Der Kampf um das Erbe der FARC weitet sich immer mehr auf Ecuador aus

„Nos faltan tres“ (Uns fehlen drei) –  leider für immer. Ende März wurden drei Journalisten der Tageszeitung „El Comercio“ in der ecuadorianischen Provinz Esmeraldas an der Grenze zu Kolumbien entführt. Die Verhandlungen der ecuadorianischen Regierung mit den Entführern um „Guacho“, einem Dissidenten der FARC, und die Mahnwachen von Freunden sowie Journalisten unter dem Slogan „Nos faltan tres“ erwiesen sich als erfolglos. Mitte April wurden die Journalisten für tot erklärt.1 Und das ist nicht der einzige Vorfall in dem Grenzgebiet zwischen Ecuador und Kolumbien. Kurz nach dem Mord an den drei Journalisten entführte „Guacho“ ein junges unbeteiligtes Paar aus Ecuador.2

Damit steigen die Spannungen an der kolumbianisch-ecuadorianischen Grenze immer weiter an. Seit Anfang des Jahres verschlechtert sich die dortige Sicherheitslage stetig. So wurden bei der Explosion einer Autobombe im Januar 23 Menschen verletzt und im März tötete eine Bombe 20 Soldaten. Zurückzuführen sind die Spannungen auf den Kampf zwischen unterschiedlichen Gruppen von Ex-Guerilleros der FARC, die in dem Grenzgebiet um die Vorherrschaft über die Schmuggelrouten für Kokain ringen. Denn nahe der ecuadorianischen Grenze liegt ein Großteil der kolumbianischen Hauptanbauregionen wie die Bundesstaaten Nariño und Putumayo. 60 Prozent des dort angebauten Kokas wird durch Ecuador geschleust und gelangt vor allem über die Häfen auf den Weltmarkt, also auch nach Europa. Ecuador ist somit ein wichtiges Transitland für den internationalen Drogenhandel, durch den sich auch die FARC finanzierte. In dem Friedensabkommen, das die ehemalige Guerillaorganisation mit der kolumbianischen Regierung im Jahr 2016 schloss, verpflichtete sie sich zwar, sich aus dem Drogenhandel zurückzuziehen. Seitdem versuchen jedoch andere Guerillabewegungen wie die ELN oder die EPL sowie Dissidentengruppen der FARC, beispielsweise der Kreis um Walter Arízala Vernaza alias „Guacho“, das dadurch entstandene Machtvakuum zu füllen und kämpfen um die Kontrolle über die ehemaligen Gebiete und Schmuggelrouten der FARC. Dabei greifen die Gruppen unter anderem auf Entführungen als Mittel der Erpressung zurück.3

Auch nach dem Friedensabkommen und dem Ende der FARC als Guerilla-Bewegung kommt Kolumbien somit nicht zur Ruhe. Aber nicht nur Kolumbien, sondern auch  Ecuador kämpft zunehmend mit dem Erbe der ehemaligen Rebellen, denn der Machtkampf um die Nachfolge der FARC weitet sich immer mehr auf die ecuadorianisch-kolumbianische Grenzregion aus. Ecuadors Ex-Innenminister César Navas begründete die wachsenden Spannungen an der Grenze außerdem mit dem verstärkten, erfolgreichen Vorgehen des ecuadorianischen Staates gegen den Drogenschmuggel und die Dissidentengruppen. Er kündigte weitere militärische Maßnahmen und eine Verstärkung der Sicherheitsvorkehrungen an.1 Zudem bauen der kolumbianische Präsident Juan Santos und Ecuadors neuer Präsident Lenín Moreno ihre Kooperation im Bereich der Sicherheit stetig aus. So schickt Kolumbien beispielsweise 11.000 zusätzliche Soldaten an die Grenze zu Ecuador. Unter Morenos Vorgänger Rafael Correa wäre dies noch nicht möglich gewesen. Denn unter seiner Präsidentschaft war die Beziehung zwischen den beiden Ländern extrem angespannt, insbesondere nachdem Correa in der Tradition von Hugo Chávez bekräftigte, dass die FARC-Rebellen keine Terroristen seien.45

Experten kritisieren jedoch, dass diese Maßnahmen zu spät kämen und die Regierungen es versäumt hätten, rechtzeitig zu handeln.3  Sowohl César Navas als auch der ecuadorianische Verteidigungsminister Patricio Zambrano, denen Versäumnisse im Zusammenhang mit dem Mord an den drei Journalisten und der sich verschlechternden Sicherheitslage vorgeworfen werden, mussten vor zwei Tagen bereits ihren Rücktritt erklären.6

Das Erbe der FARC wirft seine Schatten aber nicht nur auf Ecuador, sondern auch auf dessen ehemaligen Präsidenten. So eröffnete die Staatsanwaltschaft kürzlich Ermittlungen gegen Rafael Correa wegen des Verdachts auf illegale Wahlkampffinanzierung. Laut einem geschützten Zeugen, dessen Videoaussage ein mexikanischer Journalist Präsident Lenín Moreno während eines Interviews präsentierte, soll die FARC Correas Präsidentschaftskampagne im Jahr 2006 finanziell unterstützt haben.7 Kurz vorher kündigte die Staatsanwaltschaft bereits Ermittlungen gegen Correa wegen der angeblichen Manipulation von Schuldenzahlen an. Dabei sollte jedoch nicht in Vergessenheit geraten, dass Lenín Moreno sehr zielstrebig versucht, seit seinem Amtsantritt die Politik seines Vorgängers zu diskreditieren und ihn in Verruf zu bringen. Obwohl die beiden lange Zeit der gleichen linksgerichteten Partei angehörten, rückt Moreno mit seiner Politik immer mehr nach rechts, wie beispielsweise das im Februar durchgeführte Referendum oder sein neuer Wirtschaftsplan zeigen und bemüht sich um eine Emanzipation von Correa.8

  1. Amerika21: Ecuador. Drei Journalisten an Grenze zu Kolumbien entführt; Stand: 30.04.2018 [] []
  2. CNN español: Video muestra a pareja que habría sido secuestrada por alias „Guacho“ en la frontera Ecuador-Colombia; Stand: 30.04.2018 []
  3. CNN español: Qué pasa en la frontera entre Colombia y Ecuador?; Stand: 30.04.2018 [] []
  4. Infodefensa: Colombia despliega 11.000 hombres en su frontera con Ecuador; Stand: 30.04.2018 []
  5. CNN español: De Colombia a Ecuador. La violencia del narcotráfico traspasa fronteras; Stand: 30.04.2018 []
  6. Deutsche Welle: Ecuador. Zwei Minister treten wegen Krise an der Grenze zurück; Stand: 30.04.2018 []
  7. El telégrafo: Fiscalía investigará presunta relación de las FARC con Correa; Stand: 30.04.2018 []
  8. Amerika21: Ermittlungen in Ecuador gegen Correa wegen angeblicher Manipulation von Schuldenzahlen; Stand: 30.04.2018 []

Über Veronica / earthlink

Hallo, ich heiße Veronica und studiere im 7. Semester Deutsch-Französische Politikwissenschaft an der Universität Eichstätt-Ingolstadt. Ich interessiere mich sehr für den Bereich Entwicklungszusammenarbeit und freue mich deshalb, mit meinem Praktikum bei earthlink e.V. einen Einblick in die praktische Arbeit einer entwicklungspolitischen NGO bekommen zu können.
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