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„Narco estado NO VA“ – Die Peruaner kämpfen gegen den Narko-Staat

| Bild: © n.v.

Nach tagelangem Kopf-an Kopf-Rennen steht der Gewinner der peruanischen Präsidentschaftswahlen fest: der neoliberale Wirtschaftsexperte Pedro Pablo Kuczynski hat das Rennen gemacht. Das Ergebnis war allerdings mehr als knapp. Mit 50,1 Prozent konnte er sich nur ganz knapp gegen Kontrahentin und Rechtspopulistin Keiko Fujimori durchsetzen, die 49,9 Prozent der Stimmen erreichte. Dabei hatte die Tochter des autoritären Ex-Präsidenten Alberto Fujimori die erste Wahlrunde zunächst gewonnen (40 Prozent der Stimmen), verfehlte aber die absolute Mehrheit. Im Vergleich: Pedro Pablo Kuczynski konnte damals nur 21 Prozent der Stimmen für sich gewinnen. 1) Gewählt wurde der 77-Jährige allerdings eher wegen der Ablehnung auf die Keiko Fujimori  wegen verschiedener Skandale in der Bevölkerung stieß, als wegen seines überzeugenden Parteiprogramms. 2)

 

Im Vorfeld der Wahlen am vergangen Sonntag kam es vor allem in der Hauptstadt Lima immer wieder zu massiven Protesten von Studenten, Gewerkschaften und Politikern. Vor allem ging es dabei um die Furcht vor dem Entstehen eines Narko-Staates, im Falle des Wahlsiegs der Partei „Fuerza Popular“ der Präsidentschaftskandidatin Keiko Fujimori. Deren Vater war von 1990 bis 2000 Präsident des Andenlandes und ist durch seinen autoritären Führungsstil sowie schwere Korruptionsskandale und Menschenrechtsverletzungen in Missgunst gefallen. 3) Das peruanische Volk hat sein Erbe allerdings noch nicht vergessen: Die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Veronika Mendoza, die ebenfalls an den Protesten teilnahm, erklärte: „Ein Großteil der Bevölkerung ist heute hier präsent um zu zeigen, dass wir es ablehnen von Korruption, Narkos, Kriminalität und Gewalt beherrscht zu werden. Genau dafür steht jedoch die Kandidatur von Keiko Fujimori.“ 3)

 

Peru zählt mit 42.900 Hektar Kokaplantagen neben Kolumbien zum größten Koka- und Kokain-Produzenten weltweit. 4) Das Geschäft mit den Drogen und die Politik voneinander fern zu halten ist dabei quasi unmöglich. Für die Drogenbosse ist die Finanzierung von Wahlkampagnen und Politikern das perfekte Geschäft. Sie erkaufen sich dadurch politischen Schutz. „Narkos mischen sich in die Politik ein, weil sie dadurch Immunität erlangen und sich vor Untersuchungsverfahren schützen können. Erst durch politischen Schutz wird die Arbeit mit den Drogen ermöglicht.“, 5) erläuterte der Soziologe Jaime Antezana. Dieser deckte mithilfe einer einjährigen Studie auf, dass über 50 Kandidaten in regionalen und nationalen Wahlen Verbindungen zu Kartellen oder Narkos halten würden. Die sogenannten „Narko-Kandidaten“ seien Politiker, die sich finanziell durch Drogenbosse unterstützen ließen. Es gebe aber auch einige Narkos, sie sich selbst als Kandidaten aufstellen lassen würden. Allein in der Partei „Fuerza Popular“ der Präsidentschaftskandidatin Keiko Fujimori konnte der Wissenschaftler 17 Narko-Kandidaten ausmachen: 11 davon verwickelt in Geldwäsche, sechs mit direkten Verbindungen zu den Narcos. 5) Der Skandal um Generalsekretär Joaquín Ramírez, und die Abgeordneten Luis Calle, Marita Herrera, Karina Beteta, Modesto Figueroa, Juan Almonacid, Wuilian Monterola, die der Geldwäsche angeklagt wurden, machte sich im öffentlichen Bewusstsein breit. Die Partei gelang dadurch zu dem fragwürdigen Ruf, stark mit den Narkos verbunden zu sein. 6) Auch der Skandal um Fujimoris Bruder Kenji, in dessen Firma Sicherheitskräfte 2013 über 91 Kilo Kokain fanden, verstärkte diesen Ruf zusätzlich. Die Bevölkerung fürchtete nur umso mehr, dass die Stimme für die „Fuerza Popular“ gleichzeitig einen Narko-Staat begünstigen würde. 7)

 

Letztlich hat Pedro Pablo Kuczynski die Wahl also für sich entscheiden können und kündigte ein hartes Vorgehen gegen die Drogen an. Das grundsätzlich Problem bleibt allerdings bestehen: Die Bedeutung des Kokains-Gelds für die öffentlichen Institutionen. „Jeder weiß es, doch niemand will es zugeben. Jeder, vom Establishment bis zur Bevölkerung versteht, dass es sich bei Peru um ein Land handelt, in dem Tausende, wenn nicht bis zu 2 Millionen Menschen auf irgendeine Art und Weise vom Drogenhandel leben.“, so Antezana. 4)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Süddeutsche Zeitung: Kuczynski wird neuer Präsident Perus; 10.06.2016
  2. RP: Ein deutschstämmiger Technokrat wird Perus Präsident; 10.06.2016
  3. International Business Times:Peru: Protests in Lima against ex-president’s daughter Keiko Fujimori standing for election; 01.06.2016
  4. Vice: Peru’s Booming Cocaine Business Is Turning It Into Latin America’s Newest Narco State; 09.02.2016
  5. TeleSur: Peru: Presidential Candidates Linked to Cocaine Trafficking; 04.03.2016
  6. Diario Uno: Aún hay esperanza para frenar al narcoestado; nicht mehr verfügbar
  7. El Pais: El narco y el lavado surcan el debate presidencial en Perú; 30.05.2016

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