In einem Interview mit der konservativen spanischen Zeitung „ABC“ erhebt der ehemalige Chefleibwächter von Hugo Chávez, Leamsy Salazar, schwere Vorwürfe gegen den zweitmächtigsten Mann Venezuelas. Demnach soll der Parlamentspräsident Diosdado Cabello der einflussreichste Drogenboss des Landes sein. Cabello war ein langjähriger Weggefährte von Hugo Chávez und gilt als der größte Gegenspieler von Präsident Nicolás Maduro.1 Im Laufe seiner politischen Karriere hatte er einige der wichtigsten Posten des Landes inne. So war er zum Beispiel Vize-Präsident oder wurde im Jahr 2004 zum Gouverneur von Miranda gewählt. Zudem bekleidete er fast alle möglichen Ministerposten. Vom Innenminister bis Justizminister war alles dabei.2
Auch Cabello nahm die Dienste Salazars, bis zu seiner Flucht in die Vereinigten Staaten im Jahr 2013, wahr. Der hochrangige Offizier floh über Spanien in die USA, wo er in das Zeugenschutzprogramm der US-Drogenkontrollbehörde DEA aufgenommen wurde. Nun wirft der ehemalige Leibwächter Cabello vor, dass er der Chef des größten venezolanischen Drogenkartells mit dem Namen „Los Soles“ (Die Sonnen) sei. Gegenüber der Zeitung „ABC“ konfrontiert er Cabello mit eindeutig belastenden Informationen. So sei er Zeuge geworden, wie der Beschuldigte entsprechende Befehle an Boote weitergab, welche mit Kokain beladen waren. Zudem habe Cabello ihn an Orte geführt, in denen aus den Drogengeschäften stammendes Geld gelagert wurde.3
Der Begriff „Los Soles“ wird verwendet, um die Gruppen innerhalb des Militärs von Venezuela zu beschreiben, die im Drogengeschäft aktiv sind. Demzufolge wird dieses Kartell von hochrangigen Militärs befehligt und bestimmt den Preis für Kokain und beherrscht somit den Drogenmarkt in Venezuela.4 Aktuelle Untersuchungen der internationalen Drogenaufsichtbehörde gehen davon aus, dass diese Organisation pro Woche fünf Tonnen Rauschgift über Venezuela in die USA oder Europa verschifft.5 Das Rauschgiftnetzwerk dieser kriminellen Organisation lässt sich über die libanesische Hisbollah, über Kuba bis zur kolumbianischen „Drogenguerilla“ FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) zurückverfolgen.6
Der Parlamentspräsident selbst bezeichnete die Vorwürfe als Lügen und holt zum Gegenschlag aus. Er wertet die Anschuldigungen als einen Versuch der USA, die Regierung in Venezuela schwächen zu wollen. Des Weiteren wolle er rechtliche Schritte gegen die spanische Zeitung und inländische Zeitungen („Tal Cual“, „El Nacional“ und die Onlinezeitung „La Patilla“), die ebenfalls die Beschuldigungen gegen den Präsidenten des Parlaments veröffentlicht hatten, einleiten.7
Es ist nicht das erste Mal, dass Cabello mit illegalen Geschäften in Verbindung gebracht wird. Im Jahr 2013 wurde ihm vorgeworfen, dass er sich auf Staatskosten bereichert haben soll. Außerdem wurde er mehrmals als einer der korruptesten venezolanischen Politiker bezeichnet. Allerdings liegen noch keine handfesten Beweise vor, die darauf hinweisen, dass Cabello wirklich der Chef des Drogenkartells „Los Soles“ ist. Nichtsdestotrotz bringen diese Anschuldigungen die ohnehin schon angeschlagene Regierung in Caracas unter Druck. Venezuela geht derzeit durch schwierige ökonomische Zeiten und es kommt zu gravierenden Versorgungsengpässen. Hinzu kommt der sich im Fall befindende Ölpreis. Dies lässt die Situation der Regierung noch düsterer erscheinen.8
- Spiegel Online: Top-Politiker in Venezuela unter Verdacht: Drogen, Macht, Verrat – Stand 06.02.2015 [↩]
- Wikipedia: Diosdado Cabello – Stand 06.02.2015 [↩]
- ABC: El jefe de seguridad del número dos del chavista deserta a EE.UU.y le acusa de narcotráfico – Stand 06.02.2015 [↩]
- InSightCrime: Cartel de los Soles – Stand 06.02.2015 [↩]
- Latinapress: Venezuela: Parlamentspräsident soll der mächtigste Drogenboss des Landes sein – Update – Stand 06.02.2015 [↩]
- JungeWelt: Schauermärchen gegen Maduro – Stand 06.02.2015 [↩]
- amerika21: Parlamentspräsident von Venezuela will spanische Zeitung „ABC“ verklagen – Stand 06.02.2015 [↩]
- InSightCrime: Alto funcionario venezolano es acusdo de narcortráfico – Stand 06.02.2015 [↩]