Kolumbien: Kriminelle Gruppen nutzen Nationalparks für illegale Aktivitäten – mit katastrophalen ökologischen Folgen

Kolumbien ist eines der an biologischer Vielfalt reichsten Länder der Welt. Der südamerikanische Staat beheimatet eine enorme Artenvielfalt – 10 Prozent der auf der Erde vorkommenden Spezies finden dort ein Zuhause. Die Nähe zum Äquator, die unterschiedlichen Höhenlagen und die abwechslungsreichen klimatischen Bedingungen haben facettenreiche Ökosysteme zur Folge. Von den schneebedeckten Gipfeln der Anden, über den dichten Amazonasregenwald bis hin zu traumhaften Karibikinseln an der Küste hat das Land alles zu bieten. Diese Biodiversität drückt sich nirgendwo besser aus, als in den insgesamt 59 kolumbianischen Nationalparks, die sich auf einer Fläche von mehr als 14 Millionen Hektar im ganzen Land verteilen. Für Flora und Fauna gleichermaßen – und insbesondere bedrohte Arten – bieten sie einen geschützten Raum, eine Art sicheren Hafen. Doch die Harmonie der Natur wird durch eine Vielzahl von kriminellen Gruppen gefährdet, die die Parks als Rückzugsort und für die Durchführung ihrer illegalen Aktivitäten nutzen.123

Kolumbianische Gangs, Guerillas und paramilitärische Gruppen, darunter die ELN, die Urabeños, die EPL und  Dissidenten der FARC, haben in etwa 17 Naturreservaten eine bewaffnete Präsenz. Während Julia Miranda Londoño, die Leiterin der PNN – der Behörde, die alle Nationalparks vernetzt und verwaltet –  zu Bedenken gibt, dass nur vereinzelte Gebiete Besorgnis erregen würden, berichtet die kolumbianische Tageszeitung El Colombiano, dass insgesamt 5,6 Millionen Hektar betroffen seien. Die kriminellen Gruppen nutzen dabei die Abgeschiedenheit zahlreicher Naturräume zu ihrem Vorteil. Speziell die Lage einiger Parks in grenznahen Regionen ist für sie im Zusammenhang mit dem Drogenschmuggel von besonderem Interesse.4

Vor allem aber betreiben die Gangs, Guerillas und Paramilitärs laut Berichten des UNODC auf einer Fläche von fast 8000 Hektar den Anbau von Koka. Seit 2011 sind die Anbauflächen in den Nationalparks um 70 Prozent gewachsen, allein zwischen 2015 und 2016 konnte eine Zunahme um 30 Prozent verzeichnet werden. Es handelt sich hier zwar nur um etwa ein Zwanzigstel der Gesamtanbaufläche in Kolumbien, dennoch ist die Zahl im internationalen Vergleich nicht zu vernachlässigen – sie macht beispielsweise ein Drittel des gesamten Kultivierungsareals in Bolivien, einem weiteren Hauptproduzenten von Koka, aus. Und da es sich bei den UNODC-Angaben um eher niedrig angesetzte Schätzungen handelt, könnte die Dunkelziffer noch viel höher liegen.43

Doch gerade in den Nationalparks hat der Kokaanbau fatale ökologische Folgen. Vor allem die Abholzung von Wäldern, um Nutzflächen zu schaffen, und die Verwendung von Chemikalien bei der Kultivierung der Kokapflanze hätten laut der PNN-Beraterin Elysa de Alcalá schwerwiegende Auswirkungen auf die Ökosysteme. Auch die vielfach im Schutz der abgelegenen Lage aufgebauten Drogenlabore, wo die Kokapaste zum Endprodukt Kokain weiterverarbeitet wird, stellen eine Gefahr für die Parks dar. Hier werden ebenfalls Chemikalien, die Böden und Flüsse erheblich belasten, ohne jedwede Rücksicht auf die Natur eingesetzt.5

Wie in anderen Landesteilen versucht die kolumbianische Regierung, auch in den Nationalparks massiv gegen den Kokaanbau vorzugehen. Die ursprüngliche Planung sah vor, bis Ende letzten Jahres alle Naturreservate vollständig von den Anbauflächen zu befreien, doch dieses Ziel wurde nicht ganz erreicht. Dennoch gaben kolumbianische Behörden bekannt, dass sie 2017 auf einer Fläche von etwa 5500 Hektar Kokasträucher ausgerissen hätten. Problematisch ist allerdings, dass bei der Kokaeradikation in vielen Fällen auch Herbizide wie Glyphosat eingesetzt werden. Dies hat katastrophale Auswirkungen auf Tiere, Insekten und Mikroorganismen, deren Lebensgrundlage durch das von der WHO als wahrscheinlich krebserregend eingestufte Unkrautvernichtungsmittel zerstört wird.467

Zusätzlich haben die kriminellen Gruppen in einigen Parks bei weiteren umweltschädlichen Aktivitäten direkt oder – durch das Erheben von Steuern – indirekt ihre Finger im Spiel. In der östlichen Amazonasregion erbauen verschiedenste Banden auf der Suche nach Rohstoffen wie Coltan oder Wolfram illegale Minen – auf Kosten von Regenwald und Flusstälern. Beim vielfach betriebenen, ebenfalls illegalen Goldabbau werden Zyanid und Quecksilber eingesetzt, was Flüsse verunreinigt und die Gesundheit von Mensch und Tier gleichermaßen belastet. Indigene Gemeinden, die in diesen Gebieten leben und die Flüsse als Trinkwasserquelle nutzen, sind besonders gefährdet. Auch die Holzmafia treibt im großen Stil die Plünderung des Regenwalds voran.43

  1. Wikipedia: Naturparks in Kolumbien; Stand 28.02.18 []
  2. National Geographic: This Country is a Haven for Biodiversity; Artikel vom 27.09.17 []
  3. Earth Island Journal: Illegal Mining, Logging, and Coca Cultivation Are Ravaging Colombia’s National Parks; Artikel vom 29.06.16 [] [] []
  4. InSight Crime: Colombia’s Natural Parks Remain Criminal Safe Havens: Report; Artikel vom 26.02.18 [] [] [] []
  5. Earth Island Journal: Illegal Mining, Logging, and Coca Cultivation Are Ravaging Colombia’s National Parks; Artikel vom 19.06.16 []
  6. The Guardian: Colombia to use glyphosate in cocaine fight again; Artikel vom 19.04.16 []
  7. Süddeutsche Zeitung: Fragen und Antworten zum Streit um Glyphosat; Artikel vom 28.11.17 []

Über David / earthlink

Ich bin David und habe dieses Jahr mein Abi gemacht. Als Bundesfreiwilliger möchte ich mich jetzt für die nächsten Monate bei earthlink engagieren und mehr über entwicklungspolitische Themen erfahren.
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