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Dominikanische Republik: Touristenparadies als Drogenumschlagplatz

Letzten November beschlagnahmte die kolumbianische Polizei 13,4 Tonnen Kokain - das ist der größte Drogenfund in der Geschichte Kolumbiens. Diese Menge wäre auf dem amerikanischen Markt geschätzt 360 Millionen Dollar wert. Seit 2013 ist Kolumbien wieder der weltweit größte Hersteller von Kokain. Mit aktuell ungefähr 200.000 Hektar Koka-Anbaufläche hat die Produktion der Droge in Kolumbien einen erheblichen Anstieg auf einen momentanen Rekordwert erlebt, sogar im Vergleich zu Zeiten Pablo Escobars. | Bild: © n.v.

Letzten November beschlagnahmte die kolumbianische Polizei 13,4 Tonnen Kokain – das ist der größte Drogenfund in der Geschichte Kolumbiens. Diese Menge wäre auf dem amerikanischen Markt geschätzt 360 Millionen Dollar wert. Seit 2013 ist Kolumbien wieder der weltweit größte Hersteller der Koka-Pflanze. Mit aktuell ungefähr 200.000 Hektar Koka-Anbaufläche hat die Produktion der Droge in Kolumbien einen erheblichen Anstieg auf einen momentanen Rekordwert erlebt, sogar im Vergleich zu Zeiten Pablo Escobars. Wohin diese Mengen der Droge unter anderem gehen, wird bei Betrachtung des amerikanischen Marktes deutlich:  90 Prozent des Kokains in den USA stammen aus dem südamerikanischen Land. 1) 2) Das Rauschgift findet seinen Weg oftmals über Kolumbiens Nachbarland Venezuela und den karibischen Inselstaat Dominikanische Republik – auch bis nach Europa.

Da Kokain von Kolumbien aus weitgehend ohne Widerstand über die Grenze fließt, hat die organisierte Kriminalität in der Anden-Region eine Rekordhöhe erreicht. Doch nicht nur im Zuge der wirtschaftlichen Situation haben Drogenhändler Probleme Kokain aus Venezuela zu exportieren. Im Land gibt es wenig kommerzielle Flüge, kaum Containerschiffe und keine Touristen. Nur 1.400 Kilometer weiter allerdings ist all dies zu finden: in der Dominikanischen Republik. Sie ist aus vielerlei Gründen idealer Transitstaat, um das kolumbianische Kokain in die Vereinigten Staaten, aber auch nach Europa zu bringen.

Die Dominikanische Republik liegt im Herzen der Karibik, ist der bevölkerungsreichste und wirtschaftlich stärkste Staat der Region. Bis zu fünf Millionen Touristen besuchen das Land jährlich – über seine internationalen Flughäfen oder per Kreuzfahrtschiff in einem der sechs Häfen. Es bietet dem Drogenhandel außerdem einige der größten Containerhäfen der Karibik, ist damit regionale Drehscheibe der Containerschifffahrt.

Auch das US-Außenministerium hat die Dominikanische Republik als eine der wichtigsten Transitnationen für Kokainlieferungen in die Vereinigten Staaten identifiziert. Dabei ist der Seetransport, also die Verwendung von Schnellbooten und Handelscontainern, die wichtigste Methode des Drogenschmuggels. Abgehende Kokaintransporte für den US-Markt führen über das nur 381 Kilometer entfernte Puerto Rico. Da es US-Territorium ist, ist ab hier eine vergleichsweise leichte Überfahrt innerhalb von US-Zollschranken möglich. Auch für Kokaintransporte nach Europa gilt die Dominikanische Republik als eines der häufigsten Transitländer. So wie Puerto Rico amerikanisches Außenterritorium ist, sind es Martinique und Guadeloupe für Frankreich sowie Anguilla, Bermuda und die Britischen Jungferninseln für Großbritannien. Auch ehemalige Kolonien wie Jamaika sind ideale Sprungbretter ins Vereinigte Königreich. Da viele Dominikaner auch aus sprachlichen Gründen nach Spanien emigriert sind, ist dieses Land traditionell und aktuell immer noch wichtigster Zugangspunkt für Kokain aus der Dominikanischen Republik nach Europa.

In der Dominikanischen Republik hat sich also eine der produktivsten Drogenpipelines der Region entwickelt. Durch seine geographische Nähe und infrastrukturelle Ausstattung ist es für den Inselstaat ein Leichtes, Kokain in die Überseegebiete und damit Staaten wie die USA, Großbritannien, Frankreich und Spanien zu exportieren.

Zwar gibt es teils auch Flüge, die das kolumbianische Kokain in die Dominikanische Republik fliegen, jedoch wird der Großteil der Drogen über den Seeweg transportiert. Dabei nutzen die Händler entweder die direkte Route und schicken Schnellboote mit bis zu einer Tonne Kokain von der Nordküste Venezuelas. Oder sie finden den Weg per „island hopping“ über Trinidad und Tobago, Grenada, Barbados und weitere kleinere Inseln nach Puerto Rico, in die Dominikanische Republik und auch nach Kuba und Jamaika.

Das gesamte Ausmaß dieser Schiffsrouten zwischen Venezuela und der Dominikanischen Republik ist schwer einzuschätzen, aber es ist davon auszugehen, dass wöchentlich mindestens drei Boote mit 700 Kilogramm bis einer Tonne Kokain ankommen. Das sind 9,5 Tonnen im Monat und 115 Tonnen im Jahr, die allein von Venezuela per Schnellboot auf die karibische Insel geschifft werden – was einer Menge von etwa 15 Prozent der jährlichen, weltweiten Kokainproduktion entspricht. Dazu kommen noch die Container, die die Häfen der Dominikanischen Republik passieren.

Der organisierte Drogenhandel des Inselstaates erwirtschaftet jährlich über 200 Millionen Dollar, wobei die tatsächliche Zahl vermutlich noch viel höher sein wird. Unterstützt wird das Geschäft durch die hohe Korruption der politischen Klasse und der Sicherheitskräfte.

Neben seiner idealen Infrastruktur und dem florierenden Tourismus bietet das mittelamerikanische Land einen boomenden Immobilien- und Bankensektor. Es ist die mit Abstand größte Volkswirtschaft der Karibik mit dem höchsten BIP der Region. Diese Kombination ist ideal, um das durch den Schmuggel verdiente Geld zu waschen. Hierfür bietet die Metropolregion Santo Domingo mit seinen Weltklasse-Hotels, Resorts, Restaurants und Casinos eine Vielzahl an Möglichkeiten. Die Touristen, die das Land besuchen, tragen also entscheidend zum Erfolg des Drogengeschäftes in der Dominikanischen Republik bei. 3)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Süddeutsche Zeitung: Kolumbien kämpft gegen den Schnee von morgen; Artikel vom 18.05.2017
  2. Der Tagesspiegel: Bauern pflanzen mehr Koka an; Artikel vom 05.03.2018
  3. InSight Crime: Dominican Republic and Venezuela: Cocaine Across the Caribbean; Artikel vom 24.05.2018

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