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Die Kehrseite der Medaille

| Bild: © n.v.

1971 erklärte US-Präsident Nixon den „War on Drugs“. Drogen sind der Staatsfeind Nummer eins. In reichen Ländern wie Amerika bedeutete das Anti-Drogen-Kampagnen, strenge Gesetze und harte Strafen für kleine Drogendealer und Abhängige. In den armen Ländern folgte die Entwurzelung der Kultur und der Moral auf den „War on Drugs“. Der Drogenkonsum hat in manchen Ländern eine alte Tradition, aber nicht der Drogenmissbrauch. Die Profitgier, die durch den Drogenmarkt entstand, wurde wichtiger als Menschenleben. Diese Entwicklung ist am besten in Mexiko zu sehen. Die Entwicklungsländer versorgen die Industriestaaten mit Heroin und Kokain. Die Anbauregionen werden dadurch zerstört. Felder werden besprüht, damit nichts mehr wächst. Milliarden von Dollar werden in die Ausrüstung und Ausbildung für Sicherheitskräfte gesteckt, die später viele Leben zerstören. Sucht wird in Amerika und Westeuropa zunehmend als Krankheit gesehen. Marihuana wurde in einigen Orten legalisiert. In mehreren Ländern wie Portugal wird der Drogenkonsum nicht mehr als Verbrechen verfolgt.

Zwar entspannt sich auf der einen Seite der Drogenkrieg, andererseits wird er in Gebieten wie in Asien, Russland und dem Nahen Osten angekurbelt. Chinas Präsident forderte wie damals Nixon energische Maßnahmen zur Ausrottung von Drogen. Sein indonesischer Amtskollege hat Drogen für eine nationale Bedrohung erklärt. In Folge wurden sechs Menschen im Januar von der indonesischen Regierung hingerichtet. 1) Trotz internationaler Bitten wurden letzten Monat acht weitere Drogenhändler exekutiert. 2012 warteten 4.000 Afghanen in iranischen Gefängnissen auf ihre Hinrichtung. 2) Die Menschen im Iran versinken immer mehr in einem Drogensumpf. Sie wollen sich der Realität entziehen. Der Iran hat die höchste Rate an Opiatabhängigen weltweit. 3)

Prohibition kommt den kriminellen Banden, korrupten Politikern und Beamten zu gute. Somit haben sie die ausschließliche Kontrolle über ein weltweites Marktvolumen von 300 Milliarden Dollar jährlich. Die neuen „Krieger“ gegen die Rauschgifte haben dieselbe Überzeugung, die auch schon die alten belebte. Der aufrichtige, aber auch falsche Glaube, gegen Drogenhändler und Konsumenten scharf vorgehen zu müssen, sollte nochmals hinterfragt werden. Doch die „Hingabe der Krieger“ wird schwinden, wenn sie die Lehren des gescheiterten „War on Drugs“ verstehen.

Als Peru seine Kokabauern vertrieb, gingen sie nach Kolumbien. Wenn Kolumbien sie vertreibt, kommen sie zurück nach Peru. Nachdem die Kokain-Handelsroute über die Karibik verschlossen wurde, öffnete sich eine neue blutige Handelsroute in Mexiko. Durch große Beschlagnahmungen von Drogen suchen Süchtige in der Zwischenzeit Alternativen für ihren Rausch, welche oft viel gefährlicher sind. Wenn saubere Nadeln schwer zu ergattern sind, nimmt man eben die dreckigen Nadeln und infiziert sich mit Hepatitis und HIV. Der Drogenkrieg verwandelte lateinamerikanische Kartelle in Banden von sadistischen, gut finanzierten Mördern, deren Einfluss bis in die Kreise von Regierungen, Sicherheitskräften, Justiz und Gefängnissen reicht.

Diejenigen, die sich auf den nächsten Drogenkrieg vorbereiten, müssen nur in den Westen schauen, um die Auswirkungen zu sehen. Mehr Gewalt und Korruption, mehr HIV/AIDS, vollere Gefängnisse und immer noch die gleiche unendliche Versorgung mit Rauschgiften. Russland versucht seine Nachbarn vom Methadon-Verbot zu überzeugen und spricht dieses Verbot selbst aus. 4) Unterdessen sterben Menschen qualvoll an Schmerzen. Multiple-Sklerose-Patienten und Krebspatienten würde man mit Cannabis ihr Leben erleichtern, doch wird es ihnen verwehrt. 5)

Der Krieg gegen die Drogen ist ein riesiger Misserfolg und die Politiker sollten es einsehen. Sie müssen ehrlich mit dem Elend, das sie verursachen, umgehen. Nur dann sind sie ein gutes Beispiel. Man muss dem Rest der Welt klar machen, dass Drogenabhängige Behandlung brauchen und nicht Gefängnisse. Die Versorgung mit derartigen Substanzen sollte verwaltet werden, nicht unterdrückt.

Nächstes Jahr findet ein UN-Treffen statt, um einen neuen Blick auf die internationalen Anti-Drogen-Abkommen zu werfen. 6) Dies würde ein ausgezeichneter Ort sein, um die gemeinsamen Rauschgiftgesetze neu zu gestalten. Der „War on Drugs“ hat genug Leid und Verwüstung verursacht. Wir sollten aus dieser Geschichte lernen, um diese Tragödie nicht noch einmal zu wiederholen. 7)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Spiegel: Todesstrafe wegen Drogenhandels: Indonesien richtet fünf Ausländer hin– stand: 07.05.2015
  2. The Guardian: UK aid to Iran’s war on drugs has led to rise in hangings, UN warns – stand: 07.05.2015
  3. Welt-Sichten: Drogensucht im islamischen Staat – stand: 07.05.2015
  4. Ukraine Nachrichten: Die Methadon Sackgasse – stand: 07.05.2015
  5. Wikipedia: Cannabis als Medizin – stand: 07.05.2015
  6. International Drug Policy Consortium: UNGASS 2016 – stand: 07.05.2015
  7. Economist: The wars don’t work – stand: 07.05.2015

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