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ISIS baut radikalen Drogenmarkt in Westafrika auf – Sind die Drogen jetzt Afrikas neuer Feind?

Auf dem westafrikanischen Kontinent gibt es ein stark wachsendes Problem, dass kürzlich internationale Aufmerksamkeit weckte. Das UNODC in dieser Woche eine ernstzunehmende Warnung an die internationale Gemeinschaft entsandt. Diese Warnung richtet sich an das Drogenproblem mit dem synthetischen Opioid „Tramadol“, der sich vor allem in der Sahelzone Westafrikas seit 2013 sehr schnell ausgebreitet hat. Laut dem letzten Weltdrogenreport des UNODCs stiegen die Beschlagnahmungen dieser Droge in der Region von 300 Kilogramm auf mehr als drei Tonnen pro Jahr. Diese Erhöhung ist deshalb so gravierend, weil das Problem mit den Drogen dem afrikanischen Kontinent schon seit langer Zeit ein Dorn im Auge ist: Der Drogenkonsum ist dort doppelt so hoch wie weltweit. Über 15 Prozent der afrikanischen Bevölkerung haben in der gegenwärtigen Zeit ein Drogenproblem. | Bild: © n.v.

Auf dem westafrikanischen Kontinent gibt es ein stark wachsendes Problem, das kürzlich internationale Aufmerksamkeit weckte. Das UNODC hat in dieser Woche eine ernstzunehmende Warnung an die internationale Gemeinschaft entsandt. Diese Warnung bezieht sich auf das Drogenproblem mit dem synthetischen Opioid „Tramadol“, das sich vor allem in der Sahelzone Westafrikas seit 2013 sehr schnell ausgebreitet hat. Laut dem letzten Weltdrogenreport des UNODCs stiegen die Beschlagnahmungen dieser Droge in der Region von 300 Kilogramm auf mehr als drei Tonnen pro Jahr. Diese Erhöhung ist deshalb so gravierend, weil das Problem mit den Drogen dem afrikanischen Kontinent schon seit langer Zeit präsent ist: Der Drogenkonsum ist dort doppelt so hoch wie weltweit. Über 15 Prozent der afrikanischen Bevölkerung haben in der gegenwärtigen Zeit ein Suchtproblem. 1) 2)

Beispielsweise wurden in Niger drei Millionen der Pillen mit dem Inhaltsstoff Tramadol in UN-gekennzeichneten Kartons gefunden. Eine ähnliche Entwicklung wird im Norden Malis beobachtet. Die nicht für medizinische Zwecke durchgeführte Verwendung der Droge hat sich dort zu einer kritischen Gesundheitskrise entwickelt. Denn die verwendete Dosierung ist oft vier oder fünf Mal höher als die empfohlene Menge der Dosis, was den Berichten des UNODC zufolge zu starken Gesundheitsrisiken und ernsten Abhängigkeitsproblemen führen könnte. Doch auch an der Grenze zwischen Nigeria und Kamerun sieht es nicht anders aus: Dort wurden 600.000 Tabletten des Rauschgiftes von Sicherheitskräften beschlagnahmt. Das Tramadol hat seinen Ursprung in erster Linie in Südasien und wird nach der Herstellung über das gut organisierte Netz krimineller Banden durch die Golfregion in die Sahelzone geschmuggelt. Anders als Heroin und andere illegale Rauschgifte kann Tramadol als ein verschreibungspflichtiges Medikament einfacher bestellt und transportiert werden. 3) 4)

Der sich wie ein Lauffeuer verbreitende Drogenhandel hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Sicherheit in der Sahelzone, aber auch in anderen Regionen wie dem Nahen Osten. Somit könnten die bereits unsicheren Teile Westafrikas noch weiter destabilisiert werden, vor allem durch Terrororganisationen, die sich an der Ausbreitung von Tramadol bedienen und auch daran teilhaben. Es wird nämlich vermutet, dass der Islamische Staat hinter der Entwicklung steckt und mit anderen Terrorgruppierungen zusammenarbeitet, um schlussendlich einen afrikanischen Drogenmarkt zu eröffnen. Ihre Macht soll hiermit weiter ausgebaut werden. 4)

So ist das Opioid Tramadol bei den islamistischen Militanten der Boko Haram sehr beliebt. „Tramadol hat eine ähnliche Wirkung wie andere Opioid-Medikamente wie Morphin und Oxycodon, die einen „high“ machen“, sagt Dr. Gilberto Gerra, Leiter der Abteilung für Suchtprävention und Gesundheit des UNODC. Dabei nutzen die Terroristen das Gefühl der Losgelöstheit von der Realität und die Wahnsymptome aus, um gezielt Zivilisten unterschiedlichen Alters, darunter auch Kinder, zu den Terrorattacken zu animieren. Da Tramadol wie ein körperliches und emotionales Schmerzmittel arbeitet, ist es sehr attraktiv für Menschen, die mit Verlust und Trauma zu kämpfen haben. Zum Beispiel sagte eine Frau aus Nordmali, dass sie regelmäßig Kinder herumlaufen sehe, die etwas älter als 10 Jahre alt sind und diese Substanzen in Form von Pillen mit ihrem Tee einnehmen. Die Kinder bekamen laut ihrer Aussage die Pillen oft von anderen Menschen, um sie von ihrem Hungergefühl zu befreien. Pierre Lapaque, Vertreter des UNODC in West- und Zentralafrika, warnte davor, dass die Situation „weiter außer Kontrolle geraten“ könnte, da sie nach wie vor die globale Sicherheit untergrabe. „Tramadol wird regelmäßig in den Taschen von Verdächtigen gefunden, die wegen des Terrorismus in der Sahelzone verhaftet wurden oder Selbstmordattentate verübt haben“, sagte Lapaque. 4) 3)

Jeffrey Bawa, Programmbeauftragter des UNODC-Sahel-Programms, erläuterte, dass die Sicherheitsbeamten der Strafverfolgungsbehörden schon jetzt Zeugen der Auswirkungen der Droge bei den jüngsten Terroranschlägen in Malis Hauptstadt Bamako gewesen seien: „Einer der Beamten sagte, dass er einen Terroristen auf sich zukommen sah, den nur sein Körper ohne seinen Geist bewegte. Dieser Mann hatte keine Angst in seinen Augen. Später wurden auch in seiner Tasche die Tramadol-Pillen gefunden. Diese Warnung, die wir der internationalen Gemeinschaft entgegenbringen, ist deshalb extrem wichtig. Das Problem ist meiner Meinung nach weit über die Fentanyl-Epidemie, die wir derzeit in Nordamerika erleben, hinausgegangen – mit dem Unterschied, dass dies die am stärksten gefährdeten Länder der Welt betrifft. Deshalb halten die Terrorgruppen ihre Angriffe trotz der ganzen militärischen Interventionen der Regierung in der Sahelzone aufrecht.“ 4)

Rebecca Grant, nationale Sicherheits- und Militäranalytikerin und Präsidentin der Rüstungsberatungsfirma IRIS Independent Research, sagt: „Synthetischer Opioidhandel ist ein riesiges neues Umsatzziel für ISIS.  Der IS ist verzweifelt bestrebt, mit dem Handel des Opioids Geld zu verdienen, um im Terrorgeschäft zu bleiben. Westafrika wird so zu einem herbeigewünschten Markt für solche Terrorgruppen. Wenn das US-Militär und die Streitkräfte der Koalition nicht daran arbeiten, diesen illegalen Handel zu beenden, werden sie mit ISIS-Gruppen in der Sahelzone konfrontiert sein, die Teile von Mali, Niger sowie Sudan, Senegal, Tschad, Mauretanien, Nigeria und Burkina Faso umfassen werden. Es ist eine Tragödie für die lokalen Gemeinschaften. Die Amerikaner sehen mit eigenen Augen aus erster Hand, was  Opioide alles anrichten können.“ 4)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. bbc.com: Trafficking of pills used by suicide bombers soars in Sahel; 12.12.2017
  2. allafrica.com: Is Drug Abuse Africa`s New Enemy; 03.01.2018
  3. bbc.com: Trafficking of pills used by suicide bombers soars in Sahel; 12.12.2017
  4. cnn.com: Opioid tramadol destabilizes, fuels terror in parts of africa, UN warns; 15.12.2017

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