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Perus meistgesuchter Drogenboss gefasst – doch die Drogenkriminalität hält an

Er ist gefasst: Vergangenen Samstag wurde einer der meistgesuchten Drogenbosse Perus in der kolumbianischen Stadt Medellín festgenommen. Es handelt sich um Gerson Aldair Gálvez Calle, auch genannt „Caracol" („die Schnecke“), welcher der Kopf der Kriminellen-Organisation „Barrio King“ sein soll. Diese hat ihren Sitz in Callao – dort liegt Perus wichtigster Seehafen. | Bild: © n.v.

Er ist gefasst: Vergangenen Samstag wurde einer der meistgesuchten Drogenbosse Perus in der kolumbianischen Stadt Medellín festgenommen. Es handelt sich um Gerson Aldair Gálvez Calle, auch genannt „Caracol“ („die Schnecke“), welcher der Kopf der Kriminellen-Organisation „Barrio King“ sein soll. Diese hat ihren Sitz in Callao – dort liegt Perus wichtigster Seehafen. Von dort aus soll Kokain im Wert von mehreren hundert Millionen US-Dollar nach Mexiko und Europa verschifft worden sein.

Am Tag nach seiner Festnahme wurde Caracol nach Peru ausgeliefert. Dort wurde er inhaftiert und unter Sicherungsverwahrung gestellt.

Manche Medien hatten Caracol schon als neuen „El Chapo“ bezeichnet, Bezug nehmend auf Joaquín Guzmán Loera, der an der Spitze des mexikanischen Drogenkartells Sinaloa stand und im Januar wieder gefasst wurde, nachdem er im Juli 2015 aus dem Gefängnis ausgebrochen war. Nicht alle Experten stimmen dieser Einschätzung zu. Unbestritten ist jedoch, dass Caracol eine wichtige Position innerhalb der peruanischen Kriminellenszene zukommt. 1)

Er floh wohl aus Peru im Oktober 2014, nachdem er unter undurchsichtigen Umständen aus dem Gefängnis entlassen wurde. Er war zu einer 15-jährigen Haftstrafe wegen versuchten Mordes, Raubüberfällen und Drogenschmuggel verurteilt worden. Zum Zeitpunkt seiner Freilassung hatte er zwölf Jahre abgesessen. 2)  Verschiedene Presseberichte legen die Vermutung nahe, dass er die Behörden entweder bedrohte oder bestach, um früher entlassen zu werden.

Mit seiner erneuten Festnahme könnte die Organisation „Barrio King“ empfindlich geschwächt werden. Doch die kriminelle Energie in der Region Callao, die sich nicht weit entfernt von Perus Hauptstadt Lima befindet, ist hoch: Der Seehafen ist ein Drehkreuz für den Drogenschmuggel. Andere kriminelle Netzwerke könnten und werden Profit aus der Schwäche von „Barrio King“ schlagen und die Geschäfte übernehmen. Die Behörden befürchten, dass dies ein blutiger Prozess wird: Ende vergangenen Jahres rief der peruanische Präsident Ollanta Humala den Notstand in Callao aus angesichts gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen kriminellen Gruppen. 1)

Experten befürchten, dass sich Peru langsam aber sicher zu einem „Narco-State“ entwickelt. Den Vereinten Nationen zufolge ist das Land nach Kolumbien der größte Kokain-Produzent der Welt. In Peru wird doppelt so viel Koka angebaut wie in Bolivien. Nationale Eliten sind in den Drogenhandel verstrickt. Doch das Thema wird in der Öffentlichkeit nicht diskutiert, weil zu viele Menschen davon profitieren. Auch die Präsidentschaftswahlen im Juni werden daran wohl kaum etwas ändern: In den Umfragen liegt Keiko Fujimori, die Tochter des ehemaligen Präsidenten, weit vorne. Die konservativePolitikerin äußert sich der Presse gegenüber kaum zum Thema Drogenhandel. 3)  Die Hoffnung auf Wandel schwindet zusehends.

Dabei hat der Handel mit Kokain massive negative Auswirkungen auf die Bevölkerung: Beispielsweise dient er als Haupteinnahmequelle der maoistischen Guerrilla-Organisation Leuchtender Pfad (Sendero Luminoso). Diese galt eigentlich als besiegt, sie verfügt nur noch über sehr wenige Kämpfer. Doch die Peruaner leiden weiter unter ihr: Erst im August vergangenen Jahres konnten 54 Geiseln aus der Gewalt der Rebellen befreit werden. Unter ihnen waren 34 Kinder, die in Gefangenschaft geboren wurden. Womöglich werden noch 80 weitere Kinder in entlegenen Bergregionen Perus gefangen gehalten. 4)

Darüber hinaus zerstört die Drogenmafia den peruanischen Regenwald in großem Umfang: Pro Gramm Kokain werden vier Quadratmeter Wald vernichtet, denn der Bedarf nach Anbauflächen für Koka-Pflanzen ist ungebrochen. Nur ein kleiner Teil davon dient der traditionellen Verwendung von Koka durch indigene Völker. Der große Rest wird zu Kokain verarbeitet. Zudem vergiften die Rückstände der Chemikalien, die für die Kokainherstellung notwendig sind, die Umwelt. Und auch der Anti-Drogen-Kampf trägt seinen Teil zur Umweltzerstörung bei: Die Herbizide zur Vernichtung von Koka töten alle Pflanzen im Umkreis der Besprühung ab. Auch die lokale Bevölkerung leidet sehr unter den chemischen Rückständen, denn diese verursachen Krankheiten und sogar Schäden im Erbgut. 5)

Der Preis, den die Peruaner für den grassierenden Drogenhandel zahlen müssen, ist sehr hoch.

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. insightcrime.org: Top Peru Crime Boss Captured in Colombia – Artikel vom 02.05.2016
  2. news.vice.com: Colombian Police Have Tracked Down `the Snail`, Peru´s Most-Wanted Drug Trafficker – Artikel vom 02.05.2016
  3. news.vice.org: Peru´s Booming Cocaine Business Is Turning It Into Latin America´s Newest Narco State – Artikel vom 09.02.2016
  4. zeit.de: 54 Geiseln einer Guerrillagruppe nach Jahrzehnten befreit – Artikel vom 02.08.2015
  5. sueddeutsche.de: Kokain-Produktion zerstört den Regenwald – Artikel vom 17.05.2010

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