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Marokko: Traditioneller Haschischanbau hemmt entwicklungspolitischen Fortschritt

Schon seit langer Zeit ist das Verhältnis und politische Klima zwischen dem Königreich Marokko und seinem Nachbarstaat Algerien äußerst schlecht. Aufgrund des permanenten Konflikts um das Gebiet der Westsahara ist die Grenze der beiden Staaten seit 1994 komplett geschlossen und ihre Beziehung über die letzten Jahrzehnte hinweg geprägt durch Provokationen, falschen Anschuldigen und Missgunst geprägt. | Bild: © n.v.

Schon seit langer Zeit ist das Verhältnis und politische Klima zwischen dem Königreich Marokko und seinem Nachbarstaat Algerien äußerst schlecht. Aufgrund des permanenten  Konflikts um das Gebiet der Westsahara ist die Grenze der beiden Staaten seit 1994 komplett geschlossen und ihre Beziehung über die letzten Jahrzehnte hinweg durch Provokationen, falsche Anschuldigen und Missgunst geprägt. Das Gebiet der Westsahara war bis 1975 eine spanische Überseeprovinz und wurde nach Abzug der spanischen Kolonialisten von Marokko und Mauretanien annektiert und besetzt. Ab 1976 herrschte Krieg zwischen Marokko und der westsaharischen Befreiungsbewegung „Polsario-Front“, der 1991 durch einen Waffenstillstand beendet wurde. Aktuell besetzt die „Polsario“ einen Landstreifen von der Atlantikküste bis hoch zur algerischen Grenze. Algerien unterstützt dabei die Befreiungsarmee und ist somit Marokko ein Dorn im Auge. 1) 2) 3)

Ende 2017 hat der algerische Außenminister Abdelkader Messahel die marokkanische Regierung des Haschischhandels beschuldigt, woraufhin diese kurze Zeit später ihren Außenminister aus Algerien abzog und somit eine diplomatische Krise ausgelöst wurde. Weitere Anschuldigungen seitens Algeriens waren damals, dass Marokkos steigende Investitionstätigkeit in Afrika mit Erlösen aus dem Haschischanbau und Handel finanziert würde, marokkanische Banken Geldwäsche betreiben und die Fluggesellschaft „Royal Air Maroc“ buchstäblich am Schmuggel der Droge beteiligt sei. 4) 3)

Anfang 2018 wurde die Situation noch einmal verschärft, als der algerische Premierminister Ahmed Ouyahia auf dem Parteitag der „National Democratic Rally“  das Nachbarland beschuldigte, Algerien mit Cannabis und Kokain zu überfluten, um so die einheimische Jugend zu vergiften. 4)

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Marokko von der Haschischproduktion profitiert. 75 Prozent des in Europa konsumierten Haschischs kommt aus Marokko, wo schätzungsweiße 2000 Tonnen der Droge jährlich produziert werden. Angebaut wird das für die Haschischproduktion benötigte Cannabis in den Tälern des Rif-Gebirge im Norden des Landes. Der Anbau und der Verkauf der Pflanze ist dort die Einnahmequelle von nahezu jedem Bauern. Schon seit mehreren Jahren versucht die EU durch Förderprogramme die Bauern zum Anbau von anderen Pflanzen wie Feigen, Oliven oder Avocados zu bringen, was aber weitaus weniger lukrativ ist als der traditionelle Marihuana-Anbau. Dadurch haben sich zwar der Wohlstand und die Infrastruktur der Region über die letzten Jahrzehnte verbessert, jedoch ist der Anbau von Cannabis immer noch illegal und die Bauern sind permanent einem hohen Risiko strafrechtlicher Konsequenzen in Form von Freiheitsentzug ausgesetzt. Die Verfolgungsbehörden werden von den Bauern oft dafür bezahlt, dass sie ihre Felder in Ruhe lassen und keine staatlichen Repressionen zu fürchten haben. Allerdings werden aufgrund von Druck seitens der USA und Europas von Zeit zu Zeit ein paar Felder abgebrannt und Bauern festgenommen. Ebenso wie in vielen anderen Ländern kommt es auch in Marokko nur darauf an, wen man alles bestechen muss, um weiterhin seinen Geschäften nachgehen zu können, ohne Probleme zu bekommen. Falls die Behörden in dieser Sache zukünftig härter durchgreifen, wären schätzungsweise rund 800.000 Menschen von drohender Arbeitslosigkeit betroffen und dies würde das Land innenpolitisch stark destabilisieren. 5) 6)

Nach Europa wird das fertige Haschisch via Boot, Jet-Ski oder Flugzeug über die Meerenge von Gibraltar in den Süden Spaniens geschmuggelt und von dort aus weiter transportiert. Momentan ist der Haschischschmuggel in Richtung Europa extrem am Florieren, weswegen die spanischen Behörden trotz modernster Technik dem Problem nicht Herr werden. Die Mengen an beschlagnahmten Drogen pro Jahr sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Schmuggelrouten werden größtenteils von der marokkanischen Drogenmafia kontrolliert, die wiederum einflussreiche Verbündete in den Sicherheits- und Staatsbehörden hat. 7)

Haschisch ist in Marokko ein tragender Wirtschaftszweig. Würde dieser nun durch enormes staatliches Durchgreifen oder Beseitigung der Korruption aussterben, hätte auf einen Schlag ein riesiger Anteil der Bevölkerung mit existenziellen Gefahren zu kämpfen. Doch an der Situation in Europa würde dies nicht viel ändern, da sich schon nach sehr kurzer Zeit neue Gruppierungen mit anderen Bezugsquellen der Handelsrouten bemächtigen würden, um so die Nachfrage auf dem europäischen Markt weiterhin zu decken.

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. taz:Der vergessene Konflikt der Wüste; Artikel vom 19.03.2017
  2. hanfjournal:Cannabis sorgt für Verstimmungen zwischen Algerien und Marokko; Artikel vom 22.01.2018
  3. ntv:Algerien wirft Marokko Haschischhandel vor; Artikel vom 22.10.2017
  4. hanfjournal:Cannabis sorgt für Verstimmungen zwischen Algerien und Marokko; Artikel vom 22.01.2018
  5. FrankfurterRundschau:Marihuana made in Marokko; Artikel vom 31.03.2012
  6. deutschlandfunk:Das goldene Klopfen; Artikel vom 03.01.2015
  7. diepresse:Spanien/Marokko: Hasch-Highway nach Eurpoa; Artikel vom 09.06.2015

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