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Türkei: Schließt sich bald das Drogentor zwischen Europa und Asien?

| Bild: © n.v.

Dass Afghanistan mit Abstand weltgrößter Opiumproduzent ist, dürfte vielen bereits bekannt sein. 75% des weltweit gehandelten Heroins soll seinen Ursprung in afghanischem Mohn haben – Tendenz steigend. Berichten der UNODC zufolge wird sich dieser Anteil nämlich wieder auf 90% erhöhen. 1)

Auch die Tatsache, dass eine hohe Anzahl an Menschen in Europa Opioide konsumieren – 26% des weltweit verfügbaren Heroins bzw. 87 Tonnen wurden 2010 in Europa (exklusive Russland) verbraucht – dürfte wohl kaum jemanden überraschen. 2)

Doch wie die Drogen aus Zentralasien nach Europa gelangen, ist vielen nicht bekannt. Die Anzahl an möglichen Wegen ist groß. Hauptstrecke ist hierbei jedoch die sogenannte „Balkanroute“ – etwa 80% des Heroins gelangt so nach Europa. 3)

Besonders die Türkei, Bindeglied zwischen den zwei Kontinenten, spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Geschätzte 95 Tonnen Heroin werden jährlich importiert – 82 Tonnen verlassen das Land dann gleich wieder westwärts. 4) 13 Tonnen gelangten 2010 somit in polizeilichen Besitz. Das sind 16% des global beschlagnahmten Heroins, ein stolzer Wert, mit dem die Türkei weltweit auf Rang 2 liegt 5) – und dabei sank der Wert sogar zum ersten Mal seit 2004. 6)

Aufgrund seiner geographischen Lage ist die Türkei schon seit Langem eines der wichtigsten Transitländer. Insgesamt verlaufen drei verschiedene Schmuggelwege für Heroin durch das Land: Die Balkan-Route, die nördliche Route sowie die östliche Mittelmeerroute. Erstere bleibt jedoch bekanntermaßen primäre Option – über Afghanistan, Pakistan und dem Iran gelangt die Ware in die Türkei. Von dort werden die Rauschmittel – meist bereits fertig produziertes Heroin, seltener unbearbeitetes Rohopium – weiter nach Westeuropa, vereinzelt auch in die Vereinigten Staaten, geschafft. 7)

Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der EU bestätigt das. Noch immer spiele die Balkan-Route eine wichtige Rolle beim Schmuggel illegaler Güter. Die Rolle der Türkei wird hierbei intensiv beleuchtet. „Die Grenzen der Türkei mit der EU bleiben, trotz eines intensiven Fokus auf das Durchsetzen der Vorschriften, verwundbar. Das Land verbindet „zuliefernde“ mit konsumierenden Staaten. Die große Mehrheit des Heroins in der EU durchquert weiterhin die Türkei und wird dabei von türkischen Verbrechergruppen organisiert.“ 8)

Insgesamt gibt es laut Europol 3.600 kriminelle Vereinigungen – 30% davon sind im Drogenmilieu aktiv. Der Heroinmarkt wird von Banden mit türkischem, pakistanischem oder albanischem Hintergrund dominiert. Auch kurdische Drogenhändler scheinen jedoch ihr Machtgebiet in letzter Zeit ausgedehnt zu haben.Ebenso soll die PKK, welche schon seit vielen Jahren einen gewaltsamen Konflikt mit der Türkei führt und dabei auch nicht vor terroristischen Anschlägen auf die Zivilbevlkerung zurückschreckt, vom Heroinhandel finanziell profitieren, wie Hakan Demirbuken von dem UNODC bestätigt. 8)

Die sinkende Anzahl an beschlagnahmtem Heroin gibt jedoch Hoffnung. Im Vergleich zu vielen anderen betroffenen Staaten hat die Regierung bereits aktiv Maßnahmen getroffen – schon längst sind nahezu alle Landesgrenzen mit speziellen Scannern ausgestattet. Auch haben Drogenspürhunde und gut ausgebildete Einsatzkräfte dem Heroinhandel einige Male empfindliche Schläge zufügen können. Bereits jetzt scheinen viele Händler die Türkei meiden zu wollen. Stattdessen soll die Ware über Ostafrika oder direkt von Pakistan bzw. den Vereinigten Arabischen Emiraten via Schiff in die EU gelangen. 8)

Demirbuken mahnt jedoch auch: „Die Türkei kann die Grenzen verstärken […], aber wenn Nachbarn wie Iran und die Balkanstaaten, produzierende Staaten wie Afghanistan oder Destinationsländer in West- und Mitteleuropa nicht genauso viel Druck ausüben, um den Heroinhandel zu stoppen, dann […] wird das nicht viel Erfolg einbringen, weil die Drogenschmuggler dann einfach nur ihre Routen und Transportmethoden ändern.“ 8)

Mehr Informationen finden sie im SOCTA Report 2013 von EUROPOL.

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Afghan Opium Production Up for Third Year Running – The Fix – aufgerufen am 30.05.2013
  2. TOCTA Report 2010 – Heroin – UNODC – PDF-Datei – Seite 111 – 25.04.2013
  3. Handel mit Opium und Heroin – Drogen Macht Welt Schmerz – aufgerufen am 25.04.2013
  4. TOCTA Report 2010 – Heroin – UNODC – PDF-Datei – Seite 110 – 25.04.2013
  5. World Drug Report 2012 – UNODC – PDF-Datei – Seite 29 – aufgerufen am  25.04.2013
  6. World Drug Report 2012 – UNODC – PDF-Datei – Seite 46 – aufgerufen am 25.04.2013
  7. 2012 INCSR: Country Reports – Turkey – US Department of State – aufgerufen am 25.04.2013
  8. Turkey and Balkans battle drug trafficking – SETimes – Link nicht mehr abrufbar