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Wirtschaftliche Abhängigkeit

Drogenhandel führt zu großen Defiziten an anderer Stelle

(c) Akbargumay | Dreamstime.com
(c) Akbargumay | Dreamstime.com

Die Konzentration einer Volkswirtschaft auf den Drogenhandel kann zu starken Defiziten und Abhängigkeiten an anderer Stelle führen. Der Bereich, der am meisten betroffen ist, ist meist die eigene Nahrungsmittelproduktion. Der Drogenanbau erhöht den Wert an Mangelgütern (z.B. bewässertes Land), was die Preise für diese Güter in die Höhe treibt. Weniger Zugang zu bewässertem Land verringert wiederum den Anbau von Alternativprodukten zu Drogen.

Afghanistan beispielsweise ist aufgrund seines dominierenden Anbaus von Schlafmohn heute auf Nahrungsmittelhilfe aus Pakistan angewiesen. 80 bis 90% der wirtschaftlichen Aktivitäten liegen im informellen und illegalen Sektor. Länder wie Bolivien und Peru hängen fast vollkommen von der Drogenwirtschaft ab. Auch in Myanmar wird aufgrund der hohen Profite der Schlafmohnpflanze der eigene Reisanbau vernachlässigt, so dass teilweise schon internationale Hilfslieferungen für Nahrungsmittel sorgen müssen.

Das Gefängnis San Pedro in La Paz

Gefängnis, Bolivien, La paz, San Pedro
Gefängnis, Bolivien, La paz, San Pedro | Wikimedia Commons

Das berühmt-berüchtigte Gefängnis San Pedro in der bolivianischen Stadt La Paz ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie die Drogenwirtschaft staatliche Institutionen unterwandert und gleichzeitig von ihr abhängig macht. Im Gefängnis selbst wird in großem Stile Kokain produziert, und zwar von den Insassen. Die Wärter sind hochgradig korrupt und die Polizei wagt sich nur noch selten hinein. Nur wer Geld hat, kann sich eine Gefängniszelle leisten und lebt dann nicht einmal schlecht in ihr. Das Geld erwirtschaften die Häftlinge hauptsächlich durch den Verkauf von Kokain. Im Sommer 2013 kündigte die bolivianische Regierung an, das Gefängnis endgültig zu schließen.

Falls das Gefängnis wie angekündigt geschlossen werden würde, ständen einige der Insassen nach ihrer Entlassung ohne Perspektive da. Viele von ihnen besitzen keine Ausbildung und haben in ihrem Leben bisher mit nichts anderem Geld verdient, als mit der Herstellung von Kokain. Hier ist der bolivianische Staat gefragt, dessen Aufgabe es sein muss, die Menschen wieder in die Gesellschaft bzw. das Arbeitsleben zu integrieren.

Am schlimmsten betroffen ist der „kleine“ Bauer

(c) Venelinpetkov | Dreamstime.com
(c) Venelinpetkov | Dreamstime.com

Nicht nur die Volkswirtschaft eines Landes ist durch den Drogenanbau belastet, sondern immer auch der einzelne Produzent, das heißt der Kleinbauer, der am unteren Ende der Wertschöpfungskette steht und seinen Lebensunterhalt komplett mit dem Anbau von Drogenpflanzen bestreitet. Er gerät in eine immer größere Abhängigkeit zu den Zwischenhändlern und geht dabei ein immer größeres Risiko der plötzlichen Armut ein. Die Kleinbauern erhalten in der Regel nur die Hälfte des Produktpreises als Vorleistung und übernehmen somit das komplette Risiko für Ernteausfall oder Eradikation. Die Kokabauern Perus mussten Mitte der 1990er Jahre erleben, wie sich die einseitige Abhängigkeit von einem fragilen und illegalen Exportmarkt auswirken kann. Preise brachen zusammen, Kokafelder wurden in großem Stil aufgegeben, es kam zu einem historischen Rückgang der Kokaproduktion von rund 50%. Die plötzlichen Einkommensverluste für die betroffenen Menschen waren enorm. Diese gingen in ihrer Verzweiflung teilweise dazu über, tropische Wälder abzuholzen, da der Verkauf des Holzes eine der wenigen Aktivitäten darstellte, die unmittelbar Einkommen versprachen.

Wiederaufbau durch Drogengeld

Ralf-André Lettau - Wikimedia Commons
Ralf-André Lettau – Wikimedia Commons

Oftmals ruht die scheinbar einzige Hoffnung eines Landes auf dem Drogengeld, das den Wiederaufbau finanzieren könnte. Als Beispiel hierfür kann Myanmar gelten, dessen Städte durch Bauunternehmer, die gleichzeitig auch bekannte Drogenbosse sind, aufgebaut werden. Noch funktioniert dort die Symbiose: Die Drogenhändler nutzen die Bauprojekte, um ihr Geld zu waschen und die Regierung profitiert von den Steuern und dem neuen Glanz der Städte.

Die Zukunft des Landes wird jedoch weniger glanzvoll aussehen. Ausländische und zahlungskräftige Investoren werden dieses unbeständige Fundament der Städte meiden. Zu sehr ist das Drogengeld mit Gewalt und Gesetzlosigkeit verknüpft. Zudem wirkt sich die Abhängigkeit von kriminellen Unternehmen auch negativ auf den Demokratisierungsprozess aus. Ohne Korruption von hochrangigen Beamten ist Drogenhandel nicht möglich und auch Menschen- und Freiheitsrechte haben keinen Platz in einer solchen Umgebung.

 

Quellen:

SWP-Studie: Afghanistans Drogenkarriere – Von der Kriegs- zur Drogenökonomie

Friedrich-Ebert-Stiftung: Drogengeschäfte – Zur Entwicklung der internationalen Drogenmärkte

Palaung Women’s Organization: Poisoned Hills

Latinapress: Bolivien schließt größtes Gefängnis des Landes

New York Times: Profits of Drug Trade Drive Economic Boom in Myanmar

 

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