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Iran: Drogenhändler werden gnadenlos hingerichtet

| Bild: © n.v.

Am Ende blieb keiner übrig. Im Februar  wurden in der Provinz Sistan und Belutschistan alle Männer eines Dorfes für ihre Verwicklungen in den Drogenhandel hingerichtet. Dabei ließ das zuständige Ministerium offen, um welches Dorf genau es sich handelte. Die iranische Frauen und Familien-Ministerin Shahindokht Molaverdi kritisierte das brutale Vorgehen scharf: „Die Kinder der hingerichteten Kriminellen sind schon jetzt in den Drogenhandel verwickelt. Sie wollen den Tod ihrer Väter rächen. Gleichzeitig ernähren sie ihre Familien mit dem Geld aus dem Drogengeschäft, die Bürger dieses Ortes können nicht geschützt werden.”  1)

Wenn es um Drogen geht, unterscheidet sich die Situation im Iran grundsätzlich von der in Europa. Das ehemalige Perserreich hat eine mehr als 900 Kilometer lange Grenze zu Afghanistan und ist eines der wichtigsten Transitländer für Opium und Heroin. Der Schmuggelweg über Afghanistan, Iran, Türkei und Europa nennt sich „Balkanroute“, wie bei den Flüchtlingen. 80 Prozent des Heroins gelangt auf diese Weise nach Europa.  2)

In Zusammenarbeit mit dem UNODC kämpft die iranische Regierung mit enormen finanziellen Mitteln schon seit Jahrzehnten gegen den Drogenschmuggel an und wird dafür von der UNODC gelobt: „Der Iran hat über die Jahre eine der wirksamsten Anti-Drogen-Kampagnen in der Region aufgebaut. Das Land investiert jedes Jahr Millionen Dollar in die Kontrolle der Grenzen zu Afghanistan und Pakistan und den Bau von Sperranlagen. Das Landesbüro der UNO-Drogenbehörde hat die nationale Drogenbekämpfung und die Grenzsicherung mit vielen – auch internationalen – Initiativen unterstützt.“  3)

Dass die Allgegenwärtigkeit von Heroin und anderen Drogen das Land dennoch beherrscht, zeigen die Zahlen: Nach Angaben der iranischen Drogenkontrollbehörde sind seit der Islamischen Revolution zum Ende der siebziger Jahre mehr als 3.700 Polizisten im Kampf gegen den Drogenhandel getötet worden. Zudem sollen mindestens 1,5 bis 3 Millionen Iraner abhängig sein. Bei etwa 77 Millionen Iranern macht das zwei bis vier Prozent der Bevölkerung. Es scheint, als begünstige der Schmuggel den Weg in die Abhängigkeit. Daher möchte Iran unbedingt den Drogenhandel unterbinden und versetzt die Bevölkerung durch regelmäßig ausgeführte Hinrichtungen in Angst und Schrecken.  2)

Das brutale Vorgehen der Polzei in Sistan und Belutschistan ist darauf zurückzuführen, dass die grenznahe Region als Hotspot für den Opiumhandel gilt. Die weitgehend ländlich geprägte Gegend ist infrastrukturell wenig entwickelt, sodass ein Großteil der Bevölkerung auf den Drogenhandel als zusätzliches Einkommen angewiesen ist. Sunnitische Extremistengruppen bedienten sich dieser Situation in den vergangen Jahren zunehmend und nutzten die Region als Rückzugsort.  1)

Aufgrund der doppelten Gefährdung, die aus der Provinz hervorgeht, steigt die Zahl der vollstreckten Hinrichtungen dort in die Höhe. Die iranische Presseagentur für Menschenrechte HRANA geht davon aus, dass unter den jährlich 700 Hinrichtungen die meisten Betroffenen aus der Provinz Sistan und Balutschistan stammen. Neben den Hinrichtungen für Drogenhandel werden im Iran selbst kleine Delikte mit dem Tod bestraft. Menschenrechtler prangern unter anderem auch an, dass  derzeit mindestens 49 Straftäter unter 18 Jahren im Todestrakt auf ihre Hinrichtung warten. 4)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. euronews.com: Iran: Alle Männer eines Dorfes wegen Drogenhandel hingerichtet – Artikel vom 25. Februar 2016
  2. deutschlandfunk.de: Süchtig in Teheran – unterwegs mit der Drogenhilfe – Artikel vom 16. Juni 2016
  3. unodc.org: History and Achievements – Stand: 27. Juni 2016
  4. amnesty.ch: Weniger Hinrichtungen, mehr Todesurteile – Artikel vom 1. April 2015

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