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Seit einigen Jahren erfreut sich Yaba in Bangladesch immer größerer Beliebtheit. Mitte der 2000er drängten die Tabletten dort erstmals auf den Markt, damals noch als Droge für die Reichen. Heute findet man sie praktisch an jeder Straßenecke. Für das südostasiatische Land hat sich Yaba längst zu einem riesigen Problem entwickelt. Etwa sechs Millionen, zumeist junge Bangladescher, sollen von der Droge abhängig sein. | Bild: © n.v.

Yaba (1): Wie in Bangladesch sechs Millionen Menschen von der „Droge des Wahnsinns“ abhängig wurden

Seit einigen Jahren erfreut sich Yaba in Bangladesch immer größerer Beliebtheit. Mitte der 2000er drängten die Tabletten dort erstmals auf den Markt, damals noch als Droge für die Reichen. Heute findet man sie praktisch an jeder Straßenecke. Für das südostasiatische Land hat sich Yaba längst zu einem riesigen Problem entwickelt. Etwa sechs Millionen, zumeist junge Bangladescher, sollen von der Droge abhängig sein. | Bild: © n.v.

„Es riecht wie Vanille und der Rauch hat einen Geschmack, den ich nicht erklären kann“, erzählt der Bangladescher Rafi. „Am Anfang ist da ein warmes Gefühl in deiner Brust und dann kommt der Rausch.“ Er redet von dem Stoff, von dem er mehrere Jahre lang abhängig war und den sie in Asien „die Droge des Wahnsinns“ nennen: Yaba.  Kleine bunte Tabletten, die aussehen, als wären sie Süßigkeiten und aus einer Mischung aus Methamphetamin und Koffein bestehen. Eine Droge, deren Wirkung in Teilen der des körpereigenen Adrenalin ähnelt: Müdigkeit und Stress weichen Euphorie und Selbstsicherheit, statt hungrig fühlt man sich satt. Doch auf lange Sicht zerstört sie ihre Konsumenten physisch und psychisch. Angstgefühle, Aggressionen und Schäden an den Nieren, am Herz, an der Leber und am Gehirn sind mögliche Folgen.1234

Laut dem World Drug Report des UNODC aus dem Jahr 2015 ist Yaba eine verunreinigte und günstigere Form von Methamphetamin. Die Tabletten wiegen üblicherweise etwa 90 Milligramm und enthalten zwischen fünf und 20 Prozent des synthetisch hergestellten Stimulans. Auf dem Schwarzmarkt erhältlich sind sie in verschiedenen Farben und Geschmacksrichtungen. Konsumenten platzieren Yaba üblicherweise auf einem Stück Alufolie und erhitzen es, um die Dämpfe der schmelzenden Tabletten zu inhalieren. Andere wiederum zerbröckeln die Droge und schnupfen das Pulver.1

Seit einigen Jahren erfreut sich Yaba in Bangladesch immer größerer Beliebtheit. Mitte der 2000er drängten die Tabletten dort erstmals auf den Markt, damals noch als Droge für die Reichen. Heute findet man sie praktisch an jeder Straßenecke. Für das südostasiatische Land hat sich Yaba längst zu einem riesigen Problem entwickelt. Etwa sechs Millionen, zumeist junge Bangladescher, sollen von der Droge abhängig sein.15

Hauptproduzent von Yaba ist das an Bangladesch angrenzende Myanmar, ein Teil des sogenannten Goldenen Dreiecks, das eigentlich vor allem für seine Opium- und Heroinproduktion berüchtigt ist. Auch heute noch wird in Myanmar auf einer Gesamtfläche von etwa 40.000 Hektar Schlafmohn angebaut. Doch bereits Ende der 1990er Jahre stiegen zahlreiche Drogengangs und bewaffnete Gruppen ethnischer Minderheiten, die im Vielvölkerstaat für mehr Autonomie und Selbstbestimmung gegen die myanmarische Zentralregierung und Armee kämpfen, und sich häufig mit dem Drogenhandel finanzieren, auf Yaba um. Der Opium- und Heroinhandel war wegen Drogenbekämpfungsmaßnahmen auf internationaler Ebene zunehmend mit steigenden Kosten und Risiken verbunden. Die Produktion von Methamphetamin-Tabletten hingegen wurde ungleich attraktiver. Die Herstellung von Yaba ist relativ einfach und mit wenig Aufwand zu bewerkstelligen und kann auch nicht an schlechten Schlafmohnernten scheitern.1647

Zu Beginn schmuggelten die Drogengangs und bewaffneten Gruppen das Yaba vor allem nach China und Thailand. Doch als die Grenzen zwischen den drei Ländern vor ein paar Jahren zunehmend verstärkt wurden, litt auch der Handel mit den Methamphetamin-Tabletten darunter.  Also rückte Bangladesch mit seinen porösen Grenzen und belebten Häfen in den Fokus. Und das Land entpuppte sich als erstklassiger Absatzmarkt. Bangladesch grenzt auf einer Länge von etwa 250 Kilometern an die myanmarische Verwaltungseinheit Rakhaing-Staat – von wo seit letztem Jahr mehr als 700.000 Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingya vor Gewaltwellen ins Nachbarland geflohen sind –, lediglich getrennt durch einen Fluss. Auf dem Naf setzen täglich Dutzende Schiffe nach Bangladesch über, viele von ihnen haben neben legalen Produkten auch Yaba geladen.871

Bangladesch wurde in der Folge mit den Methamphetamin-Tabletten aus Myanmar geradezu überschwemmt. Deutlich erkennen kann man das an der Entwicklung der Menge des von Sicherheitskräften beschlagnahmten Yabas in den letzten Jahren. 2008 konnten 36.543 Tabletten sichergestellt werden, drei Jahre später waren es bereits 1,4 Millionen. Und das war erst der Anfang. 2017 wurden knapp 40 Millionen Tabletten beschlagnahmt, allein im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um fast 25 Prozent. Doch dabei handelt es sich nur um einen Bruchteil der Ware, die in den Städten des Landes am Ende verkauft wird.14

„Gegenwärtig ist Yaba die Droge, die sich innerhalb der jungen Generation der größten Beliebtheit erfreut“, konstatierte die bangladeschische Suchtstoffkontrollbehörde DNC 2013 in einem Bericht. Einige Jahre zuvor war es die Elite des Landes, die mit dem Konsum der Methamphetamin-Tabletten die Droge populär machte. „Yaba wurde zu einem Symbol für Eleganz, Mode und Aristokratie. Über Models, Filmstars, Sänger, Tänzer und zahlreiche weitere Berühmtheiten wurde wegen ihres Yaba-Missbrauchs in den Medien berichtet.“81

Die Preise für Yaba waren damals noch recht hoch, eine Tablette kostete knapp 1.200 Taka (etwa zwölf Euro). Es waren vor allem die jungen Leute aus reichen Familien, die sich den Konsum der Droge, die es ihnen erlaubte, die ganze Nacht lang zu tanzen, leisten konnten. Doch mit der Yaba-Flut aus Myanmar sanken im Laufe der Zeit die Preise. Die Tabletten sind in einer geringeren Qualität mittlerweile bereits für etwa 180 Taka (etwas weniger als zwei Euro) erhältlich. Yaba wurde so  einer viel breiteren Bevölkerungsschicht zugänglich. Die Suchstoffkontrollbehörde schätzt, dass in Bangladesch bis zu zwei Millionen Tabletten täglich konsumiert werden.412

Da Bangladesch demographisch gesehen eine sehr junge Nation ist (52 Prozent der Bevölkerung ist zwischen 15 und 35 Jahren alt), verwundert es nicht, dass sich der Konsum von Yaba vor allem bei den jungen Leuten wie eine Plage ausgebreitet hat. Hossien Muhammed Zaki von der Sparte des Social Sciences Research Council in der bangladeschischen Hauptstadt Dhaka schrieb 2015 in einem Artikel für das Police Staff Journal, dass Schätzungen zufolge mehr als 50 Prozent der jungen Bangladescher drogenabhängig seien. Die Suchstoffkontrollbehörde gab 2014 in einem Bericht sogar an, dass 88 Prozent der Drogenabhängigen im südostasiatischen Land der Altersgruppe der unter 40-Jährigen angehören würden.471

  1. CNN: Yaba addiction: The dark side of Bangladesh’s increasing affluence; Artikel vom 06.08.17 [] [] [] [] [] [] [] [] []
  2. Deutschlandfunk: Jeder Befragte scheint zu wissen, wo es die Pillen gibt; Artikel vom 21.07.17 [] []
  3. MDR: „Breaking Bad“ meets Deutsches Reich: Von Pervitin zu Crsytal Meth; Artikel vom 04.04.16 []
  4. The Daily Star: Yaba invasion -1: Hostage to Myanmar; Artikel vom 13.05.18 [] [] [] [] []
  5. The Telegraph: Bangladesh accused of using drugs war to hide political assassinations; Artikel vom 01.06.18 []
  6. UN News: Myanmar: opium cultivation down 25 per cent, but conflict areas remain ’safe haven‘ for drug traders; Artikel vom 06.12.17 []
  7. Nikkei Asian Review: Inside Bangladesh’s methamphetamine problem; Artikel vom 23.07.17 [] [] []
  8. The Fix: Meth Addiction in Bangladesh; Artikel vom 24.10.17 [] []

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