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Nach Kolumbiens Friedensvertrag: Amazonasmafia kämpft um Nachfolge der FARC

Alleine im Februar wurden am Hamburger Hafen 700 Kilo Kokain beschlagnahmt, 360 Kilo wurden an der englischen Küste angeschwemmt – die Kokainausfuhr aus Kolumbien, Brasilien und Peru boomt. Der Friedensvertrag der kolumbianischen Regierung sollte Frieden bringen, doch die Kokainnachfrage und -Produktion lässt nicht nach und so kämpfen nun Mafiagruppen aus dem brasilianischen Amazonasgebiet um die zukünftig führende Position im Drogenhandel in einem brutalen Bandenkrieg. Europa, Afrika und Asien rutschen immer weiter in den Fokus, nachdem der Handel in die USA durch Trump immer weiter erschwert wird. | Bild: © n.v.

Alleine im Februar wurden am Hamburger Hafen 700 Kilo Kokain beschlagnahmt, 360 Kilo wurden an der englischen Küste angeschwemmt – die Kokainausfuhr aus Kolumbien, Brasilien und Peru boomt. Der Friedensvertrag der kolumbianischen Regierung sollte Frieden bringen, doch die Kokainnachfrage und -Produktion lässt nicht nach und so kämpfen nun Mafiagruppen aus dem brasilianischen Amazonasgebiet um die zukünftig führende Position im Drogenhandel in einem brutalen Bandenkrieg. Europa, Afrika und Asien rutschen immer weiter in den Fokus, nachdem der Handel in die USA durch Trump immer weiter erschwert wird. 1)

Der weltweite Handel mit Drogen wird derzeit im Regenwald Brasiliens neu strukturiert. Bisher kontrollierte die FARC 70 Prozent des südamerikanischen Drogenhandels, nach der Unterzeichnung des Friedensvertrags versuchen nun andere Banden die Leere zu füllen. „Der Abtritt der Farc führt zu einer geopolitischen Neuordnung der Drogenrouten in Südamerika“, erklärt der brasilianische Politologe und Drogenexperte Paulo de Tarso. „Das wird weltweite Verschiebungen im Drogenhandel mit sich bringen.“ Statt kolumbianischer Rebellen erobert jetzt die Mafia den Markt. Das ist möglich, weil die FARC während der Schonfrist der Regierung aufgrund der Verhandlungen ihre Anbauflächen schnell erweitern konnte – als finanzielle Polster oder falls der Vertrag scheitert. Deshalb suchen die Chefs der Koka-Plantagen und Kokainlabore neue Abnehmer und Märkte. 1) 2)

Europa wird ein immer beliebteres Ziel, da der Export in die USA immer unattraktiver wird, zum einen durch Trumps Mauer, andererseits da das Kokain dort im Schnitt nur zur Hälfte des Preises verkauft werden kann. 3) Die meisten Exporte landen im Hamburger Hafen. Die Kämpfe der Amazonasmafia könnten die Ausfuhr von Kokain nach Europa deutlich erhöhen, wodurch die Preise fallen würden. Die europäische Polizeibehörde Europol befürchtet in ihrem neuesten Bericht, dass „Europa zum Transitknoten für Lieferungen werden könnte für expandierende Kokainmärkte in Russland, China und Indien, im Nahen Osten oder in Australien“. 1) 

Durch die geographische Beschaffenheit des Amazonasgebietes ist die Drogenproblematik in diesen Regionen besonders schwer zu überwachen. Das Kokain wird auf Schiffen über die unzähligen Nebenarme des Amazonas transportiert. Ziel der Drogenkuriere ist unter anderem Manaus, eine Metropole im Amazonas mit 2 Millionen Einwohnern. In dem gesamten Gebiet, etwa so groß wie halb Europa, leben nur 25 Millionen Einwohner. Das bietet einen fruchtbaren Boden für die illegalen Geschäfte. Besonders problematisch und schwer kontrollierbar sind vor allem die Stadt Tabatingo, die im Länderdreieck von Peru, Brasilien und Kolumbien liegt oder die dazu nahegelegene 10.000 Kilometer lange Grenze. 1) 2)

Noch ist der Kampf um die führende Position nicht entschieden, vor allem drei Banden bekriegen sich im Moment, unter anderem die PCC. Sie werden als Knastmafias bezeichnet, da ihre führenden Köpfe zwar hinter Gittern sitzen, aber dennoch von dort aus den Drogenhandel organisieren und neue Mitglieder anwerben. Hugo Acero, ehemaliger Sekretär für Sicherheit der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá und heutiger UN-Berater, befürchtet in Brasilien eine ähnliche Entwicklung wie sie schon in Mexico zu beobachten war. „Der Drogenhandel am Amazonas macht aus kleinen unorganisierten Banden in kurzer Zeit perfekt funktionierende Großunternehmen.“, erklärt er.

Braucht Brasilien also eine neue Drogenpolitik? Ja, sagt Ethan Nadelmann von der nordamerikanischen Drug Policy Alliance, man müsse weichere Drogen legalisieren, wie es schon Uruguay getan hatte, anstatt Repression auszuüben und die Gefängnisse weiter zu überfüllen. Die Mordraten in den Provinzen steigern sich, ehemalige Geheimtipps unter Touristen, wie Natal, Salvador, Betem und Maceió, werden immer weiter gemieden. Unter den 30 Städten mit den höchsten Mordraten, befinden sich elf im brasilianischen Amazonasgebiet und im Nordosten. Der Frieden brachte den Konflikt. Statt weniger produziert Kolumbien jetzt sogar mehr Kokain, auch die Gewalt hat nicht abgenommen, sie nahm eher zu – in Kolumbien aber auch in Brasilien. 1)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Wirtschafts Woche: Drogen aus Südamerika; Koks für die Welt; Artikel vom 27.2.17
  2. EU Drugs Markets Report 2016
  3. N24: Donald Trumps Mauer macht Drogen teurer; Artikel vom 24.2.17

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