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Mexikos Doppelstandards beim Thema Bürgerrechte

| Bild: © n.v.

Nachdem Mitte September dieses Jahres eine mexikanische Reisegruppe von ägyptischen Sicherheitskräften unter Beschuss genommen wurde und es mehrere Tote gab, sind Mexikos führende Politiker und vor allem Präsident Enrique Peña Nieto außer sich. Die tausenden Toten im eigenen Land werden jedoch mehr oder weniger ignoriert.

Inzwischen ist klar, dass sich die Zahl der mexikanischen Opfer, die bei dem tragischen Vorfall in Ägypten gestorben sind, auf acht erhöht hat. Ägyptische Sicherheitskräfte hielten eine Reisegruppe, die für einen Mahlzeit angehalten hatte, für Terroristen und eröffneten das Feuer. Mit den acht MexikanerInnen kamen auch vier Ägypter um. 1)

Mexikos Präsident forderte umgehend eine Untersuchung, um die Vorfälle restlos aufzuklären. Auch andere mexikanische Politiker äußerten sich in die gleiche Richtung. Mexikos Außenministerin Claudia Ruiz Massiu flog umgehend nach Kairo, um sich persönlich ein Bild der Lage zu machen und Druck auf die ägyptische Regierung auszuüben. Vor ihrem Flug äußerte sie sich wie folgt: „Wir haben es mit einem schrecklichen Verlust von Menschenleben und einer ungerechtfertigten Attacke zu tun, die uns dazu zwingt, den Schutz unserer Bürger zu unserer ersten Priorität zu machen.“ Ironischerweise scheinen jedoch einige mexikanische Leben mehr wert zu sein, als andere.

Denn während die Regierung alle Hebel in Bewegung setzt, um den Vorfall in Ägypten aufzuklären und wahrscheinlich die Schuldigen zur Rechenschaft  ziehen zu wollen, tobt im Land selbst ein Krieg, der in wenigen Jahren hunderttausende Tote und Verschwundene zu verzeichnen hat. Die Regierung – so hat es oft den Anschein – sieht, wenn es um den Schutz der Bürger im eigenen Land geht, gerne einmal weg. 2)

Der aktuell prominenteste Fall ist der von 43 Studenten, die von mexikanischen Polizeibeamten entführt und dann wahrscheinlich von Bandenmitgliedern hingerichtet wurden. Die Rolle des Militärs in diesem Fall ist ebenfalls noch nicht geklärt. 3)  Für die Angehörigen und viele weitere MexikanerInnen ist klar, dass der Staat schuld am Tod der Studenten ist. Der Bericht einer unabhängigen Kommission, der bewiesen hat, dass es Unstimmigkeiten, wenn nicht absichtliche Vertuschungen im Bericht der Regierung gab, bestätigt nur die öffentliche Meinung. 4)

Ähnlich verhält es sich mit dem Tod des Fotografen Rubén Espinosa. Zwar ist schnell ein Verdächtiger festgenommen worden, eine richtige Aufklärung der Morde wird es aber, wie in vielen ähnlichen Fällen, wohl nie geben. Espinosa berichtete kritisch über die Verstrickungen der Politik in Machenschaften der Kartelle. 5) Diese zwei Fälle sind nur die beiden prominentesten dieses Jahres. Sie stehen für die systematische Verstrickung der Politik in kriminelle Aktivitäten und die Gleichgültigkeit, mit der der Tod von Menschen in Mexiko hingenommen wird.

Vielleicht kommt der mexikanischen Regierung der Vorfall in Ägypten gerade recht. Dieser könnte ihr eine Atempause von den inländischen Problemen verschaffen. Mit dem Bericht der unabhängigen Kommission erhielten die Proteste gegen die Lügen der Regierung in Mexiko wieder Auftrieb. Ein kleiner außenpolitischer Skandal wäre genau das Richtige, um den Fokus von den eigenen Menschenrechtsverletzungen abzuwenden, und erneut zu vertuschen, dass man es mit dem Schutz des Lebens der eigenen Bürger nicht so ernst nimmt, wie man eigentlich vorgibt.

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. CNN Online: 8 Mexican tourists, mistaken for terrorists, killed in Egypt – zuletzt aufgerufen am 23.09.15
  2. The Guardian Online: Mexico is outraged over citizens killed in Egypt but ignores the dead at home – zuletzt aufgerufen am 23.09.15
  3. Yahoo News: Army’s role questioned in missing Mexican students case – zuletzt aufgerufen am 23.09.15
  4. Spiegel Online: Untersuchungsbericht zu verschwundenen Studenten: Die Lügen der mexikanischen Regierung – zuletzt aufgerufen am 23.09.15
  5. Faz Online: Journalistenmorde in Mexiko- Aufklärung unwahrscheinlich – zuletzt aufgerufen am 23.09.15

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