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Albanien: Wichtigster Produzent und Lieferant Marihuanas in Europa

Das organisierte Verbrechen in Albanien rückte bereits in den 90er Jahren ins Licht der Öffentlichkeit. Anfangs war es der Handel mit Zigaretten, Heroin und Menschen. Später kamen der Anbau von und Handel mit Cannabis dazu. Das nahe der griechischen Grenze gelegene Dorf Lazarat wurde zu einer vermeintlichen Drogenfreihandelszone – unbehelligt von Polizei und Regierungsbehörden. | Bild: © n.v.

Das organisierte Verbrechen in Albanien rückte bereits in den 90er Jahren ins Licht der Öffentlichkeit. Anfangs war es der Handel mit Zigaretten, Heroin und Menschen. Später kamen der Anbau von und Handel mit Cannabis dazu. Das nahe der griechischen Grenze gelegene Dorf Lazarat wurde zu einer vermeintlichen Drogenfreihandelszone – unbehelligt von Polizei und Regierungsbehörden. Bis zu 900 Tonnen Cannabis wurden dort in Hochzeiten pro Jahr produziert. Zwar wurde das Dorf durch massiven Druck der EU und auf Anordnung des neuen sozialistischen Ministerpräsidenten hin vor drei Jahren gestürmt, 80 Tonnen Marihuana konnten dabei vernichtet werden. Da in Lazarat jedoch nur Handlanger verhaftet wurden, konnten die Hintermänner mit ihrem Geld, ihrem Fachwissen, ihren guten Verbindungen zu Politikern und Polizisten davonkommen. Und danach breitete sich der Anbau im ganzen Land aus. 1)

Im Juni dieses Jahres wurde die Regierung der Sozialisten in Tirana bestätigt. Sie räumt ein, dass auch hohe Staatsbedienstete in die Drogenmachenschaften verwickelt seien. Ein kompromissloses Vorgehen dagegen sichert sie jedoch zu:  „Das ist ein richtiger Krieg, das ist nicht wie Rasenmähen im eigenen Garten. Da gibt es Momente, in denen man zum Angriff übergeht, und dann gibt es wieder eine Gegenoffensive der Kriminellen. Aber jetzt haben wir allen Grund zu glauben, dass diese Geschichte noch in diesem Jahr ein Ende haben wird.“, so Ministerpräsident Edi Rama.

Seit Jahresbeginn sind alle 12 Polizeidirektoren der 12 albanischen Regionen ersetzt worden. Recherchen der FAZ bestätigen: Es wird weniger Cannabis angebaut und nur noch in sehr entlegenen Gebieten. Dennoch ist das Angebot an albanischem Marihuana bisher nicht zurückgegangen: Zur Zeit werde so viel beschlagnahmt wie nie, was vermuten lässt, dass die Ernte des vergangenen Jahres besonders gut ausgefallen sein muss. In der ersten Jahreshälfte wurden auf Schiffen in der Adria mehr als 25 Tonnen Marihuana sichergestellt, das ist mehr als im ganzen Jahr 2016. 2)

Erst im kommenden Jahr wird sich zeigen, ob es die Regierung Rama mit ihrem Krieg gegen Cannabis wirklich ernst meint, wenn die Nachfrage wieder wächst.

Der bekannteste Investigativjournalist Albaniens, Artan Hoxha, vermutet, dass es Abmachungen zwischen den Drogenbanden und staatlichen Institutionen gegeben habe. Vom vermehrten Cannabisanbau im Jahr vor der Wahl profitierte neben korrupten Polizisten aber auch die arme Bevölkerung in rückständischen Gebieten. Am meisten Gewinn machten Mafiabosse und auf lokaler Ebene einflussreiche Familienclans, welche diejenigen Parteien unterstützen, die ihr Milliardengeschäft am wenigsten behindern.

Das Geld wird in Hotels, Immobilien, Unternehmen und die Landwirtschaft investiert. Dieses florierende Wirtschaftswachstum macht Albanien im Zusammenhang mit EU-Beitrittsbestrebungen interessant. Fragwürdig ist jedoch, dass der wirtschaftliche Aufschwung nicht unerheblich mit illegalen Drogengeschäften zusammenhängt. Und es bleibt nicht nur bei Marihuana. Entwicklungspolitisch relevant wird das Drogengeschäft, da die Clans ihre Machenschaften systematisch erweitern und mit direktem Kontakt zu den Drogenkartellen Lateinamerikas im Kokainschmuggel aktiv werden. Die britische National Crime Agency warnt, dass albanischstämmige Banden „sehr großen Einfluss im organisierten Verbrechen in Großbritannien“ hätten. 3)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. FAZ: Cannabis-Anbau in Albanien – Grasland; Artikel vom 5.9.2017
  2. Das Erste: Wo Cannabis und Kriminalität blühen; nicht mehr verfügbar
  3. BR Mediathek: Der Kampf gegen die Drogenmafia an der Adria; Beitrag vom 5.9.2017

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