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Bolivien: „Ja!“ zu Koka, „Nein!“ zu Kokain

Während die USA das Kokablatt an sich kriminalisieren, setzt sich der bolivianische Präsident für eine Unterscheidung des Kokablattes von dessen Missbrauch als Kokain ein. Das heilige Kokablatt ist Medizin, gesundes Lebensmittel und pflegt den Geist. Doch nun wird es mit dem Tod verbunden: „Das heilige Kokablatt ist dem Drogenhandel und kapitalistischen Interessen zum Opfer gefallen." | Bild: © n.v.

Evo Morales, der Präsident von Bolivien, kritisiert die Doppelmoral der amerikanischen Drogenpolitik. US-Politiker würden andere Staaten nach ihren Erfolgen im Kampf gegen die Drogen bewerten, selbst aber innenpolitisch das Drogenproblem nicht in den Griff bekommen. Laut UN-Statistiken ist der Drogenkonsum in den letzen 10 Jahren um 40 Prozent gestiegen. In den USA konsumieren 1,6 Prozent der Bevölkerung Kokain, das ist viermal so viel wie der globale Durchschnitt. Morales plädiert dafür, die amerikanische Drogenbehörde DEA aufzulösen und amerikanische Militärbasen zu schließen. Seinen Beobachtungen zufolge sind Kriminalität, Drogenhandel und Korruption mit der Einmischung der USA gestiegen. Laut seiner Analyse verfolgen die USA unter dem Decknamen des „War on Drugs“ geostrategische Interessen. Die ressourcenreiche Region werde dadurch kontrolliert und ausgebeutet.

Aufgrund dessen sieht Morales den individuellen Weg Boliviens in der Drogenpolitik als gerechtfertigt und verbucht damit auch große Erfolge. In den Jahren von 2011 bis 2014 ist die Anbaufläche von Kokapflanzen um ganze 34 Prozent gesunken. Während die USA das Kokablatt an sich kriminalisieren, setzt sich der bolivianische Präsident für eine Unterscheidung des Kokablattes von dessen Missbrauch als Kokain ein. Das heilige Kokablatt ist Medizin, gesundes Lebensmittel und pflegt den Geist. Doch nun wird es mit dem Tod verbunden: „Das heilige Kokablatt ist dem Drogenhandel und kapitalistischen Interessen zum Opfer gefallen.“1

Koka stillt den Hunger und spendet Kraft bei der Arbeit“, berichtet Tarquino, ein Koka-Bauer in Bolivien. Außerdem mildert es die Höhenkrankheit, die Besucher in den Anden zu fürchten haben. Zu den Zeiten der Inkas wurde die Kokapflanze als heiliges Gut verehrt.2
Vitamine, Kalzium, Proteine und Eisen gehören zu den Bestandteilen. Kokapflanzen blühen drei bis viermal im Jahr und machen somit den Großteil der landwirtschaftlichen Produktion aus. Die Auswirkungen eines Kokaverbots hätten demnach den Existenzverlust vieler Bauern zufolge. Umgerechnet 2.500 Euro im Jahr verdienen Cocaleros mit einer Anbaufläche von 3.000 qm².3

Doch aufgrund des wertvollen Alkaloids, das unter anderem auch berauschend wirkt, wird aus Koka Kokain hergestellt. Wegen des großen Risikos, in die Abhängigkeit zu verfallen und gesundheitliche und psychische Schäden davonzutragen, verursacht die Produktion der Droge eine große Herausforderung für den drittstärksten Koka-Anbauer. Immer noch umgehen große Mengen an Koka den legalen Markt und werden vermutlich zur Kokainherstellung genutzt. Man verdient mit Kokain um einiges mehr, als mit der natürlichen Pflanze. Außerdem ist der Osten des Landes eine Transitzone für den Drogenhandel. Peru transportiert Kokain an den großen Abnehmer Brasilien.4

Die UNO hatte den überlieferten Brauch des „Koka-Kauens“ 2013 für das noch stark indianisch-geprägte Bolivien legalisiert. Das UNODC überwacht seitdem die Zerstörung illegaler Substanzen im Land, die in großen Schritten vorangeht. Auch die EU und Dänemark unterstützen den „Aktionsplan zur Drogenbekämpfung und der Reduzierung überschüssiger Kokaanbauflächen“ finanziell, der seit dem Jahr 2015 ebenso von der UNODC unterstützt wird.5

Auch wenn das Land aufgrund seiner Lage voraussichtlich weiterhin als Transitland für den Drogenhandel genutzt wird, hat es doch einige Erfolge zu verbuchen. Aufgrund der indianischen Kultur neigt auch die Politik zu friedlicher Kommunikation an Stelle der militärischen Bekämpfung von Drogenschmugglern. Im Dialog mit Koka-Produzenten bleiben auch die Menschenrechte gewahrt. Davon können sich andere lateinamerikanische Staaten sowie auch die USA eine Scheibe abschneiden. Während diese mit Gewalt vorgehen, bewahren die Bolivianer ihre Kultur – und damit ein neues Motto: „Iss Koka. Jedes verspeiste Blatt ist eines weniger für den Drogenhandel.“

  1. amerika21.de: Präsident von Bolivien: US-Krieg gegen die Drogen ist gescheitert – Stand 23.04.2016 []
  2. theguardian.com: Bolivia resists global pressure to do away with coca crop – Stand 24.04.2015 []
  3. sueddeutsche.de: Kraut der Götter, Gift der Gringos – Stand 20.08.2012 []
  4. theguardian.com: Bolivia resists global pressure to do away with coca crop – Stand 24.04.2015 []
  5. amerika21.de: Präsident von Bolivien: US-Krieg gegen die Drogen ist gescheitert – Stand 23.04.2016 []

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