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Ehemaliger Drogenboss bedroht Korruptionsnetzwerk in Honduras

In Honduras ist Bestechung weit verbreitet. Von korrupten Individuen und Einzeltätern zu sprechen wäre jedoch eine Untertreibung. Eher zutreffend ist, dass Korruption das gängige System und der Modus Operandi im Land ist. Kriminelle Organisationen haben daran einen großen Anteil, da sie Regierungsinstitutionen auf verschiedenen Ebenen korrumpiert haben. Sowohl die Eliten im öffentlichen Bereich als auch die Oberschicht des privaten Sektors haben in den letzten Jahren zunehmend Verbindungen zu den kriminellen Netzwerken, die für Drogen- und Menschenhandel verantwortlich sind, aufgenommen. Unter der Regierungszeit des Präsidenten Juan Orlando Hernández, der 2014 sein Amt antrat, hat sich diese Dynamik weiter verschärft und zugespitzt. Bereits jetzt üben korrupte Beamte und Unternehmer eine überproportional starke Kontrolle in der Wirtschaft und Politik aus. Hernández hat es sich aber nun zur Aufgabe gemacht, die Regierungsgewalt in der Exekutive zu konsolidieren. Damit ist es ihm möglich, das engmaschige Netzwerk von Eliten mit Verbindungen zum öffentlichen, privaten und kriminellen Sektor weiter zu stärken. Auch schon vor seiner Regentschaft als Staatsoberhaupt, während seiner Zeit als Präsident des Kongresses, war er verantwortlich für ein „Gesetzgebungsklima“, das den Mitgliedern des Netzwerkes zu Gute kam. | Bild: © n.v.

“Corruption is not a scandal, but the result of the functioning of a system.”

Ehemaliger honduranischer Regierungsbeamter

In Honduras ist Bestechung weit verbreitet. Von korrupten Individuen und Einzeltätern zu sprechen wäre jedoch eine Untertreibung. Eher zutreffend ist, dass Korruption das gängige System und der Modus Operandi im Land ist. 1) Kriminelle Organisationen haben daran einen großen Anteil, da sie Regierungsinstitutionen auf verschiedenen Ebenen korrumpiert haben. Sowohl die Eliten im öffentlichen Bereich als auch die Oberschicht des privaten Sektors haben in den letzten Jahren zunehmend Verbindungen zu den kriminellen Netzwerken, die für Drogen- und Menschenhandel verantwortlich sind, aufgenommen. Unter der Regierungszeit des Präsidenten Juan Orlando Hernández, der 2014 sein Amt antrat, hat sich diese Dynamik weiter verschärft und zugespitzt. Bereits jetzt üben korrupte Beamte und Unternehmer eine überproportional starke Kontrolle in der Wirtschaft und Politik aus. Hernández hat es sich aber nun zur Aufgabe gemacht, die Regierungsgewalt in der Exekutive zu konsolidieren. Damit ist es ihm möglich, das engmaschige Netzwerk von Eliten mit Verbindungen zum öffentlichen, privaten und kriminellen Sektor weiter zu stärken. Auch schon vor seiner Regentschaft als Staatsoberhaupt, während seiner Zeit als Präsident des Kongresses, war er verantwortlich für ein „Gesetzgebungsklima“, das den Mitgliedern des Netzwerkes zu Gute kam.

Das alles kulminiert in einem erhöhten Anstieg des Drogenanbaus im Land. Vor allem die Zunahme von Kokaplantagen ist besorgniserregend. Aufgrund der strategisch guten Lage: der Schmuggelweg von Honduras in die USA ist verhältnismäßig kurz, die steigenden Investitionen kolumbianischer Drogenbanden in Honduras, die schwache Strafverfolgung und Koka als lukrative Alternative für arme Bauern lassen den Kokaanbau und die Kokainproduktion geradezu explodieren. Unterstützend kommt ein korrumpiertes System hinzu, welches die aktuelle Entwicklung weiter fördert. So werden bereits Vermutungen agestellt, ob Honduras droht ein zweites Kolumbien zu werden. 2)

Das korrupte, engmaschige und gut funktionierende Netzwerk aus Politik und Wirtschaft sieht sich nun aber einer signifikanten Bedrohung gegenüber. Der im November 2016 festgenommene Wilter Neptalí Blanco Ruíz, der weiland das Atlantic Kartell geführt hatte, und unlängst in die USA ausgeliefert wurde, erklärte sich am Sonntag bereit, mit der Regierung zusammen zu arbeiten. Er bekannte sich des Drogenhandels schuldig und versprach Informationen über kriminelle Organisationen zu liefern. Blanco konnte in Honduras über ein Jahrzehnt mit Schutz der örtlichen Polizei, des Militärs und der Politiker operieren, wodurch er hervorragende Kenntnisse über die Situation und die korrupten Persönlichkeiten gewann. Aus diesem Grund werden einige schwarze Schafe mit Schauder die Nachricht verfolgt haben, sind sie doch nun nicht länger vor einer Aufdeckung ihrer kriminellen Machenschaften gefeit. Mehr als 35 Politiker und Mitglieder der Sicherheitskräfte werden bereits von US-amerikanischen und honduranischen Geheimdiensten untersucht.

Besonders pikant ist der Bericht des honduranischen Hauptmanns Rodríguez Orellana. Seinen Erzählungen zufolge sammelt die DEA Informationen und Hintergründe über Juan Antonio „Tony“ Hernández. Spannend daran ist, dass es sich dabei um den Bruder des Präsidenten handelt. Noch haben die USA den Fall nicht veröffentlicht, ein Mitarbeiter der US-Botschaft bestätigte aber bereits, er sei für die Ermittlungsbehörden eine Person von besonderem Interesse. Nun gerät erstmalig also auch das nähere Umfeld des Präsidenten unter Verdacht, korrupte Handlanger des Drogenhandels zu sein. Das lässt umgehend Hoffnungen gedeihen, dass die Zeiten unkontrollierter Korruption bald der Historie angehören könnten. Andere Fälle in der Vergangenheit haben aber gezeigt, dass ein einzelner Drogenbaron als Zeuge aller Voraussicht nach kein Ende der kriminellen Aktivitäten hervorrufen wird. Fakt ist aber: Die Untersuchungen kommen für den Präsidenten zu einer Unzeit, da er sich gerade mitten im Wahlkampf befindet, um seine Wiederwahl zu sichern. 3)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. World Affairs Journal: When Corruption Is The Operating System; Artikel vom 30.05.2017
  2. InSightCrime: Are Colombians Spreading the Coca Curse to Honduras?; Artikel vom 13.06.2017
  3. InSightCrime: Honduras Kingpin Pleads Guilty, Sets Stage for Damning Revelations; Artikel vom 03.07.2017

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