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Afghanistan: Ende und Anfang eines Krieges?

| Bild: © n.v.

Wenn die Soldaten aus mehr als 50 Staaten im Jahre 2014 Afghanistan verlassen und damit der militärische Kampf gegen Al-Qaida und die Taliban ein offizielles Ende finden wird, hat ein anderer Krieg vielleicht gerade erst richtig begonnen. Die Rede ist vom Krieg gegen die Drogen. Wirft man einen Blick auf die Statistiken bezüglich des Drogenanbaus in Afghanistan, lässt sich erkennen, dass diese pessimistische Einschätzung durchaus nicht aus der Luft gegriffen zu sein scheint.

Dem Büro der Vereinten Nationen für Drogen und Kriminalitätsbekämpfung zufolge, wird die Gesamtanbaufläche für Opium im Land auf etwa 130 000 Hektar beziffert, also in etwa die Fläche Berlins. Damit verzeichnete man ein Anwachsen der für Drogenanbau genutzten Flächen um 7 Prozent. Problematisch ist hierbei zusätzlich, dass sich diese Anbauflächen sehr dezentral auf zumeist kleine Felder in den vielen unwegsamen Regionen in den Bergen des Landes verteilen. Verdeutlicht wird diese besorgniserregende Entwicklung gleichsam dadurch, dass die Zahl der afghanischen Provinzen, welche als Opium-frei gelten, im Zeitraum zwischen 2010 und 2011, von 20 auf 17 Staaten gesunken ist, wobei davon ausgegangen wird, dass sich jene Anzahl auch in diesem Jahr weiter verringern wird.

Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken, setzt man von offizieller Seite auf die systematische Vernichtung von Mohnfeldern, die Pflanze deren Blüten schließlich für die Herstellung von Opium verwendet werden, welches wiederum anschließend häufig der Weiterverarbeitung zu Heroin dient. Schätzungen gehen diesbezüglich davon aus, dass etwa zwei Drittel des weltweit vertriebenen Opiums eine afghanische Herkunft aufweist. Doch jenen die sich des Kampfes gegen den Drogenanbau angenommen haben, steht eine Lobby mächtiger Drogenbosse gegenüber.

Die Verstrickungen in das Drogengeschäft lassen sich demzufolge bis hinein in Regierungskreise und die oftmals korrupten Behörden nachvollziehen. So soll beispielsweise selbst der mittlerweile verstorbene Halbbruder des afghanischen Präsidenten Karzai tief in die Drogengeschäfte verwickelt gewesen sein. Dass den in Afghanistan stationierten westlichen Truppen ebenfalls ein erheblicher Anteil an der Entwicklung der Macht der Drogenmafia zuteil wird, zeigt sich z.B. daran, dass sich diese seit Beginn des Krieges 2001 und dem Sturz der Taliban viel zu häufig auf die mächtigen Warlords als Partner zur Sicherung von Stabilität eingelassen haben, welche wiederum große Teile des Geschäfts mit den Drogen kontrollieren.

Auch der Taliban dient insbesondere der Drogenschmuggel und die Zusammenarbeit mit drogenanbauenden Bauern in den abgelegenen Gebieten als sehr einträgliche Einkommensquelle. Die Perspektive des umfassenden Truppenabzuges bis 2014 wirkt in dieser Hinsicht als eine Art Katalysator, da innerhalb der Bevölkerung eine große Unsicherheit darüber herrscht, wohin das Land daraufhin zusteuern wird. In diese Richtung äußert sich gegenüber dem Deutschlandfunk auch ein Experte aus dem Ministerium für Drogenbekämpfung in Kabul: „Da ist eine Menge Unsicherheit. Die Leute sind besorgt, was hier passiert, wenn die Internationalen Truppen sich 2014 zurückziehen. Das heißt, die Menschen versuchen jetzt auch noch schnell ihre Kriegskassen aufzufüllen. Und das bietet sich an. Sie müssen sehen: da geht es um Geschäfte von 1,4 Milliarden Dollar im letzten Jahr.“

Wie man sieht, sind also die Vorzeichen für eine erfolgreiche Eindämmung des Drogenanbaus, der Macht der Drogenmafia und damit für eine eventuelle demokratische Stabilisierung des Landes, nach dem Abzug der Truppen im Jahre 2014 alles andere als rosig. Zumal sich die Drogenproblematik längst als gesellschaftliches Problem erweist, geht man doch davon aus, dass mittlerweile etwa eine Million der knapp 30 Millionen Afghanen nach WHO-Schätzungen in jüngerer Vergangenheit von harten Drogen abhängig geworden sind.

Der Internationalen Gemeinschaft stehen also auch nach dem offiziellen Truppenabzug 2014 große Anstrengungen bevor, dem Problem Herr zu werden. Dementsprechend stellte die USA bereits in diesem Jahr rund 100 Millionen Dollar für den Kampf gegen den Drogenanbau zur Verfügung. Diese sollen als Belohnung jenen Gouverneuren zugute kommen, welche sich erfolgreich für eine Ausrottung des Opiumanbaus innerhalb ihrer Provinzen einsetzen. Hierbei wird der Schaffung von Infrastrukturmaßnahmen im Verkehrsbereich zum Zwecke des Transports alternativer Landwirtschaftsprodukte eine besondere Bedeutung zukommen. Die Unterstützung des Aufbaus von Strukturen des Anbaus herkömmlicher Agrar-Erzeugnisse sieht auch ein Landwirtschaftsexperte der US-Botschaft in Kabul gegenüber dem Deutschlandfunk als wichtigen Erfolgsschlüssel im Kampf gegen die Drogen an: „Das erste ist, dass unmittelbar nach der Vernichtung von Feldern ein Angebot kommt. So wie das Food-Zone Programm, dass wir hier aufgebaut haben, das Bauern alternative Pflanzen zur Verfügung stellt, zum Beispiel Weizen, Tierfutter, Gemüse oder Obst.“

Inwiefern diese Schritte im „Krieg gegen die Drogen“ von Erfolg gekrönt sein werden, oder ob entsprechende Fördergelder wiederum in den unterschiedlichen Nischen eines immer noch korrumpierten Systems versiegen werden, wird wohl erst die weitere Zukunft zeigen.

Link zum Artikel: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hintergrundpolitik/1752289/

 

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