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Korruption und Klientelismus

Ohne Korruption kein Drogenhandel

(c) Meryll | Dreamstime.com
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In nahezu jedem Land, in dem im großen Stil Drogen hergestellt werden, ist die Korruption weit fortgeschritten. Ohne die Zahlung von Bestechungsgeldern kann das organisierte Verbrechen die für seinen Geschäftserfolg unverzichtbare informelle Infrastruktur nicht etablieren und aufrechterhalten. Die Spannbreite der Kooperationsformen mit den Drogenhändlern reicht vom Wegsehen über unterstützende Tätigkeiten bis hin zu aktiver Beteiligung. Aufgrund ihrer finanziellen Mittel können Drogenhändler Mitarbeiter von Polizei, Justiz sowie politische Amtsträger bestechen und so ein Netzwerk aufbauen, das einen möglichst störungsfreien Ablauf der kriminellen Aktivitäten gewährleistet.

Wer war zuerst da? Die Henne oder das Ei?

(c) Vladimirs | Dreamstime.com
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Die Korruption ist eine unbedingt notwendige Voraussetzung für die Entstehung einer Drogenwirtschaft. Es ist jedoch schwierig festzustellen, ob die kriminelle Energie der Drogenökonomie erst zur Entstehung von korrupten Strukturen geführt hat, oder ob diese bereits vorhanden waren. Ohne Frage verschärft die Drogenwirtschaft die Korruption in einem Land. Eine gewisse Anfälligkeit bzw. ähnliche Voraussetzungen müssen aber zuvor schon vorhanden sein. Bereits schwache und korrupte Institutionen werden noch weiter ausgehöhlt. Eine Anfälligkeit kann verschiedene Gründe haben: In Mexiko z.B. zeichnet sich der Polizeiapparat durch mangelnde Eignungstests, schlechte Ausbildung, geringe Fortbildungsmöglichkeiten und vor allem miserable Bezahlung der unteren und mittleren Dienstgrade aus. Letzteres ist besonders gravierend, da der Polizeiberuf in vielen Staaten deutlich mehr Gefahr für Leib und Leben bedeutet als beispielsweise hierzulande. So ist die Versuchung, weitere Zuwendungen anzunehmen dort ungleich höher. Hinzu kommen fehlende Rechenschaftspflichten der Polizeibehörden, ineffiziente Aufsichts- und Kontrollinstanzen, mangelnde technische Ausstattung vieler Dienststellen sowie die dezentrale Organisationsstruktur der mexikanischen Polizei. Diese Zustände lassen sich größtenteils auf andere Staaten übertragen, in denen Drogen hergestellt werden.

Cali, einst die korrupteste Stadt Kolumbiens

Auch in Kolumbien hätte das Drogengeschäft ohne Verbündete aus dem gegnerischen Lager von Recht und Ordnung kaum solche Dimensionen annehmen können. Die Polizei der Stadt Cali, in der das berühmt-berüchtigte Cali-Kartell sitzt, wird als kriminell und im höchsten Grade bestechlich beschrieben. Die Stadt Cali hatte zeitweise extrem großen Einfluss auf die Regierung in Bogota und genoss weitestgehend Immunität.

Der Drogenboss als Robin Hood

(c) Antonbrand | Dreamstime.com
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Ein weiterer Begriff sollte im Zusammenhang mit der Korruption genannt werden, der sogenannte Klientelismus. Ursprünglich aus der Politik stammend bezeichnet Klientelismus den Tausch von Gefälligkeiten, Gütern und Dienstleistungen von Seiten parteipolitischer Führungspersönlichkeiten gegen politische Unterstützung oder Loyalität, etwa in Form von Wahlstimmen, von Seiten der Klienten.

Überträgt man dieses Konzept auf das Verhältnis von Drogenbossen zur Bevölkerung, so lassen sich durchaus Parallelen herstellen. Gerade in lateinamerikanischen Staaten war es in der Vergangenheit üblich, dass sich Drogenbosse das Wohlwollen der Bevölkerung sicherten, um es dem Staat zu erschweren, gegen sie vorzugehen. Pablo Escobar, der berühmte kolumbianische Drogenboss, wird in seiner Heimatstadt Medellín und vor allem in seinem Heimatviertel Envigado wegen seiner „guten Taten“ heute noch als Volksheld verehrt. Escobar ließ sich zum Kongressabgeordneten wählen und finanzierte zahlreiche Sozialprojekte in den Armenvierteln Medellíns. Der Fußballverein Atletíco Nacional in Medellín verdankte seinen Aufstieg vor allem der finanziellen Förderung Escobars. Auch das Cali-Kartell, welches nach Escobars Tod die Hauptrolle in Kolumbiens Drogenwirtschaft übernahm, verschaffte sich durch zahlreiche Investitionen in die Infrastruktur der Stadt soziale Legitimation.

Eine Hand wäscht die andere

(c) Cteconsulting | Dreamstime.com
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Eine weitere gängige Praxis der Drogenhändler in diesem Zusammenhang ist es, den verarmten Bauern Unterstützung anzubieten, meist in Form von Samen, Düngemitteln, Gerätschaft oder schnellen Krediten. Als Gegenleistung müssen die Bauern dann Opium oder Koka anbauen. Hier werden seitens der Drogenhändler gleich zwei Dinge erreicht: Erstens drängt man die Bauern in ein Abhängigkeitsverhältnis und zweitens gewinnt man gegenüber der Regierung wichtige Sympathien, denn deren Unterstützung fällt in vielen Fällen deutlich geringer aus.

 

Quellen:

Hoffman, Karl-Dieter: Regierung kontra Kartelle: Der Drogenkrieg in Mexiko

Das Parlament: Calderóns gescheiterer Feldzug gegen die Drogenkartelle (Seite nicht mehr aufrufbar)

Heinrich Böll Stiftung: Drogen, Dollars, Demokratie

Wikipedia zu Klientelismus

ArticuloZ: Pablo Escobar, el Zar de la Coca (Spanisch)

Zelik, Raul: Der Plan Colombia – Antidrogendiskurse und US-Hegemonialpolitik in der Andenregion

Der Tagesspiegel: Vereinte Nationen kritisieren steigende Heroinlieferungen

 

Roth, Jürgen 2000: Schmutzige Hände. Wie die westlichen Staaten mit der Drogenmafia kooperieren. München: Bertelsmann.

 

 

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