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Nicaragua: Wiederwahl von Präsident Ortega stärkt Rolle als Drogentransitland

Nicaragua hat zum vierten Mal Daniel Ortega als Präsidenten gewählt. Der Sieg wird von Kritikern als vorprogrammiert bezeichnet, da seine Partei zuvor alle Konkurrenten geschwächt hatte. Ortegas zunehmende Kontrolle lähmt staatliche Institutionen und droht, die Korruption und den Drogenhandel zu stärken. | Bild: © n.v.

Nicaragua hat gewählt. Zum vierten Mal tritt Daniel Ortega das Amt des Präsidenten an – mit einer 72 prozentigen Mehrheit. Ortega ist der Kopf der FSLN (Sandinista National Liberation Front), kurz die „Sandinistas“. Die Partei ist eine linksorientierte Rebellenbewegung, die 1979 den damaligen Diktator Anastasio Somoza stürzte, woraufhin Ortega 1985 zum nicaraguanischen Präsident wurde. 1)

Wirklich überrascht war niemand von Ortegas Sieg. Die „Sandinistas“ hatten zuvor ihre Kontrolle über die staatlichen Institutionen für die Schwächung politischer Gegner genutzt. So wurde beispielsweise Ortegas Konkurrent Eduado Montealgre aus der Nationalversammlung geworfen und zu seinem Rücktritt aus der Politik überredet. Somit hatte Ortega keinen ernsthaften Gegner. Kritiker gingen soweit, die Wahl eine reine „Farce“ zu nennen. 1) Das Oppositionsbündnis FAD kündigte an, das Wahlergebnis nicht anzuerkennen. 2) Ortega war bereits 1985, 2006 und 2011 zum nicaraguanischen Präsidenten gewählt worden. Seine dritte Wahl war nur durch eine vorherige Verfassungsänderung möglich. 3)

Die politische Situation in Nicaragua ist momentan höchst umstritten – genauso wie der nun wiedergewählte Staatsführer. Unter Ortegas früheren Präsidentschaften wuchs die nicaraguanische Wirtschaft jährlich um etwa 4,5 Prozent und somit mehr als in jedem anderen lateinamerikanischen Land. 3) Soziale Programme wurden gefördert und die Armen der Bevölkerung unterstützt. Zudem sanken die Gewaltraten deutlich. Dadurch machte sich Ortega nicht nur in der Wirtschaft und in Investmentsektoren, sondern auch bei vielen Bürgern beliebt. 1)

Nichtsdestotrotz ist die momentane Entwicklung in Nicaragua beunruhigend. Ortegas Politik der totalen Kontrolle schwächt die Unabhängigkeit von staatlichen Institutionen. Ortega weitet sein Regime über den Kongress, die Polizei, das Militär und die Gerichte aus. So wurde beispielsweise 2014 eine Polizeireform verabschiedet, die den Präsidenten zum Oberbefehlshaber der Streitmacht festlegte. Inzwischen liegt die Macht in Nicaragua fast ausschließlich bei der Präsidentschaftsfamilie und deren Verbündeten. Sie kontrollieren Benzinunternehmen, Fernsehsender und öffentliche Bauarbeiten. Ortegas Frau Rosario Murillo hat schon seit Jahren inoffiziell das Amt der Vizepräsidentin inne. 1) Zudem übte Ortega in Anbetracht der Wahl einen großen Druck auf die Bevölkerung aus. Staatsangestellte müssten bei Wahlverweigerung um ihren Job fürchten. Wer Ortegas Parteiarbeit infrage stellt, wird durch Rufmord fertig gemacht. Somit müssen Minister, Bürgermeister und Abgeordnete blind die Befehle von oben ausführen. 4)

Unabhängige Überwachungen werden in Nicaragua immer schwieriger. Das stärkt korrupte „Einzelgeschäfte“. Es wird eine Ausbreitung von organisierter Kriminalität in staatlichen Institutionen vermutet. Die nicaraguanischen Polizisten arbeiten bereits zunehmend mit Drogenkartellen zusammen. Ebenso soll Ortegas Partei, die FSLN, in der Vergangenheit in Rauschgiftgeschäfte verwickelt gewesen sein. 1) Das Forschungsinstitut Washington Office on Latin America befürchtet eine Erosion der demokratischen Institutionen. 2)

Korruption und Drogenhandel gehen häufig Hand in Hand. Durch die mangelnden unabhängigen Kontrollen bieten sich illegale Machenschaften an. Drogenschmuggel ist im Transitland Nicaragua lukrativ. Es ist zu befürchten, dass die sich gerade stabilisierende Wirtschaft durch mangelnde Transparenz und den daraus resultierenden Drogenhandel wieder geschwächt werden könnte. Das könnte zu Armut und polizeilicher Gewalt führen. Ein dramatisches Beispiel wohin die extreme Stärkung der Staatsmacht führen kann, zeigt Venezuela. Dort führte die Kontrolle zu extremer Korruption und intensiver Zusammenarbeit zwischen staatlichen Akteuren und Drogenkartellen. Nur die Mächtigen profitieren im Rauschgiftgeschäft. Die restlichen Menschen leiden währenddessen unter Armut. 1)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. InSight Crime: Will Ortega’s Grip on Nicaragua Politics Open Door to More Corruption? – veröffentlicht am 07.11.2016
  2. n-tv: Ortega organisiert sich Wahlsieg – veröffentlicht am 07.11.2016
  3. Frankfurter Allgemeine: Marxistisch, katholisch und extravagant – veröffentlicht am 04.11.2016
  4. Tageszeitung: Nur leere Urnenrituale – 07.11.2016

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