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Suchtstoffkontrollrat rügt Wandel in der Drogenpolitik

| Bild: © n.v.

Seit einer gemeinsamen Übereinkunft nahezu aller Staaten im Jahr 1988 überwacht der Suchtstoffkontrollrat (INCB) mit Sitz in Wien die Einhaltung der Drogenverträge, der sogenannten UNO-Kontrollverträge. Der aus 13 unabhängigen Experten bestehende Rat veröffentlicht dabei immer im Frühjahr einen Jahresbericht, in dem die globale Drogensituation analysiert wird. Auch Empfehlungen für Verbesserungen werden abgegeben.

Welche Trends lassen sich im aktuellen Jahresbericht für Nord-, Süd-, und Zentralamerika feststellen?

Die Marihuana Legalisierung schreitet immer weiter voran. Uruguay, Jamaika, die US-Bundesstaaten Alaska, Colorado und Washington legalisierten Marihuana bereits. Dabei schlagen sie einen liberaleren Weg ein im Vergleich zu den meisten anderen Staaten, die repressiv, auch gegen leichte Drogen, vorgehen. Den INCB stellen diese liberalen Reformen vor ein Problem. Legalisierungen, auch von Marihuana, widersprechen eigentlich den UNO- Kontrollverträgen, die der INCB überwachen soll. Produktion und Verwendungen von Drogen müssen laut Kontrollverträgen auf medizinische und wissenschaftliche Zwecke beschränkt bleiben. Dies ist in Uruguay ebenso wenig der Fall wie in Jamaika oder den genannten US-Bundesstaaten. Der INCB pocht jedoch auf die Einhaltung der Verträge und klagt diese Reformbemühungen im aktuellen Jahresbericht an. 2016 sollen die Vereinbarungen neu verhandelt werden. Bis dahin wird der Suchtstoffkontrollrat auf die Verträge von 1988 bestehen.

Im Bereich der synthetischen Drogen bemerkt der INCB weltweit einen signifikanten Zuwachs. Insbesondere der Handel mit chemischen Ausgangsstoffen zur Herstellung künstlicher Drogen erreichte 2015 einen Höchststand. Zentralamerika gelte dabei als Transitland, ähnlich wie bei pflanzlichen Drogen. Dennoch stellt der INCB fest, dass der Handel mit Ausgangsstoffen zur Herstellung synthetischer Drogen nicht über die Vereinbarung von 1988 abgedeckt ist. Dies wird sich 2016 voraussichtlich ändern.

Ein vergleichbarer Anstieg wie beim Handel mit Ausgangsstoffen für synthetische Drogen lässt sich bei der Crystal Meth Produktion in Mexiko feststellen. Der Handel mit der gefährlichen Designerdroge erreichte 2014 einen Höchststand. Dabei gelte insbesondere die Grenze zwischen USA und Mexiko, wie bei nahezu allen Drogenarten, als besonders frequentiert.

Die steigende Bedeutung synthetischer Drogen geht mit einer schwindenden Bedeutung pflanzlicher Drogen einher. Zwar gelte Lateinamerika, und vor allem Kolumbien, immer noch als wichtige Anbauregion von Koka-Sträuchern, die Weiterverarbeitung der Kokablätter zu Kokain sei allerdings zurückgegangen. Man könnte dies beispielsweise in Peru als Erfolg staatlicher Bemühungen werten, so der Suchtstoffkontrollrat. Entwicklungsprojekte zeigen Bauernfamilien in Peru seit mehreren Jahren sinnvolle Alternativen zum Kokaanbau auf. Staatliche Subventionen helfen Kleinbauern dabei, Produkte wie zum Beispiel Kakao und Kaffee nachhaltig anzubauen und somit eine Lebensgrundlage abseits vom Kokaanbau zu erwirtschaften.

Eine Entwarnung liest sich jedoch anders. Gerade Kolumbien kämpfe weiterhin gegen den nach wie vor intensiven Anbau von Koka und die Produktion von Kokain.

Angebot bestimmt auch in diesem Fall die Nachfrage. Während Kolumbien und Peru als Anbauländer bekannt sind, gelten die mittelamerikanischen Länder als Transitstaaten für Drogenkuriere auf ihrem Weg in die USA.

Doch wie hoch ist eigentlich der Drogenkonsum in Anbauländern selbst und in Lateinamerika generell?

Hier stellt der INCB eine wachsende Nachfrage nach Marihuana fest. Durch seine zentrale Lage auf dem südamerikanischen Kontinent gilt Paraguay als wichtiger Anbau- und Umschlagplatz des Rauschmittels. Mehr als die Hälfte des angebauten Marihuanas in Lateinamerika stammt aus Paraguay. Damit werde vor allem die Nachfrage in Paraguays Nachbarländern Argentinien, Chile und Brasilien bedient.

In Uruguay hingegen kontrolliert seit diesem Jahr der Staat die Marihuana-Produktion, den Handel und den Konsum. Legalisierung im kleinsten südamerikanischen Land. Dem INCB gefällt dies nicht, zumindest nicht bis 2016. Nach Neuverhandlung der Kontrollverträge könnte sich möglicherweise ein Wandel in der Arbeit und den Jahresberichten des INCB ergeben.

insightcrime.org: UN Drog Control Board Scolds Reform in Latin America – Stand 11.3.2015

 

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