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Ägypten: Immer mehr Beduinen auf der Sinai-Halbinsel bauen Schlafmohn an

| Bild: © n.v.

Seit der Revolution in Ägypten wählen nur noch wenige Touristen das Land als ihr Urlaubsziel aus. Das wirkt sich vor allem auf die Beduinen der Sinaihalbinsel aus, für die die Urlauber eine wichtige Einnahmequelle darstellen. Aufgrund dessen steigen immer mehr von ihnen auf den Anbau von Schlafmohn um, der für die Produktion von Opium und Heroin benötigt wird.

Noch vor einigen Jahren waren viele der Beduinen im Tourismusgeschäft tätig. Sie arbeiteten als Köche oder Musiker in den Hotelanlagen oder führten die Feriengäste als Tourguides durch die Wüste. Doch mit dem Sturz des Mubarakregimes im Jahr 2011 verschlechterte sich die Sicherheitslage im Land, wodurch immer weniger Touristen kamen. Das Auswärtige Amt hat erst vor wenigen Wochen seine Reisewarnungen für den Sinai verschärft. Immer wieder kommt es dort zu Anschlägen radikaler Islamisten, welche sich nun auch verstärkt westliche Urlauber als Ziele aussuchen.

Die Folgen des Einbruchs im Tourismus spürt man im ganzen Land. Während im Jahr 2010 noch 14,7 Millionen Menschen das Land besucht hatten, waren es im vergangenen Jahr nur noch 9,7 Millionen. Der Sinai ist davon am stärksten betroffen. 1)

Die Beduinen, die traditionell in einfachen Verhältnissen leben, trifft die Entwicklung hart. Laut einer Studie der amerikanischen Universität in Kairo, muss die Hälfte von ihnen mit weniger als einem Dollar am Tag auskommen. Mangel an Nahrungsmitteln und Unterernährung sind die Folge. 2)

Deshalb setzen inzwischen mehr und mehr Beduinen auf den illegalen Anbau von Schlafmohn. Dies bringt ihnen zwar ein höheres Einkommen als der Anbau von Gemüse, allerdings verdienen die meisten Betroffenen weniger als sie zuvor mit dem Tourismus erwirtschaften konnten. Konsumiert wird das aus dem Schlafmohn produzierte Opium in Ägypten schon seit dem Altertum, der eigene Anbau ist allerdings neu. 3)

Etwas dagegen zu unternehmen scheint niemand wirklich zu wollen. Zwar lässt sich das Militär hin und wieder in den Anbaugebieten blicken, die Felder zerstören sie jedoch nicht. Für dessen Zurückhaltung gibt es zwei Hauptgründe: Zum einen ist das Militär aufgrund der unsicheren Sicherheitslage infolge der Revolution im ganzen Land ausgelastet, wodurch die Kapazitäten für eine effektive Bekämpfung des Drogenanbaues fehlen. Zum anderen stellen die Terroristen im Sinai schon eine große Belastung dar, weswegen man sich mit den verzweifelten Beduinen nicht noch einen neuen Feind schaffen will. 4)

Den Beduinen ist das Geschäft mit den Drogen eigentlich auch aufgrund ihrer Religion verboten, doch ihnen bleibt kaum etwas anderes übrig. „Wenn wir könnten, würden wir den Drogenanbau hinter uns lassen, da Drogen für uns verboten sind. Allerdings ist es genauso verboten, seine Kinder verhungern zu lassen.“, wird ein Beduine zitiert. 2)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Stern: Die Opium-Bauern vom Sinai – 20.10.2014 nicht verfügbar 1.7.15
  2. Vice: Growing Opium Is All the Sinai Bedouins Have Left – 20.10.2014
  3. The Christian Science Monitor: Poppies replace tourists in Egypt’s Sinai desert – 20.10.2014
  4. Stern: Die Opium-Bauern vom Sinai – 20.10.2014

2 Gedanken zu „Ägypten: Immer mehr Beduinen auf der Sinai-Halbinsel bauen Schlafmohn an“

  1. Der Artikel hatte seine Gültigkeit bis Anfang 2014, als tatsächlich Mohn zur Drogenherstellung angebaut wurde.
    Doch im Laufe dieses Jahres hat sich die Situation grundlegend geändert.
    Im Gebiete der Muzeina-Beduinen zwischen Nuwaiba und der Südspitze der Halbinsel wird kein Mohn mehr angebaut.
    Die alte Saat wurde auf Drängen führender Beduinenvertreter entweder vernichtet oder nicht mehr abgeerntet und neue Kulturen nicht mehr angelegt, damit für Touristen geführte Ausflüge in Jeeps oder auf Kamelen ungefährdet angeboten werden können.
    Oft waren Anbaugebiete und toruristisch interessante Wüstenbereiche (Barqa, Bir Safra, Wadi Jna, Bir Ogda) idenstisch.
    Während meiner Tour in diesem Monat (November 2014) durch diese Bereiche konnte ich mich selbst davon überzeugen.
    Mehrfach wurde mir vor Ort in Gesprächen bestätigt, dass diese Entscheidung, sich gegen den Drogenanbau auszusprechen, ein wichtiges Anliegen der Beduinen sei.
    Wie sich die Lage außerhalb des Muzeina-Einflussbereiches darstellt, vermag ich nicht zu beurteilen.
    Wie dies zu verstehen, zu deuten, zu bewerten, zu interpretieren und politisch hochzurechnen ist, wird die Zukunft erweisen.
    Ich möchte nur kurz und bündig die derzeitigen Fakten benennen.
    Fotos von im Frühjahr nicht abgernteten und vertrockneten Mohnfeldern und nicht mehr wieder genutzen Anbauflächen aus Wadi Jna kann ich gerne zur Verfügung stellen.

    1. Hallo Nick,
      vielen Dank für Deine aktuellen Informationen.
      Über Fotos würden wir uns sehr freuen, gerne auch über einen persönlichen Bericht.
      Bitte kontaktiere uns für nähere Einzelheiten auf info@earthlink.de
      Dein earthlink-Team

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