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| Bild: © n.v.

Drogenstaat Indonesien: Hinrichtung vier weiterer „Drogenverbrecher“

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Vor wenigen Stunden sind in Indonesien vier verurteilte Drogenkriminelle von einem Erschießungskommando hingerichtet worden. Die Exekution weiterer zehn Gefangener steht kurz bevor. Indonesien ist eines von 33 Ländern, dass Drogenverbrechen mit der Todesstrafe ahndet. Dieses Strafmaß wird nicht nur von zahlreichen Menschenrechtsorganisationen verurteilt, es verstößt auch gegen das Völkerrecht.1

Indonesien kann seine Außengrenzen als Inselstaat kaum kontrollieren. Deswegen fällt es Drogenkartellen weitgehend leicht, Suchtmittel durch das Land zu schmuggeln. Die Herstellung von Designerdrogen in abgelegenen Landteilen boomt. Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge konsumieren über fünf Millionen Indonesier Drogen. Jeden Tag sterben durchschnittlich 50 Menschen an den Folgen des Rauschmittelkonsums. Die beliebtesten Drogen in Indonesien sind Cannabis und Heroin. Aber auch synthetische Drogen werden im großen Stil in das Land geschmuggelt. Laut dem UN-Drogenbericht wurden 2013 über zwei Tonnen Methamphetamine von Behörden sichergestellt. Eines der Drogenzentren ist das touristische Bali. Von dort aus werden große Mengen Drogen nach Australien exportiert. Hochrangige Kartellmitglieder sind für die indonesische Regierung kaum fassbar. Sie benutzen meist einfache Menschen als Drogenkuriere und Dealer.2

Im Krieg gegen die Drogen kämpfen indonesische Behörden kompromisslos. So erklärt sich auch die hohe Zahl an wegen Verbindungen zu Drogennetzwerken hingerichteten Gefangenen. Einer Datenerhebung des „Harm Reduction International“-Institutes (HRI) nach kann die Todesstrafe in Indonesien und mindestens 32 weiteren Ländern verhängt werden, wenn Angeklagte sich für Drogenverbrechen verantworten müssen. In mindestens zehn Staaten ist die Hinrichtung verurteilter Drogenkrimineller sogar obligatorisch. Im Jahr 2013 wurden mehr als 549 Menschen wegen Drogenverbrechen exekutiert. Im letzten Jahr saßen beinahe 900 Drogenkriminelle in Malaysia, Indonesien, Thailand und Pakistan im Todestrakt. Hinzu kommen noch die Verurteilten in China, Iran und Vietnam, über die es keine offiziellen Zahlen gibt. Angenommen wird aber, dass es mehrere hundert Todestraktinsassen sind.3

Indonesiens Präsident Joko Widodo hält weiter an der Todesstrafe fest.
(c) uyeah (CC BY 2.0)Flickr

Die indonesischen Behörden betonen immer wieder, dass Insassen des Todestraktes vor dem Obersten Gerichtshof in Berufung gehen und dem Präsidenten Joko Widodo ein Gnadengesuch vorlegen können. Dennoch wurden bereits Verdächtige verurteilt und hingerichtet, bei denen die Schuldfrage noch nicht eindeutig geklärt war. Einer der vor wenigen Stunden exekutierten Drogenschmuggler war der aus Nigeria stammende Humphrey Jefferson Ejike. Seinen Anwälten zufolge war die Anwendung der Todesstrafe in seinem Fall nicht gerechtfertigt. „Es gibt eine starke Beweislage dafür, dass er gefoltert wurde und kein faires Verfahren bekommen hat. In der Entscheidung des Gerichts kann man Rassismus erkennen“, gab Raynov Tumorang bekannt, der für den Rechtsbeistand des Nigerianers gearbeitet hatte.1 Auch Amnesty International zufolge wurden bei den Prozessen Geständnisse in die Beweisliste aufgenommen, die unter Folter und Androhung von sexueller Gewalt erzwungen worden waren. Ebenso war die Hinrichtung aller 14 Verurteilten für den heutigen Tag angesetzt worden, bevor die Behörden alle Gnadengesuche bearbeitet hatten. Eines dieser Gesuche war von Humphrey Ejike gestellt worden. Laut Amnesty hatte ein anderer Gefangener den Nigerianer mit seinem Geständnis sogar entlastet. Dieses sei vor Gericht aber nicht als Beweismittel zugelassen worden.4

Wenngleich die indonesische Regierung die Anwendung der Todesstrafe für Drogendelikte als angemessen und mit internationalem Recht vereinbar erachtet, verstößt dieses Strafmaß gegen das Völkerrecht. Demnach darf die Todesstrafe nur bei den „schwersten Verbrechen“ angewandt werden.4 „Die Todesstrafe ist nur dann mit dem internationalen Recht vereinbar, wenn sie für die ‚allerschwersten Verbrechen‘ verhängt wird. Und das sind die, die absichtliche Tötung beinhalten“, erklärte der UN-Generalsekretär Ban-Ki-moon.1 Regierungen wie die indonesische sehen in dem harten Vorgehen gegen Drogenschmuggel den einzigen Weg, um dem organisierten Verbrechen Einhalt zu gebieten. Der Einsatz der Todesstrafe hat im Kampf gegen die Drogen allerdings nachweislich keine positive Wirkung. Eine Amnesty International-Expertin für Todesstrafe drückt es folgendermaßen aus: „Es ist erschütternd, dass so viele Staaten nach wie vor an dem irreführenden Konzept festhalten, dass man Drogensucht oder Kriminalität bekämpfen kann, indem man Menschen tötet. Die Todesstrafe hilft weder bei der Bekämpfung von Kriminalität, noch bei der Unterstützung und Behandlung suchtkranker Menschen“.5

  1. CNN: Indonesia executes four convicted drug offenders; 29. Juli 2016 [] [] []
  2. Deutsche Welle: Indonesien: Drehscheibe für den Drogenhandel; 11. April 2016 []
  3. HRI: Joint Statement: The death penalty for drug-related offences; 09. Dezember 2015 []
  4. Amnesty International: Indonesia: Jokowi should not become the most prolific executioner in recent history; 18. Juli 2016 [] []
  5. Amnesty International: Todesurteile wegen Drogendelikten; 08. Oktober 2015 []

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