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Crystal Meth trotz Todesstrafe – Irans Drogenkonsumenten wandeln auf schmalem Grat

| Bild: © n.v.

Während der Iran seit Jahren mit dem Atomstreit, einer fundamentalen Auslegung des Islams und einem immerwährenden Konflikt mit Israel in Verbindung gebracht wird, vollzieht sich in der Islamischen Republik eine weitere besorgniserregende Entwicklung.

Der Iran gilt nicht nur als wichtiges Transitland von Opiaten aus Afghanistan in Richtung Europa. Auch die Anzahl der Drogenkonsumenten steigt immer weiter. Von 80 Millionen Iranern gelten inzwischen schon 2,2 Millionen als drogenabhängig. Dies erscheint vor dem Hintergrund der drakonischen Strafen bei Drogendelikten geradezu bizarr. Geld-, Prügel- und gar die Todesstrafe sind an der Tagesordnung. Das Auswärtige Amt warnt dazu ebenfalls: „Rauschgiftdelikte werden streng – in den meisten Fällen mit der Todesstrafe – bestraft.“ Allerdings werden seit 2010 nicht mehr Drogensüchtige bestraft, sondern nur Personen, die nicht abhängig sind und die Drogen gewissermaßen freiwillig konsumieren sowie Drogenschmuggler und -händler. Der Übergang erscheint fließend.

Neben dem Handel und Konsum mit Opiaten, vorzugsweise aus dem Nachbarland Afghanistan, sieht sich der Iran mit einer rasant steigenden Crystal Meth Produktion konfrontiert. Die Anzahl der Konsumenten steigt auch im Bereich der synthetischen Drogen, zu denen Crystal Meth zählt.

Warum steigt der Drogenkonsum trotz harter Strafen dennoch immer weiter an?

Ghazal Tolouian, ein iranischer Psychologe, der Crystal Meth-Abhängige in einer Klinik nordöstlich von Teheran betreut, weiß: „Die meisten meiner Klienten fallen in zwei Kategorien. Entweder Studenten, die aufgrund des hohen Leistungsdrucks Aufnahmeprüfungen verschiedener Universitäten erfolgreich bestehen wollen oder Personen, die aufgrund der wirtschaftlichen Lage gezwungen sind mehreren Jobs nachzugehen“. Daraus liest sich die schwierige wirtschaftliche Lage des Irans. Rund zwei Drittel der iranischen Bevölkerung sind jünger als 30 und in vielen Fällen gut ausgebildet. Einen standesgemäßen Job finden die jungen Iraner trotzdem häufig nicht. Zu schlecht entwickelte sich die wirtschaftliche Lage in den letzten Jahren. Sanktionen im Zuge des iranischen Atomprogramms setzen der Wirtschaft und der jungen Bevölkerung schwer zu. Viele greifen nun zu der gefährlichen Designerdroge, um ihren Alltag und dem wachsenden Leistungsdruck gerecht zu werden. Auch harte Strafen verhindern dies nicht.

Auch der iranischen Polizei entgeht diese dramatische Entwicklung nicht. Im ganzen letzten Jahre entdeckte die Polizei über 416 Crystal Meth Labors, im Jahr davor schon über 350. Das Iranische Gesundheitsministerium scheint mit dieser Entwicklung überfordert zu sein oder die dramatische Entwicklung nicht Ernst zu nehmen. Dies lasse sich an der unzureichenden Finanzierung öffentlicher Entzugskliniken erkennen, bemerkt Majid Mirzaei, Leiter einer privaten Einrichtung für Drogenabhängige und Suchtkranke in Irans Hauptstadt.

Viele Crystal Meth Abhängige offenbaren in persönlichen Gesprächen eine große Unwissenheit über die gefährliche, schnell abhängig machende Designerdroge. Viele Erstkonsumenten nutzen Meth als Aufputschdroge, um eine längere Zeit wach zu bleiben. Eine sukzessive Abhängigkeit vermuten dabei die Wenigsten. Staatliche Aufklärungskampagnen über die Gefahren synthetischer Drogen könnten in vielen Fällen helfen, die Anzahl an Neukonsumenten drastisch zu reduzieren. Laut Iranischem Gesundheitsministerium sollen Aufklärungskampagnen weiter aufgestockt werden, um dem gefährlichen Trend entgegen zu wirken.

Ein beispielhafter Fall über die Gründe und Unwissenheit, weshalb Menschen zu Crystal Meth greifen, erzählt die Geschichte des jungen Iraners Javad. Dieser arbeitete jahrelang als Zugbegleiter. Mehr Arbeitsstunden bedeuteten mehr Geld. Dies brauchte Javad dringend. Um lange Nachtschichten in den Zügen zu überstehen, griff Javad eines Tages zu Crystal Meth. Dies ging über mehrere Jahre gut, bis er eines Tages bei einer Nachtfahrt kollabierte. Daraufhin wurde er prompt von seinem Arbeitgeber gefeuert. „Ich hatte ja keine Ahnung, wie die Droge mein Leben verändern würde. Zu Beginn war es einfach nur ein großer Spaß“, gesteht Javad. Inzwischen befindet sich der junge Iraner in einer Entzugsklinik in Teheran.

Die Liste der iranischen Probleme ist bekanntlich lang. Atomstreit, internationale Sanktionen, Isolation und der Schattenkrieg mit Israel sind bekannt. Der synthetische Drogenkonsum ist es nicht. Ein Problem für Javad und die über zwei Millionen Suchtkranken in Persien.

ctvnews.ca: Methamphetamine abuse a rising public health threat in Iran – Stand 12.3.2015

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