Auf Teherans Straßen kann man alles kaufen: Alkohol, Drogen, Sex und Nieren, aber jetzt auch, auf die Drogenproblematik zurückzuführen, Neugeborene. Im Sog der Armut sind Menschen – vor allem drogenabhängige Frauen – obdachlos und oft zur Prostitution gezwungen, so verzweifelt, dass sie in der Umgebung der Krankenhäuser ihre Säuglinge nach der Entbindung verkaufen. Vor allem an Bettlerbanden und Drogenhändler und so schließt sich ein Teufelskreis in der Drogenproblematik. Auch für die Kinder, falls sie überleben sollten, wird die Zukunft immer perspektivenloser und das Land scheint dem Drogenproblem nicht mehr entkommen zu können.
Teheran zieht als iranische Hauptstadt und wirtschaftliches Zentrum Jobsucher aus dem ganzen Land förmlich an. Diese werden aber schnell enttäuscht. Tatsächlich müssten 1,2 Millionen Arbeitsplätze jährliche geschaffen werden, um alle Neuabkömmlinge auf dem Arbeitsmarkt zu decken. Die Stadt kämpft aber schon mit der Beschaffung der Hälfte der benötigten Arbeitsplätze. Besonders schwer haben es Frauen. Sie kommen mit oder ohne Familien und hoffen in der Stadt ins Arbeitsleben einsteigen zu können – aber auch trotz abgeschlossenen Studiums haben sie es schwer, sich in der Arbeitswelt aufgrund der tiefverankerten Traditionen zu behaupten. In Teilen des Landes liegt die Arbeitslosenrate bei Frauen bei 70 Prozent.
Wer nach Teheran zieht und keinen Arbeitsplatz findet, findet sich schnell auf den Straßen wieder, muss betteln, sieht sich gezwungen seinen Körper zu verkaufen oder steigt in das Drogengeschäft ein. Trotz der ausstehenden Todesstrafe floriert der Drogenhandel und -konsum. Täglich fangen 100 Menschen an zu konsumieren und 70 davon werden süchtig, laut dem „Stab für Drogenbekämpfung der Islamischen Republik“. Bei knapp 80 Millionen Einwohnern sind rund 3 Millionen Iraner abhängig, davon umfassen 9 Prozent Frauen. Und das mit deutlich zunehmender Tendenz: in den letzten 10 Jahren hat sich der Frauenanteil sogar verzehnfacht. Sie nehmen unter anderem das vergleichsweise billige Methamphetamin „Crystal Meth“.
20 bis 25 Euro bekommt eine Frau umgerechnet für ihren Säugling frisch nach der Entbindung. Sie sind meist selbst drogenabhängig, HIV-positiv, abgemagert und haben nur geringe Überlebenschancen. Einwohner der Stadt werden aufgefordert, Bettelnden mit kleinen, schlecht gekleideten Kindern kein Geld zu geben. Bettler und Bettlerinnen mit Säuglingen und Kleinkindern sieht man aber überall in der Stadt, man möge meinen die Behörden wären blind.1
Viele Staaten zögern dabei, dem Iran mit seinem Drogenproblem zu helfen, Grund dafür sei die Todesstrafe. Die UNO wurde sogar für ihre Unterstützung der nationalen Drogenbekämpfung und der Grenzsicherung vieler auch internationaler Initiativen kritisiert. Im Iran gibt es 17 Drogendelikte, die mit dem Tod bestraft werden. Unter bestimmten Umständen zählt dazu schon der alleinige Besitz, wie etwa von 5 Kilogramm Opium und 30 Gramm Heroin. Gemessen an seiner Einwohnerzahl führt der Iran die meisten Exekutionen weltweit durch. Menschenrechtler berichten von knapp 1000 Hinrichtungen im Jahr 2015, laut Amnesty International sollen es sogar deutlich mehr gewesen sein. Zwei Drittel der Exekutionen sind auf Drogendelikte zurückzuführen.2
Wegen Drogenhandel und -konsum leiden viele Kinder im Iran nicht mehr nur indirekt beispielsweise aufgrund der Armut und des schlechten Gesundheits- oder Bildungssystems unter der Drogenproblematik, sondern vermehrt als Ware verzweifelter Mütter und Drogenbanden auf direktem Wege unter der scheinbar unkontrollierbaren Drogensituation ihres Landes. Falls sie trotz der geringen Überlebenschancen aufwachsen sollten, ist auch ihre Zukunft von Auswegs- und Perspektivenlosigkeit geprägt. Dabei sind Kinder die Zukunft eines jeden Landes.
- dw: Iran; Kinderhandel auf Teherans Straßen; Artikel vom 22.11.16 [↩]
- Deutschlandfunk: Iran; Süchtig in Teheran – unterwegs mit der Drogenhilfe; Artikel vom 16.06.16 [↩]