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Schlechte Aussichten für Rebellenpartei FARC im Hinblick auf die aktuellen Wahlen in Kolumbien

Die momentan stattfindenden Parlamentswahlen in Kolumbien zählen zu den friedlichsten in der Geschichte des Landes, da aufgrund des 2016 geschlossenen Friedensvertrags zwischen der Regierung und der Rebellenorganisation FARC keine Wahllokale angegriffen, keine Urnen verbrannt oder Wähler eingeschüchtert werden. Ebenso verhalten sich andere gewalttätige Gruppen wie die linke ELN oder die ultrarechten Todesschwadrone friedlich. | Bild: © n.v.

Die momentan stattfindenden Parlamentswahlen in Kolumbien zählen zu den friedlichsten in der Geschichte des Landes, da aufgrund des 2016 geschlossenen Friedensvertrags zwischen der Regierung und der Rebellenorganisation FARC keine Wahllokale angegriffen, keine Urnen verbrannt oder Wähler eingeschüchtert werden. Ebenso verhalten sich andere gewalttätige Gruppen wie die linke ELN oder die ultrarechten Todesschwadrone friedlich.  Am vergangenen Wochenende wurden 102 Senatoren, 166 Senatsmitglieder und 2 Präsidentschaftskandidaten gesucht. Am 27. Mai findet dann die endgültige Wahl eines neuen Staatsoberhaupts statt. Die besten Ergebnisse erzielte die extrem weit rechts angesiedelte Partei „Centro Democratico“ von Ex-Präsident Álvaro Uribe. Dieser ist somit der Senatskandidat mit den meisten Stimmen, die Partei bleibt stärkste im Senat und zweitstärkste im Abgeordnetenhaus. Für die „Alternative revolutionäre Kraft des Volkes“ (FARC) war der Wahldurchgang jedoch ein Debakel. Bei der Senatswahl bekam sie lediglich 0,34 Prozent der Stimmen, was 49.170 von rund 36 Millionen Wahlberechtigten ausmacht und blieb somit unter der drei Prozenthürde. In der Wahl der Abgeordnetenkammer betrug der Stimmenanteil nur 0,22 Prozent. Jedoch ist dieses miserable Ergebnis völlig egal, da wegen des Friedensvertrags der FARC für die nächsten zwei Legislaturperioden fünf Sitze im Oberhaus und fünf Sitze in der Abgeordnetenkammer zugesichert sind. Gründe für dieses schlechte Ergebnis sind zum einen die Wut der Bevölkerung auf die Rebellenorganisation wegen ihren unzähligen Attentaten in der Vergangenheit, die daraus entstandenen bürgerkriegsähnlichen Zustände und die Tatsache, dass sie für ihre Taten keine Rechenschaft ablegen mussten. 1)

Die FARC ist eine ehemalige linksradikale Guerillabewegung und war für den Bürgerkrieg der letzten 50 Jahre in Kolumbien verantwortlich. Sie haben vor dem 2016 unterzeichneten Friedensvertrag bis zu 70 Prozent der Koka -Anbauflächen des Landes kontrolliert und waren somit einer der Hauptakteure des Anbaus und der Herstellung von Kokain. Auf diese Weise haben sie den Krieg, Waffen und ihre Armee finanziert. Am 27. November 2016 hat die FARC mit der kolumbianischen Regierung einen Friedensvertrag unterzeichnet, wodurch die Organisation zu einer staatlich anerkannten Partei geworden ist. Im Zuge dessen hat sie all ihre Kampfhandlungen eingestellt, sich aus dem Drogengeschäft vollständig zurückgezogen und ihren Gebietsanspruch auf die Anbaugebiete aufgehoben. Desweiteren müsse die Gruppierung über praktische Aktionen zu einer Lösung des Drogenproblems beitragen und auf jede Beziehung, die in Zusammenhang mit dem Drogenhandel stehe, verzichten. Aufgrund des Vertrags ist ein Machtvakuum in den ehemaligen FARC-Gebieten entstanden und verschiedenste  Organisationen sowie andere paramilitärischen Gruppierungen kämpfen aktuell um die Vormachtstellung in diesen Gebieten. Ebenso haben sich Ex-FARC-Mitglieder anderen Guerillagruppierungen angeschlossen und beteiligen sich so weiterhin am Kokaingeschäft. 2) 3) 4) 5)

Am vergangenen Donnerstag hat die FARC ihren Verzicht auf die Präsidentschaftskandidatur und den Rückzug aus dem Wahlkampf bekannt gegeben. Der Grund dafür ist der Gesundheitszustand des Kandidaten Rodrigo Londoño nach einer Herzoperation sowie die fehlende Sicherheitsgarantie. Erst im Februar wurde der Präsidentschaftskandidat bei öffentlichen Auftritten immer wieder das Opfer von gewaltsamen Attacken. Ebenso kam es bei der Finanzierung ihrer Kampagne von staatlicher Seite her zu Verspätungen, da sie durch Einschränkungen des Friedensvertrags ihre Wahlkampfmittel nicht selbstständig verwalten dürfen und diese durch proportionale Abgaben der anderen Parteien finanziert werden. Die Unterstützung anderer linksorientierter Kandidaten besteht nach wie vor, ist aber bis jetzt noch relativ unklar. 6)

Trotz des friedlichen Verhaltens aller Rebellengruppen ist der Wahlkampf äußerst gefährlich, da viele Kandidaten ausgebuht, mit Steinen beworfen oder gewaltsam mit Macheten oder Schusswaffen angegriffen werden. Die von den Bürgern ausgehende Gewalt war im Vorfeld so heftig wie noch nie. Diese war vor allem gegen linke Kandidaten und die FARC gerichtet. Sie lehnen die FARC als politische Partei ab und missbilligen die Umstände, dass der FARC jeweils fünf Sitze in Senat und Abgeordnetenkammer durch den Friedensvertrag zugesprochen werden. Deshalb hat die Organisation ihren Wahlkampf zusehends in soziale Netzwerke verlagert. 7)

Momentan überwiegen die politischen Extreme. Auf der einen Seite mit Gustavo Petro von der linken Partei „Colombia Humana“ mit seinem Anti-Establishment Kurs und auf der anderen Seite Ivan Duque von der ultrarechten Partei „Centro Democático“, der den Friedensvertrag mit der FARC annullieren will. 8)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. spiegel: Rebellenpartei FARC erlebt Debakel; Artikel vom 12.03.2018
  2. taz:Kolumbiens „D-Day“; Artikel vom 06.12.2016
  3. amerika21:FARC und Regierung vereinbaren Drogenabkommen; Artikel vom 19.05.2014
  4. dw:Kolumbiens Drogenmafia macht Druck; Artikel vom 26.12.2016
  5. nzz:So haben sich die Kolumbianer den Frieden nocht vorgestellt; Artikel vom 02.03.2017
  6. amerika21:Kolumbien:Linkspartei FARC zieht sich aus Wahlkampf zurück; Artikel vom 09.03.2018
  7. handelsblatt:Gewalteskalation vor wegweisender Parlamentswahl in Kolumbien; Artikel vom 10.03.2018
  8. handelsblatt:Gewalteskalation vor wegweisender Parlamentswahl in Kolumbien; Artikel vom 10.03.2018

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