in Städten kann es bis zu 1000 Metern tief sein. Besitzer von eigenen Brunnen oder wasserreichem Land verkaufen die Ressource teuer, sobald der Eigenbedarf gedeckt ist. Die Wasserknappheit und das Fehlen von sauberem Trinkwasser führen zu wasserbedingten Krankheiten. 4)  Bisher zeigte die Politik kein großes Interesse daran, das Problem nachhaltig zu lösen. Durch die anhaltende politische Krise im Jemen hat sich das Problem noch weiter verschärft. Internationale Hilfsorganisationen agieren mittlerweile nur noch aus dem Ausland und nicht mehr vor Ort. 3)

Kat hat aber nicht nur eine euphorische und belebende Wirkung. Vielmehr führt die Droge auch zu Schlafstörungen, Appetitlosigkeit und Schleimhautentzündung. Im Jemen besteht die weltweit höchste Rate an Mund-, Speiseröhren-, und Zungenkrebs. Verstärkt werden die Krankheiten durch die benutzen Pestizide. 90 Prozent dieser angewendeten Gifte sind international bereits verboten. Zwischen vier und sechs Stunden täglich dauert das Ritual des Kat-Kauens an, bevorzugt am Nachmittag. Diese Zeit geht in Form von Arbeitsstunden verloren. 5) Doch das gesellschaftliche Ansehen des Kat-Kauens und die Einnahmen durch die Kat-Plantagen lassen so schnell auf keine Besserung hoffen. Selbst soziale Projekte, die Bauern beraten, wie sie ihre Getreide- und Kaffeeplantage sparsamer bewässern und Regen nutzen können, beziehen sich nicht auf Kat-Bauern. Dadurch wollen sie dem Vorwurf entgehen, Kat-Bauern zu unterstützen. Allerdings geht dadurch die Hilfe an den wichtigsten Verursachern der Wasserknappheit vorbei. 4)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Süddeutsche Zeitung: Die Teufelskreisdroge – abgerufen 25.09.2013
  2. BMZ: Sauberes Wasser dank Reformprogramm im Jemen – nicht mehr verfügbar
  3. GIZ: Jemen – Institutionelle Entwicklung des Wassersektors – abgerufen 25.09.2013
  4. Süddeutsche Zeitung: Die Teufelskreisdroge – abgerufen 25.09.2013
  5. Tagesspiegel: Jemen, ein Land unter Drogen – abgerufen 25.09.2013
Schlagwörter:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert