Zum Inhalt springen

Kolumbien: Einigung zwischen FARC und Regierung noch möglich?

| Bild: © n.v.

Als „naiven, großherzigen und verwirrten Gringo“ beschreibt die FARC ihre aktuelle politische Geisel, Kevin Scott Sutay. Der ehemalige amerikanische Soldat begab sich auf eine einsame Expedition in den kolumbianischen Dschungel und bereits eine Woche darauf, am 20. Mai, erklärte die FARC, dass sie ihn gefangen genommen hatte. Angeblich geht es Sutay gut. Ihm gefalle der Dschungel und er wolle unbedingt noch einen Jaguar sehen. Seit Längerem wird nun über seine Freilassung geredet, die Umsetzung gestaltet sich allerdings schwierig, weil die kolumbianische Regierung ein medienwirksames Spektakel mit allen Mitteln verhindern will, damit die FARC sich am Ende nicht wieder als edle Humanisten aufspielen können. 1)

Die FARC ist die größte Guerillaorganisation Lateinamerikas, wird aber momentan von der kolumbianischen Regierung mehr und mehr zurückgedrängt. Ziemlich geschwächt war sie nun – nach 50 Jahren der bewaffneten Auseinandersetzungen und mehr als 220.000 Opfern – bereit, sich gemeinsam mit der kolumbianischen Regierung an den Verhandlungstisch zu setzen. Der Friedensprozess dauert nun schon 11 Monate an, steckt aber nach wie vor im zweiten von sechs Verhandlungspunkten fest. Am Ende der mittlerweile 15. Runde gibt es Ergebnisse bezüglich einer Agrarreform und erste Abkommen zur politischen Teilnahme der FARC. Noch ausstehend sind allerdings die Beendigung des bewaffneten Konfliktes, die Lösung des Drogenproblems und die Entschädigung der Opfer. 2)

Vor allem das Drogenthema wird die beiden Verhandlungsgruppen wohl noch länger beschäftigen. So forderte der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos die Vernichtung sämtlicher Drogen, sobald die Guerillas sich aufgelöst hätten sowie eine Beteiligung der FARC am Kampf gegen die Drogen: „If the FARC leaders insist they are not drug dealers, they will have no problem to become the government’s ally in fighting against drugs.” 3)

Die FARC wirft der Regierung jedoch vor, mit ihrem sogenannten „War on Drugs“ die Situation nur noch zu verschlimmern. Kriminalisierung und Repression seien nicht der richtige Weg. Seit Jahren werden ganze Koka-Plantagen mit Glyphosat besprüht, das nicht nur die Pflanzen selbst abtötet, sondern auch den Boden und die Menschen, die damit in Berührung kommen, verseucht. Neben ökologischen und gesundheitlichen Problemen werden vor allem die sozialen Folgen dieser Praktik kritisiert. Viele Bauern in den ländlichen Regionen Kolumbiens sind auf den Kokaanbau angewiesen, um ihr Überleben zu sichern. Deswegen wird von vielen Seiten die Forderung nach würdigen Alternativen zum illegalen Kokaanbau laut, statt den Bauern einfach nur ihre Existenzgrundlage zu nehmen. 4)

Die FARC benennt die Regierung als Verantwortlichen für die Drogenproblematik in Kolumbien. Sie sei schuld für die wahren Gründe, nämlich Armut,  Ungleichheit und Exklusion. 5)

Vor kurzem fand in der kolumbischen Hauptstadt Bogotá ein Forum zu illegalen Drogen statt. Über 2000 Teilnehmer aus sozialen Organisationen, Bewegungen, Stiftungen, Unternehmen, politischen Parteien und Kirchen erarbeiteten bis Anfang Oktober Vorschläge zu den Themen Substitution illegaler Anpflanzungen, Programme für Suchtprävention und öffentliche Gesundheit, die anschließend an die kolumbianische Regierung sowie die FARC weitergegeben wurden. 4)

In der Zwischenzeit wurden die beiden FARC Führer Londoño Echeverry (alias «Timoschenko») und Luciano Marín Arango (alias «Iván Márquez») in Abwesenheit zu je 40 Jahren Haft verurteilt. Diese haben daraufhin jedoch erklärt, dass sie nicht bereit seien, nach Abschluss der Verhandlungen ins Gefängnis zu gehen. 6) Ein weiterer Streitpunkt in einer zunehmend aussichtslos wirkenden Diskussion.

Präsident Santos drängte nun, den Prozess zu beschleunigen. Die Rebellen sollen noch vor Ende des Jahres ihre Waffen niederlegen und es muss zu Einigungen in den wichtigsten Punkten kommen. 7)

Er erklärte außerdem, der Staat könne und wolle bis zu 40.000 demobilisierte FARC Kämpfer wieder in die Gesellschaft integrieren und resozialisieren. 8)

Wenn die Friedensverhandlungen jedoch mit der bisherigen Geschwindigkeit weiter gehen, werden die Regierung und die FARC wohl noch in 5 Jahren am Verhandlungstisch sitzen.

 

“The time for decisions has come. If we come out empty-handed, we will condemn our nation to many more years of bloodshed and pain” (Juan Manuel Santos) 9)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Tages Anzeiger: Die letzte Geisel der Farc
  2. Wikipedia: Diálogos de paz entre el gobierno Santos y las FARC
  3. Global Times: Colombia’s FARC rebels reject president’s UN speech
  4. Portal Amerika 21.de: Forum zu illegalen Drogen in Kolumbien beendet
  5. Fight Back News: FARC welcomes the National Forum on the problem of illicit drugs
  6. Greenpeace Magazin: Farc-Führer erneut in Abwesenheit zu 40 Jahren Haft verurteilt
  7. Press TV: Colombian rebel group, government report modest gain in peace talks
  8. BBC News: Colombia peace talks: Farc points to ‚modest progress‘
  9. Reuters: Colombian president tells U.N. the drug war has not been won

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert