Zum Inhalt springen

Ist die humanitäre Krise an den US-Grenzen selbst verschuldet? (Teil 1)

| Bild: © Peter Kim - Dreamstime.com

Offiziellen Zahlen zufolge stammen knapp 75 Prozent der Jugendlichen und Kinder, die die US-Mexikanische Grenze erreichen, aus Zentralamerika, allen voran Honduras, El Salvador und Guatemala. Viele kommen auch aus Mexiko. Dabei riskieren sie eine qualvolle und gefährliche Reise, auf der sie überfallen, entführt oder von paramilitärischen Gruppen oder der Polizei erschossen werden können. 1)

Die USA sehen sich mit einer humanitären Krise vor ihren Grenzen konfrontiert. Warum flüchten all diese Kinder? Vorurteile und Klischees wie kriminelle Gründe oder der Wunsch, den amerikanischen Traum zu verfolgen, treffen wohl kaum zu. Vielmehr sind die Minderjährigen auf der Flucht vor den verheerenden und gefährlichen Zuständen in ihren Heimatländern, bedingt durch hohe Gewaltraten, Korruption und der allgemeinen Übermacht der Drogenkartelle. Die USA haben bisher 800 Millionen Dollar Sicherheitshilfe in Lateinamerika in Form von unter anderem bilateraler Militär- und Polizeiunterstützung ausgegeben. Ganz offensichtlich hat sich die Lage in Zentralamerika angesichts dieser immensen Summen an Sicherheitshilfe keineswegs verbessert.

Aufgestockt wurden diese in Mexiko und Zentralamerika in der zweiten Amtszeit von George W. Bush. Steigende Fördermittel gingen an regionale Polizeikräfte und Militärtruppen. Als sich der Drogenhandel von der Karibik auf Zentralamerika verlagerte, arbeiteten die USA mit regionalen Regierungen zusammen, was den Beginn eines hoch militarisierten Kampfes gegen Drogen bedeutete. Im Jahr 2008 startete die Bush-Regierung die Mérida Initiative, eine Kooperation, die den mexikanischen und zentralamerikanischen Sicherheitstruppen Ausbildung, Ausrüstung und einen Geheimdienst zuteilte. Vorbild dieses Übereinkommens war das 8 Milliarden Dollar schwere Plan Colombia-Programm aus dem Jahr 1999, was den Masseneinsatz von militärischen Truppen und militarisierten Polizeikräften vorsah, um illegalem Drogenhandel und linksorientierten Guerrilla-Gruppen entgegenzuwirken.

US-Funktionäre stellen Plan Colombia als Erfolg dar. Laut Menschenrechtsgruppen führte das Programm jedoch förmlich zu einem Kollateralschaden. Sie spielen dabei auf die Zwangsvertreibung von geschätzten 5,7 Millionen Kolumbianern, tausende Tötungen und Angriffe auf Gemeindeaktivisten, Gewerkschaftsführern und Journalisten an. Unter Präsident Obama wurde Mérida erneuert und ausgeweitet, einhergehend war dabei die Central American Regional Security Initiative (CARSI). Zwischen 2008 und 2013 erhielt Mérida 2 Milliarden und CARSI 574 Millionen Dollar. Dabei wurden die Fördermittel überwiegend für Drogenbekämpfung und Strafvollzugsbehörden eingesetzt. Infolge des „erfolgreichen“ Modells Plan Colombia wurden weitere Trainingsprogramme von kolumbianischen Sicherheitskräften in Mexiko und Zentralamerika durchgeführt. Laut Menschenrechtsgruppen waren viele Mitglieder dieser Polizei- und Militärkräfte in außergerichtliche Tötungen und Menschenrechtsverletzungen verwickelt. Darüber hinaus sollen transnationale Verbrechensorganisationen zahlreiche Polizei- und Militäreinheiten infiltriert haben.

Tötungsdelikte und Gewaltverbrechen sind in El Salvador, Guatemala und Honduras, Länder die viele CARSI-Fördermittel erhalten haben, stark gestiegen. Diese Länder sind auch bekannt als „Northern Triangle“ und gehören zu den gewalttätigsten Regionen auf der Welt. Bedenklich ist, dass die Mehrheit der U.S.-amerikanischen Sicherheitshilfen für Mexiko und Zentralamerika an Polizei- und Militärkräfte geht, die nur zwei Jahrzehnte zuvor an schrecklichen Tötungen und Folterakten gegen politische Gegner und indigene Gemeinden beteiligt waren. Diese Sicherheitskräfte erfuhren so gut wie keine Reformen seit dieser Zeit, ebenso wurden Staatsbeamte, welche für frühere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich waren, nicht zur Rechenschaft gezogen. Bis heute sind die Staatsorgane insbesondere im „Northern Triangle“ stark korrupt und ineffizient. Lediglich ein kleiner Teil der Gewaltakte, welche von Sicherheitskräften begangen wurden, werden erfolgreich ermittelt und strafrechtlich verfolgt. Tötungen und Übergriffe gegen Frauen, Menschenrechtsaktivisten, Anwälte, Journalisten, Gewerkschaftsführer und politische Oppositionelle sind rasant gestiegen.

Infolgedessen versuchen Menschenrechtsgruppen und US-Kongressabgeordnete gegen die Sicherheitsausgaben vorzugehen. Im Jahr 2012 forderten 94 Mitglieder des Abgeordnetenhauses die komplette Aufhebung der Polizei- und Militärförderungen in Honduras. Laut der Obama-Regierung hielten Länder wie Mexiko und Honduras Menschenrechtsbedingungen jedoch ein. 2)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Buzzflash.com: What Is Causing Humanitarian Youth Crisis on US-Mexican Border? Largely US Neoliberal Policies – zuletzt aufgerufen am 07.07.2014
  2. NACLA: The U.S. Re-militarization of Central America and Mexico – zuletzt aufgerufen am 15.07.2014

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert