Myanmar, als Teil des „Goldenen Dreiecks“ mit Laos und Thailand, ist schon seit Jahren der weltweit zweit-größte Produzent von Opium – hinter Afghanistan. Doch wurden 2015 noch 55.500 Hektar für den Opiumanbau genutzt, sind es 2017 nur noch 41.000 Hektar. Das ist aber bedauerlicherweise kein Zeichen einer erfolgreichen Drogenpolitik des Landes. Vielmehr entscheiden sich die Drogenhersteller dazu, zu Methamphetamin zu wechseln, das billiger in der Produktion und einfacher zu transportieren und zu vertreiben ist. Jeremy Douglas, Repräsentant der Südostasien- und Pazifikregion beim UNODC, spricht sogar davon, dass Myanmar mit hoher Wahrscheinlichkeit zum größten Meth-Produzenten der Welt wächst. Die Produktion steigt bereits seit einem Jahrzehnt und nimmt seit drei Jahren einen noch akuteren Anstieg. Das Methamphetamin in Myanmar wird hauptsächlich in den weitgehend rechtsfreien Grenzgebieten, die sich außerhalb des Einflusses der Regierung befinden, produziert. Dazu gehört vor allem der unruhige Nordosten des Landes, eine Region, deren Territorium von bewaffneten Rebellen-Gruppierungen und Gangs kontrolliert wird. Myanmar, als geteilte Nation mit 53 Millionen Einwohnern und 135 verschiedenen ethnischen Gruppen, hat zusätzlich mit vielschichtigen anderen Problemen zu kämpfen.12
Methamphetamin ist laut dem Weltdrogenbericht 2017 des UNODC global gesehen eine der größten Gesundheitsbedrohungen. Dabei lässt sich zwischen zwei Formen von Metamphetamin unterscheiden: Dem billigeren Meth minderer Qualität, das in Myanmar selbst und in anderen südostasiatischen Ländern als Yaba vertrieben wird, und Crystal Meth, das tendenziell teurer ist und in wohlhabendere Länder exportiert wird. 2017 wurden 450 Millionen Yaba-Pillen im südostasiatischen Raum konfisziert, wovon ein Großteil nach Myanmar zurück verfolgt werden konnte. Allerdings handelt es sich dabei nur um höchstens zehn Prozent der produzierten Yaba-Pillen. Der Drogenhandel in Myanmar wird von staatsnahen Milizen unterstützt, die Behörden des Landes schauen weg. Immerhin kurbelt das 40 Milliarden Dollar Drogengeschäft die Wirtschaft des armen Landes an. So wird hier gerade hochreines Crystal Meth in beispiellosen Mengen produziert und dann in die Welt exportiert. Auch der größte Drogenfund Malaysias im Mai dieses Jahres bestätigt die Verwicklung Myanmars ins Drogengeschäft: 1,2 Tonnen Crystal Meth wurden als Tee verpackt von Yangon, Myanmar aus per Schiff nach Port Klang bei Kuala Lumpur verschickt, sie haben einen Marktwert von insgesamt 18 Millionen Dollar. Was den Kampf gegen den Meth-Handel so kompliziert macht, ist die Mobilität seiner Produktion. Auch beim Opium waren die Labore zwar mobil, die Mohnfelder allerdings konnten vergleichsweise leicht lokalisiert werden. Die internationale Relevanz des komplexen Problems wird zusätzlich durch die weitere Verbreitung des aus Myanmar kommenden Meths deutlich: Es konnte bisher bis nach Australien, Neuseeland und Japan verfolgt werden. An der neuseeländischen Grenze wurde letztes Jahr Methamphetamin in Rekordhöhe von 418 Kilogramm konfisziert, was einer Steigerung von 2000 Prozent in den letzten fünf Jahren entspricht. Sollte das Problem nicht unter Kontrolle bekommen werden, ist auch eine weitere Ausbreitung – wo auch immer es einen Markt dafür gibt – wahrscheinlich.123
Genau hier ist das nächste Problem zu sehen, die „Belt and Road Initiative“ von Chinas Präsident Xi Jinping. Diese Initiative beinhaltet die weitere Konstruktion von Land- und Seerouten, die durch schnellere, sichere und günstigere Transportwege die globalen Märkte miteinander intensiver vernetzt und so mehr ökonomische Möglichkeiten schafft. Das Gesamtprojekt betrifft mit 65 beteiligten Staaten 62 Prozent der Weltbevölkerung und ca. 35 Prozent der Weltwirtschaft. Der „Silk Road Economic Belt“ verbindet dabei China direkt mit Deutschland und anderen europäischen Ländern. Die geplanten Routen nehmen schnell Form an, doch werden die damit verbundenen, unbeabsichtigten Konsequenzen der engeren regionalen und globalen Vernetzung bisher weitestgehend ignoriert. So werden auch die Vertreiber illegaler Drogen ihre Vorteile aus den neuen, besseren Routen zu ziehen wissen und die vorhandenen Sicherheitslücken nutzen. Damit können neue Drogenmärkte und Versorgungsketten, vor allem im Westen, erschlossen und sogar Transportkosten reduziert werden. Um eine drohende Methamphetamin-Epidemie zu verhindern muss viel mehr getan werden, um diese Risiken zu entschärfen. Insbesondere, da Südostasien seit 2015 Zentral- und Nordamerika als den weltweiten Hotspot für Methamphetamin abgelöst hat. In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres wurde in Myanmar, Indonesien und Malaysia bereits mehr Methamphetamin beschlagnahmt als in der gleichen Region im gesamten Jahr 2017. Die „Belt and Road Initiative“ verbessert also nicht nur den Handel und die Infrastruktur in der Region selbst. Durch den ökonomischen Korridor „China-Zentralasien-Westasien“ rücken China sowie die gesamte südostasiatische Region näher an Europa heran. Damit öffnet die Initiative von Xi Jinping neue, schnelle und vergleichsweise sichere Handelsrouten nicht nur in neue Marktregionen wie Kirgisistan, Usbekistan und Kasachstan, sondern eben auch in das hochprofitable Europa. Die Vereinten Nationen wollen, dass Myanmar die Drogenproblematik auch in Friedens- und Waffenstillstandverhandlungen mit aufnimmt sowie in regionale, politische Diskussionen mit anderen ASEAN Staaten. Diese brauchen dringend eine koordinierte Strategie gegen den Metamphetamin Handel. Falls dies nicht gelingt, wird auch Europa mit hochreinem, billigen Crystal Meth aus Myanmar überschwemmt werden.245
- U.S. News: Myanmar’s Meth Menace; Artikel vom 13.08.2018 [↩] [↩]
- The New Zealand Herald: Methamphetamine made by armed rebels and gangs in Myanmar jungles coming to New Zealand; Artikel vom 09.06.2018 [↩] [↩] [↩]
- Reuters: Malaysians make record bust of crystal meth, shipped from Myanmar; Artikel vom 28.05.2018 [↩]
- Australian Strategic Policy Institute: BRI could be a Silk Road for the drug trade; Artikel vom 28.08.2018 [↩]
- Visual Capitalist: Visualizing China’s Most Ambitious Megaproject; Artikel vom 15.03.2018 [↩]