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Die Kinder der Drogenkartelle – Teil 2

| Bild: © n.v.

Ponchis

„El Ponchis“ war 14 Jahre alt als er verhaftet wurde, nachdem ein Kartellmitglied gestand, dass “El Ponchis”, der blutrünstigste von allen war.

“Ich habe vier Personen getötet, ich habe sie enthauptet. Ich habe mich schlecht gefühlt, als ich das gemacht habe. Sie zwangen mich, ansonsten hätten sie mich getötet. Ich habe sie „nur“ enthauptet, aber nie an Brücken gehängt, nie“. Das beichtete “El Ponchis” nach seiner Festnahme mit dem Hinweis auf die von den Narcos oft angewandte Praxis, um Rivalen einzuschüchtern.

Er wurde festgenommen, als er in die USA reisen wollte, um sich mit seiner Stiefmutter zu treffen. Er hatte sich entschieden, nicht mehr bei den „Narcos“ mitzuwirken. Aber seine Pläne wurden durchkreuzt, als er versuchte, die Grenze zu überqueren und die Polizei ihn festnahm.

Die mexikanische Justiz hat ihn zu 3 Jahren Jugendgefängnis verurteilt, wo er bis vor einigen Wochen seiner Strafe absaß.

„El Ponchis“ ist heute 17 Jahre alt und versicherte kürzlich in einem Interview, dass er sich in der Zukunft wie ein guter Mann sieht. Mit diesem Ziel hat er seine Koffer genommen und ist in die USA, wo seine Familie wohnt, umgezogen.

 

Beto

Betos Vorgeschichte beinhaltet 18 Morde, er ist erst 16 Jahre alt.

Rossana Reguillo, Dr. in Sozialwissenschaften, interviewte den jungen Mann, der schon in diesem jungen Alter Zeuge von Tötungen war und selbst zum Mörder wurde.

“Ich hab das Schwein aus dem Laden, seinen Bruder und einen Typen getötet, der mal mit denen unterwegs war und machmal bei uns mitmachte. Um die Wahrheit zu sagen: Ich habe nichts gefühlt. Ich hab sie abgeknallt wie ein Geübter und mein Chef hat nur gelacht und gesagt: «Gut, du bist ja ein harter Kerl Beto» und hat sich bekreuzigt und dabei gesagt «Gott ist mein Hirte». Und ganz ehrlich, ich war zufrieden, dass mein Chef zufrieden war“, erzählte Beto mit einer Selbstverständlichkeit die Angst macht und besorgniserregend ist.

 

Jorge Armando Moreno

Für Jorge Armando Moreno Leos, 13 Jahre alt, hatte die Geschichte ein anderes Ende. Er wurde am 4. Februar 2013, zusammen mit 14 anderen Personen, festgenommen. Während der zwei Tage seines Verhörs wurde er von der Bundespolizei gefoltert.

„Er kam total verprügelt zurück. Er hat mir gesagt, dass die Bundespolizisten ihn in eine Decke eingewickelt, ihn auf den Boden geschmissen und ihn getreten haben. Sie haben oft auf ihn eingetreten, während einer auf seiner Hand stand. Ein anderer hat eine Pistole ergriffen und in der Nähe von seinem Ohr abgefeuert, damit er redete”, sagte die Mutter des Jungen in einem Inteview mit mexikanischen Medien.

Zwei Tage nach seiner Verhaftung ordnete eine Richterin die sofortig Freilassung von Jorge Armando an, denn die mexikanischen Gesetze verbieten die Verhaftung für Personen unter 14 Jahren.

Wenige Tage nach seiner Freilassung würde das Leben von Jorge ein tragisches Ende nehmen.  Am 28. Februar wurde er, neben 5 weiteren Personen, auf einer Landstraße in Zacatecas – seiner Heimat – tot aufgefunden. Sie wurden mit Waffen großen Kalibers erschossen.

Die Mutter des „Auftragskillerkindes“, wie die Medien ihn genannt hatten, versichert, dass Jorge gerade erst vor 2 Monaten beim Drogenkartell „Los Zetas“ mitgearbeitet hatte.

„Er hat auf der Straße Lollis verkauft, als diese Leute (die Zetas) in aufgriffen. Das Kind sagte, dass er mir eine Waschmaschine kaufen würde, dass sie ihm Geld geben werden. Ich habe ihm gesagt „ glaub das nicht Sohn“,  denn er hatte nie Geld bei sich. Sie haben ihm viele Sachen versprochen die nicht gestimmt haben.“

Jorge Armando Morenos Leos, verhaftet unter anderem wegen organisierter Kriminalität und Waffenbesitzes, starb mit nur 13 Jahren. Keine Behörde hat seinen Fall aufgegriffen.

 

“Ich bevorzuge es, jung und reich zu sterben, statt alt und arm wie mein Vater.“

Das ist der Satz den man an einer Wand in den Straßen der Stadt Sinaloa liest. So kurz, so resolut, so wahrhaftig. Er drückt das Ideal aus, dem viele Kinder und  Jugendliche nacheifern, obwohl es sie das Leben kosten könnte.

Die Armut, die versagte Möglichkeit einer besseren Lebensqualität, die Gewalt – innerhalb  und außerhalb der Familie -, das Alleingelassenwerden und  die Ernüchterung sind die Hauptursachen, weshalb ein Minderjähriger sich dafür entscheidet, seine Kindheit bzw. Jugend aufzugeben und sich so dem Geld zuwenden und eine kriminelle Karriere zu beginnen.

Sie werden betört von der Macht und dem Geld, das sie nie hatten, von den Drogen und der Exzentrik, die ihnen als Glück verkauft werden. Sie stehen dem Tod von Angesicht zu Angesicht gegenüber, ohne zu schwanken, aber mit Angst, weil sie wiessen, dass das durchschnittliche Leben für einen Minderjährigen, der für ein Drogenkartell arbeitet, drei Jahre ist: “Ich bevorzuge, jung und reich zu sterben, statt alt und arm wie mein Vater“.

Die Zahlen sind alarmierend: Es gibt zwischen 30 und 50 tausend Kinder und Jugendliche zwischen 9 und 17 Jahren, die auf die ein oder andere Weise in die organisierte Kriminalität verwickelt sind. Dieses Problem bedroht 10 Millionen Mexikaner, die weder studieren bzw. zur Schule gehen, noch arbeiten.

So ist die extreme Armut einer der Hauptgründe, weshalb sich ein Jugendlicher den Drogenkartellen anschließt. Laut einem Bericht des Zentrums für soziale Studien und öffentliche Meinung der Abgeordnetenkammer gibt es eine multidimensionale Armut unter den Jugendlichen. Von den mehr als 36 Millionen Jugendlichen in Mexiko müssen 9 Millionen Hunger leiden und knapp 15 Millionen leben in irgendeiner Form von Armut, berichtet der CENEVAL (Nationaler Rat zur Evaluierung der Politik der sozialen Entwicklung).

In dieser Atmosphäre sind die Jugendlichen leichte Beute für die kriminellen Gruppen, die ihnen neben der „Arbeit“ den ersehnten Sinn der Zugehörigkeit geben.

Auftragskiller, “Halcón” (Beobachter), Drogenverkäufer, Aufseher sind einige „freie Stellen“, die die Drogenkartelle den Minderjährigen anbieten.

Verónica Juárez, Präsidentin der Kommission für Kinderrechte der mexikanischen Abgeordnetenkammer, gibt an, dass die Kinder je nach Alter unterschiedliche Funktionen erfüllen: „Mit 12 Jahren werden sie als Aufseher für sogenannte „Sicherheitshäuser“ und das Beaufsichtigen von Entführungsopfern benutzt. Ab dem 16. Lebensjahr werden sie für schwerwiegendere Aktivitäten wie Entführungen und Ermordungen benutzt.

„Wie viel Geld verdienen die jugendlichen Auftragskiller?“, hat die Journalistin Marta Durán de Huerta ihren anonymen Informanten, der den Kartellen nahesteht, gefragt:

„Die Kleinen:  zwei- oder dreitausend Pesos (zwischen 150 und 200 US Dollar). Ein größeres Kind/Jugendlicher: etwa zehntausend Pesos (800 US Dollar)“, hat er geantwortet.

Ein ungleiches Mexiko, wo tagtäglich extreme Armut und extremer Reichtum aufeinandertreffen,  ein gewalttätiges Mexiko, kriminalisiert und ohne Chance auf Bildung und/oder Arbeit für Jugendliche:  Das ist der geeignete Ort, wo ein Jugendlicher sich von seinen Träumn verabschiedet.

 

BBC Mundo: Los “niños soldados” del narcotráfico en México

emol.Mundo: La dura realidad de los niños sicarios en México: Mandatados para asesinar y torturar

Vivirméxico: Niños sicarios, el problema que México ya no puede esconder – nicht mehr verfügbar

El Toque: México: los niños sicarios – nicht mehr verfügbar

LA RAZÓN.es: Los niños del narcotráfico

 

 

 

 

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