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Argentinien veröffentlicht Drogenbericht: Konsum und Handel steigen

| Bild: © n.v.

Dieses Jahr hat die argentinische Regierung das erste Mal seit 2010 einen Drogenbericht veröffentlicht. Dieser zeigt: Die Zahl der Marihuana-Konsumenten ist in sieben Jahren um fast 150 Prozent gestiegen und die Zahl der Kokain-Konsument hat sich fast verdoppelt. Mehr als ein Drittel der Befragten zwischen 12 und 49 gaben an, dass sie „Extasy“ in weniger als 24 Stunden erhalten könnten. Die neue Regierung bestätigt, dass Argentinien mit wachsendem Drogenkonsum zu kämpfen hat. Außerdem zeigen die neuen Daten, was lange vermutet wurde: Der Schwarzmarkt für Drogen boomt. Es gibt Zeichen dafür, dass der steigende Drogenkonsum ein verstärktes  “Mikrotrafficking” im Land hervorgerufen hat. Das wiederrum hat die Handelsrouten beeinflusst und gleichzeitig die Korruption und Gewalt gefördert. 1) 2)

In den ersten drei Monaten dieses Jahres haben die Behörden fast doppelt so viel Kokain gefunden wie in den ersten sechs Monaten im Jahr 2016. Die Behörden gehen davon aus, dass der zweit größte Drogenfund in der Geschichte des Landes,  im Wert von ungefähr 60 Millionen Dollar, mit einer mexikanischen Gang zusammenhängt. Außerdem wurde ein größerer Fund an der Grenze zu Chile gemacht. Man geht davon aus, dass die Drogen von Chile über Argentinien nach Kanada und Spanien geschifft werden sollten. (( InSight Crime: Rising Seizures and Consumption in Argentina – the Next Brazil?; Artikel vom 27.06.17 ) 3)

Diese Funde lassen vermuten, dass Argentiniens Rolle als Transitstaat immer stärker wird. Das Land hat sich zu einem wichtigen Umschlagplatz für den Drogenhandel in Südamerika entwickelt und wird immer wichtiger für den Drogenhandel nach Europa. Verschiedene Faktoren tragen dazu bei: Die weitverbreitete Korruption, die relativ einfache Möglichkeit, mit Drogen Geld zu verdienen, der Anstieg des nationalen Drogenkonsums und die damit verbundene Zunahme des „Mikrotrafficking“, die es den Dealern erlaubt, lokale Auftragnehmer mit dem Produkt zu bezahlen. Außerdem haben die Wirtschafts- und Sicherheitspolitik des Präsidenten Mauricio Macri unerwünschte Konsequenzen gehabt. Maßnahmen zur Verbesserung der Exporte haben den Warenfluss durch Häfen erhöht. Der gestiegene Seehandel schafft Möglichkeiten Drogen zu exportieren, aber auch Chemikalien zu importieren, aus denen mexikanische und kolumbianische Banden synthetische Drogen herstellen. Gleichzeitig konzentrieren sich die Behörden auf den Inlandsmarkt, wodurch die verfügbaren Ressourcen für die Bekämpfung des transnationalen Drogenhandels weniger werden. Das führt dazu dass, die Kontrolle der Häfen und Flughäfen vernachlässigt wird. 4) 5) 6)

Die Folgen sind vielfältig: Zum Beispiel sind die Gefängnisse überlastet. Die argentinische Regierung startet ein Projekt, dass Drogenabhängigen, die eine kleinere Straftat begangen haben, eine Therapie statt einer Haftstrafe bietet. Dies soll der Rückfälligkeit und Überlastung der Gefängnisse entgegen wirken. Es wird schwierig sein, die Bevölkerung von den neuen Lösungsansätzen zu überzeugen. 7)

Zudem steigt die Zahl von inhaftierten Frauen wegen des Drogenhandels drastisch an. In verschiedenen lateinamerikanischen Staaten, darunter Argentinien, waren 60 Prozent der Frauen wegen Drogendelikten im Gefängnis. Ihre Verhaftung hat keinen Einfluss auf den Kampf gegen Drogengangs oder Korruption, da sie meist die untersten Glieder im Drogenhandel darstellen. Zwar entscheiden sich einige der Frauen selbst dafür die Straftaten zu begehen, viele werden aber von ihrem Partner oder anderen Personen hineingezogen. Einige der jungen Frauen im Gefängnis haben selber keine Straftat begangen, sie haben sich bei einer Kontrolle nur in einem Auto befunden, in denen Waffen und Drogen zu finden waren. 8)

Die Daten des veröffentlichten Berichts  zeigen auch, dass sich die Zahl der Marihuana Konsumenten zwischen 12 und 17 Jahren fast verdoppelt hat. Der Drogenkonsum unter Jugendlichen ist insgesamt um fast 146 Prozent gestiegen. Hinzu kommt, dass viele Banden Kinder und Jugendliche für sich arbeiten lassen. Einige Straßen werden von Drogenbanden kontrolliert, viele trauen sich dort gar nicht hin. Die Banden postieren oft Kinder, um Wache zu halten. Viele Eltern sind zu beschäftigt, für das Überleben der Familie zu sorgen, so dass sie ihre Kinder nicht permanent beaufsichtigen können. Um zu verhindern, dass kriminelle Banden Minderjährige aus den Slums für ihre Straftaten missbrauchen, möchte der Präsident das Alter der strafrechtlichen Verantwortung von 16 auf 14 Jahre reduzieren. Einige glauben nicht daran, dass Gefängnisstrafen die Verbrechen verhindern können. Die Teenager werden in Strafanstalten möglicherweise noch weiter hineingezogen. Außerdem liegt das besonders kritische Alter zwischen 12 und 13 Jahren. 9) 1)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. InSight Crime: Argentina’s First Drug Use Data in Years Confirms Booming Local Market; Artikel vom 30.06.17
  2. InSight Crime: Rising Seizures and Consumption in Argentina – the Next Brazil?; Artikel vom 27.06.17
  3. InSight Crime: Mexico Cartel Tied to Argentina’s Second-Largest Cocaine Sting; Artikel vom 1.06.17
  4. Blick: Ermittler stellen über fünf Tonnen Gras sicher; Artikel vom 29.06.17
  5. InSight Crime: Mexico Cartel Tied to Argentinia’s Second-Largest Cocaine Sting; Artikel vom 21.06.17
  6. InSight Crime: Rising Seizures and Consuption in Argentina- the Next Brasil?; Artikel vom 27.06.17
  7. InSight Crime: Argentina to Expand Drug Treatment Program for Minor Crimes Nationwide; Artikel vom 29.05.17
  8. InSight Crime: Former Trafficker Reflects Trend of Growing Women Prison Population; Artikel vom 15.06.17
  9. elpais: The Buenos Aires slum fighting to save its youngsters from drug dealers; Artikel vom 06.03.17

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