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Afghanistan: Alleingelassen mit Drogen und Taliban?

| Bild: © Venelinpetkov - dreamstime.com

In zwei Monaten endet die ISAF-Mission der NATO in Afghanistan, jedoch: Auf die Schulter klopfen kann sich die NATO beim besten Willen nicht. Zwar zählte die Drogenbekämpfung nicht zur offiziellen Aufgabe der ISAF-Truppen, doch von ihr hängt die staatliche Stabilität Afghanistans ab. Trotz internationaler Bemühungen den Schlafmohnanbau einzudämmen, stieg die Ernte im letzten Jahr um 9 Prozent (von 26,3 Kilo pro Hektar 2013 auf 28,7 Kilo pro Hektar 2014). 1) „Wir sind bei der Drogenbekämpfung gescheitert“, urteilte Jean-Luc Lemahieu, Leiter der Analyse- und Politikabteilung des UNODC (UN-Büros für Drogen und Kriminalität). 2) Wie ist das möglich?

Der Südwesten Afghanistans steht zum Großteil unter der Kontrolle der Taliban. Diese finanzieren sich aus Einnahmen des Drogenhandels und machen eine Bekämpfung des Schlafmohnanbaus in diesen Gebieten praktisch unmöglich. Konkret besteuert die Taliban in ihrem Hoheitsgebiet Kleinbauern, die Schlafmohn anbauen. Und davon gibt es genug. Circa eine halbe Million Afghanen bauen die Pflanze, aus der Opium und Heroin gewonnen wird, illegal an. 3) Mittlerweile hat sich Schlafmohn zu einer der wichtigsten Einnahmequellen des Landes entwickelt. Abgesehen von einer Stärkung der Taliban birgt dieser Zustand weitere Probleme: Ein Ausstieg aus der Drogenwirtschaft ist für Kleinbauern schier unmöglich. Sie sind Teil einer Schattenwirtschaft, die zudem keine legalen Steuereinnahmen abwirft und somit die inländische Wirtschaft schwächt. War Afghanistan bisher als Produzent von Opium bekannt, steigt nun der Konsum im eigenen Land: Folgt man Schätzungen der UN, sind mittlerweile eine Million Afghanen heroinabhängig; 2001 war diese Zahl noch verschwindend gering. 4) Neben Wirtschaft und staatlicher Stabilität greift das Drogengeschäft nun auch die afghanische Bevölkerung an. Wie findet man einen Ausweg aus diesem Teufelskreis?

Kleinbauern, Taliban, internationale Drogenhändler – sie alle profitieren vom Drogengeschäft in Afghanistan. 5) Lemahieu hofft auf die neue Regierung unter Ashraf Ghani. Der afghanische Präsident möchte Anreize für den Ausstieg und alternative Einkommensquellen schaffen. Eine Möglichkeit sieht Ghani in der Textilindustrie: Würde der Westen die Zölle für afghanische Kleidung senken, könnte der Anbau von Baumwolle für die Kleinbauern lukrativer werden. 6)

Ende 2014 ist die ISAF-Mission der NATO zu Ende. Dann wird die afghanische Regierung allein eine Strategie finden müssen – gegen die Taliban und gegen die Drogen.

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. UNODC: Afghanistan Opium Survey 2014 – 17.11.14
  2. Süddeutsche Zeitung: Bauern pflanzen so viel Opium an wie noch nie – 18.11.14 – Link nicht mehr abrufbar: 19.12.14
  3. Sächsische Zeitung: Afghanistans hoffnungsloser Kampf – 17.11.14
  4. Al Jazeera: Afghanistan sees rise in poppy cultivation – 17.11.14
  5. Deutschlandfunk: Erfolgloser Kampf gegen Opiumproduktion – 17.11.14
  6. Reuters: Afghan opium crop at fresh high as foreign troops withdraw – 18.11.14

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