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1000 Tote in neun Jahren: Die blutige Bilanz des Drogenkrieges im Norden Argentiniens

| Bild: © n.v.

Dass Drogenhandel und Gewalt meist in direktem Zusammenhang stehen, ist nicht erst seit den Entwicklungen in Mexiko und den restlichen Ländern Zentralamerikas bekannt. Auch in der Stadt Rosario im Norden Argentiniens hat sich diese Verbindung, wie eine kürzlich erschienene Studie belegt, leider bewahrheitet.

Vor 2004 hatte die Mordrate noch bei etwa 70 Morden pro Jahr gelegen. Diese Zahl hat sich mittlerweile auf circa 160 verdoppelt. Insgesamt wird die Anzahl an in den letzten neun Jahren im Zuge des Rauschgiftschmuggels Getöteten auf mehr als 1.000 beziffert. Fast alle Opfer waren männlich und erst zwischen 18 und 25 Jahre alt. 1)

Schon seit längerer Zeit ist eine signifikante Intensivierung des Drogenhandels in Argentinien zu verzeichnen. Die Provinz Santa Fe, in welcher Rosario liegt, grenzt an Brasilien und Bolivien. Durch die porösen Grenzen strömen so immer größere Mengen an Rauschgift ins Land. Insbesondere die Ruta 34, eine Schnellstraße zwischen Bolivien und Argentinien, gilt als Hauptroute für das geschmuggelte Kokain. Das liegt nicht nur daran, dass sie eine der wichtigsten Verkehrsrouten Argentiniens ist, sondern auch an der quasi nicht vorhandenen Überwachung jener. So lassen sich die drei größten Städte des Landes – Buenos Aires, Córdoba und eben Rosario -, welche knapp die Hälfte der Bevölkerung Argentiniens (und einen noch größeren Anteil des Drogenmarktes) ausmachen, problemlos erreichen. Dadurch hat die Ruta 34 den zynischen Spitznamen „die weiße Straße“ erlangt. 2)

Daher verwundert es nicht, dass sich die Menge an konfisziertem Kokain zwischen 2002 und 2009 verachtfacht hat. 3) Geschätzte 70 Tonnen Kokain durchquerten 2010 insgesamt das Land – eine beeindruckende Zahl, die mittlerweile vermutlich längst weiter gestiegen ist. 4) Insgesamt sollen 1500 verschiedene Drogenrouten nach Argentinien existieren, alleine die Hälfte davon aus Bolivien. Dabei verwenden die Kartelle, welche meist aus Kolumbien, Mexiko, Paraguay und Peru stammen 5), nicht nur die Landroute, sondern schmuggeln auch per Luftweg: 120 Kleinflugzeuge mit einer Kapazität von je 600 Kilogramm sollen dabei helfen, den Kokainbedarf zu decken. Besondere Hindernisse müssen die Banden dabei nicht überwinden, wird die Nordgrenze des Landes doch noch immer nicht per Radar überwacht. 6)

Die daraus entstehenden Folgen lassen sich leicht erraten: Schon seit Jahren wächst der Kokainverbrauch stetig, auch durch neuartige, günstigere Crackdrogen oder die aus Kokainabfällen produzierte Billigdroge „Paco“, welche auf den Markt geworfen werden. All dies resultiert in der mittlerweile zweithöchsten Konsumrate Südamerikas – alleine 25% des in Lateinamerika und der Karibik verkonsumierten Kokains wird in Argentinien verbraucht. 7)

Kurzfristige Verbesserungen sind nicht zu erwarten. Zwar hat die Regierung bereits einige Maßnahmen eingeleitet – letztlich präsentiert sie sich aber noch immer wankelmütig und unentschlossen und tabuisiert vielmehr das Thema.

Hoffen wir dennoch, dass in den nächsten neun Jahren nicht noch einmal 1.000 Menschen sterben müssen, bis endlich Besserung eintritt.

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Drug Violence Cost 1,000 Lives In Northern Argentina: StudyInSight Crime – aufgerufen am 22.07.2013
  2. Ruta 34: Argentina’s ‚White Road‘ of Cocaine Smuggling – InSight Crime – aufgerufen am 22.07.2013
  3. Argentina mantiene un alto consumo de drogas, según un informe de la ONU – Infobae – aufgerufen am 22.07.2013
  4. 2011 INCSR: Country Reports – Afghanistan through Costa Rica – US Department of State – aufgerufen am 22.07.2013
  5. Exil der Drogenbosse: Argentiniens gefährliche Gäste – DiePresse.com – aufgerufen am 22.07.2013
  6. Narcotráfico en Argentina – 26noticias – Link nicht mehr verfügbar
  7. Argentina Cocaine Seizure Highlights Domestic Demand – InSight Crime – aufgerufen am 22.07.2013