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| Bild: © n.v.

Wie kann Deutschland Waffenexporte in Krisengebiete billigen?

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In der Nacht vom 26.September 2014 verschwanden im mexikanischen Bundesstaat Guerrero 43 Studenten auf dem Weg zu einer Protestveranstaltung – sie wurden von Polizisten unter Waffengewalt entführt und mutmaßlich umgebracht. Unter anderem wurden die unbewaffneten Studenten mit dem Sturmgewehr G-36 des Waffenherstellers Heckler& Koch bedroht. In den Bundesstaat Guerrero dürfen aus Deutschland offiziell keine Waffen geliefert werden, da es dort unter anderem wiederholt zu Menschenrechtsverletzungen durch Polizisten kam. Wie kommen die deutschen Waffen also in die Hände der Polizisten?1

Offiziell erklärt die Bundesregierung, dass keine Waffenexporte in Kriegs- und Krisengebiete erlaubt sind. Die Waffe G-36 ist ein hochmodernes Schnellfeuergewehr – für den Einsatz im Krieg. Deshalb darf sie nur mit Genehmigung der Regierung exportiert werden.
Dem Waffenhersteller Heckler& Koch genehmigte die Bundesregierung den Export von Waffen nach Mexiko. Die Sicherheits- und Menschenrechtslage in Mexiko ist in vielen Regionen fatal, Korruption und Gewalt sind auch von Seiten der Polizei bekannt2 – bei Waffenlieferungen ist also damit zu rechnen, dass diese in die Hände Krimineller gelangen können.

Für die Erlaubnis von Waffenexporten muss das Unternehmen genau dokumentieren, an wen die Waffen geliefert werden. Die oberste Genehmigungsbehörde für Rüstungsexporte ist das Bundeswirtschaftsministerium, bei dem geplante Waffenexporte anzumelden sind. Unregelmäßigkeiten beim Export des G-36 Gewehres meldete das Bundesausfuhramt (BAFA) schon 2008 dem Wirtschaftsministerium, dieses bewilligte aber die Exporte weiter. So gibt es von den mexikanischen Polizeieinheiten, an die Heckler&Koch laut ihrer „Endverbleibungserklärung“ liefern wollte, keine Empfangsbestätigung. Dadurch blieb unklar, wo die Waffen schließlich landeten.

Daraufhin machte das Bundesausfuhramt eine formelle Meldung über die lückenhafte Dokumentation zum Verbleib der Waffen an das Bundeswirtschaftsministerium. Der Export in mehrere mexikanische Bundesstaaten, darunter Guerrero, war ausdrücklich verboten. Bei der Unklarheit über die Empfänger kann man aber darauf schließen, dass die Waffen auch dorthin gelangen.

Allerdings erteilte das Bundeswirtschaftsministerium bis zum April 2010 weiter Genehmigungen. Wohin die Kriegswaffen geliefert werden, wurde laut des für die G-36-Ausfuhr zuständigen Ministerialrats nicht durch die Bundesregierung kontrolliert. Auch das Unternehmen Heckler& Koch antwortete auf Nachfrage der ARD, dass es keinen Einfluss darauf habe, wohin die Waffen letztendlich geliefert würden.3

Das Sturmgewehr G-36 von Heckler& Koch wurde sowohl bei den Polizisten entdeckt, die im September 2014 die 43 Studenten verschwinden ließen, als auch bei Bürgerwehren und Kartellmitgliedern.4

Dieses Vorgehen zeugt entweder von einer naiven Fahrlässigkeit durch das Bundeswirtschaftsministerium oder von einer enormen Verantwortungslosigkeit. Es wirkt, als würden die Interessen eines deutschen Unternehmens über der Frage, was deutsche Gewehre im Ausland bewirken, stehen.5

Wie viele von den über 11.000 G-36 Gewehren, die an die mexikanische Polizei geliefert werden sollten, bei der Drogenmafia gelandet sind, bleibt der Spekulation überlassen. Gegen Heckler&Koch laufen seit 2010 Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Ob Anklage erhoben wird, ist noch unklar.4 5

  1. Bayerischer Rundfunk: Waffen für Mexiko – zuletzt aufgerufen am 08.10.2015 []
  2. Auswärtiges Amt: Mexiko- Innenpolitik – zuletzt aufgerufen am 08.10.2015 []
  3. tagesschau.de: G36-Export trotz Alarm durch Behörde – Artikel nicht verfügbar []
  4. Blog BR: Blutiges Geschäft; Das deutsche Gewehr G36 im Drogenkrieg in Mexiko – nicht mehr verfügbar [] []
  5. Zeit Online: Man schießt deutsch – zuletzt aufgerufen am 08.10.2015 [] []

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