Auf diesem Moment hatten die mexikanische Regierung und die Öffentlichkeit seit langem gewartet: Joaquin „El Chapo“ Guzman, Boss des mächtigsten Kartells des Landes, wurde Samstagmorgen um 6.40 Uhr in der Stadt Mazatlàn festgenommen. Zwei Tage nach der Ergreifeung feiert die internationale Presse den Schlag gegen das Sinaloa-Kartell und spricht von einem „wegweisenden Erfolg“.1
Die Festnahme scheint beinahe zu banal für den meistgesuchten Mann der Welt: Guzmans Verfolger zerrten ihn am Wochenende im Bundesstaat Sinaloa, der Heimat des Kartellchefs, aus dem Bett eines schmucklosen Hotels. Nach monatelanger Überwachung von Guzmans Umgebung, seinen Mitarbeitern und Komplizen, wagten die mexikanischen Drogenfahnder mit Unterstützung der US-Anti-Drogen-Behörde (DEA) den Einsatz. Abgehörte Telefonate sowie Überwachungsdrohnen erleichterten den Drogenfahndern die Jagd.2
„Meine Anerkennung für die Sicherheitskräfte des mexikanischen Staates“, schrieb Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto am selben Tag auf Twitter.3
Joaquin „El Chapo“ Guzman galt als Strippenzieher der wohl bedeutendsten Verbrecherorganisation der Welt. Das Sinaloa-Kartell ist für fast die Hälfte des Kokainschmuggels in die USA verantwortlich. Zudem verdient es mit dem Handel von Marihuana, Heroin und Amphetaminen bis nach Asien und Europa mehrere Milliarden Euro. Das Wirtschaftsmagazin Forbes nahm Guzman in die Liste der reichsten Menschen der Welt auf. Auch wenn Guzman äußerst dezent im Hintergrund agierte, schätzt man seinen weltweiten Einfluss höher als den Pablo Escobars. Seit Osama bin Ladens Tod steht der Mexikaner auf der internationalen Fahndungsliste ganz oben, in Chicago gilt er sogar als „öffentlicher Feind Nummer 1“. Die Mexikanische Regierung bot 1,8 und die USA boten 3,8 Millionen Euro für seine Auslieferung.24
Sein Aufstieg zum mächtigsten Drogenboss der Welt ist beinahe filmreif. Im Hinterland von Culiacàn in der Region von Sinaloa wuchs er in der 60er Jahren in einer ärmlichen Bauernfamilie auf. In den 1980er Jahren etablierte er sich als Logistikchef des Sinaloa-Kartells und stieg von da an immer weiter in der Karriereleiter auf. Guzman schaffte es vom Orangenverkäufer bis hin zum erfolgreichen Geschäftsführer.5
1994 gelang es den mexikanischen Behörden schon einmal, „El Chapo“ hinter Gitter zu bringen, doch nicht für sehr lange: 2001, sieben Jahre später, gelang es Guzman in einem Wäschetransporter aus dem Hochsicherheitsgefängnis zu entkommen. Gerüchten zufolge soll ihm die Flucht mithilfe von Regierungsfunktionären gelungen sein. Das machte seinen Fall zum Mythos.6
2006 erklärte der damalige Präsident Felipe Calderón den Drogenkartellen den Krieg, indem er zahlreiche Streitkräfte ins Gefecht schickte. Der Kampf um Routen und Märkte wurde daraufhin zum Gemetzel: Seit 2006 wurden mehr als 70 000 Menschen ermordet, 26 000 Verschleppte werden vermisst.2
Capos jüngste Flucht aus dem Gefängnis bereitet den USA nun Unbehagen. Aufgrund der hohen Korruptionsrate und Guzmans problemlosen Entkommens 2001 stellen amerikanische Behörden einen Auslieferungsantrag an die mexikanische Regierung. Guzmans Haftvollzug könnte in den USA besser sichergestellt werden. Michael McCaul, Vorsitzender des Ausschusses für Heimatschutz im US-Repräsentantenhaus und Unterstützer des Vorhabens, urteilte, dass es „der beste Weg nicht nur für Mexiko, sondern auch für die Vereinigten Staaten [wäre], damit nicht wieder dasselbe passiert wie 2001“.
Das mexikanische Außenministerium wollte den Antrag der USA noch nicht kommentieren. Bliebe Guzman in seiner Heimat, drohe ihm eine langjährige Gefängnisstrafe, aber offenbar kein Mordprozess. Laut Angaben des mexikanischen Justizministeriums müsse Guzman erst einmal seine vorzeitig beendete 20-jährige Haftstrafe absitzen. Darüber hinaus drohen ihm Anklagen wegen Drogenschmuggels, illegaler Finanzgeschäfte, organisiertem Verbrechen und wegen des Besitzes von Militärwaffen.78
- Süddeutsche: USA wollen Drogenboss „El Chapo“ vor Gericht stellen – aufgerufen am 25.02.14 [↩]
- Süddeutsche Print-Ausgabe vom 24. Februar 2014, Seite 7 [↩] [↩] [↩]
- Süddeutsche: El Chapo – das banale Ende einer langen Jagd – aufgerufen am 24.02.14 [↩]
- Süddeutsche: Mexiko jubelt über Festnahme von Drogenboss El Chapo – aufgerufen am 24.02.14 [↩]
- Wikipedia: Joaquín Guzmán – aufgerufen am 24.02.14 [↩]
- Spiegel Online: Mächtiger Drogenboss geschnappt: Das ist Joaquin „El Chapo“ Guzman – aufgerufen am 24.02.14 [↩]
- Spiegel Online: Mexikanischer Drogenboss Guzman: USA wollen El Chapo den Prozess machen – aufgerufen am 24.02.14 [↩]
- Welt: Drogenboss „El Chapo“ entgeht wohl Mordprozess – aufgerufen am 24.02.14 [↩]