Korruption und Drogenhandel haben Venezuela und dessen Gefängnisse fest im Griff

68 Tote – So viele Opfer hat ein Brand in einem Gefängnis in Valencia, einer Stadt im Norden von Venezuela, Ende März gefordert. Und die Tragödie ist nicht die erste ihrer Art. Doch sie führt uns erneut die menschenunwürdigen Zustände, die in den meisten lateinamerikanischen Gefängnissen herrschen, vor Augen.

Auslöser des Brandes war wohl eine Party, die Gefängnisbanden, die sogenannten „pranatos“,  in dem überfüllten Gefängnis veranstalteten. Die Wärter schritten ein, es kam zu einem Kampf und eine Geisel wurde genommen. Um sich zu befreien, setzten die Insassen anschließend Matratzen in Brand, was sich zu einem regelrechten Inferno entwickelte. Die 68 Opfer hatten keine Chance, sie waren eingesperrt und verbrannten in den Flammen oder erstickten.1

Doch der Unfall ist nur einer von vielen. So starben zwischen 1999 und 2015 rund 6600 Insassen in venezolanischen Gefängnissen.2 Denn die Verhältnisse dort sind desaströs und oft Grund für Aufstände und Gewalt. Die Strafanstalten sind hoffnungslos überfüllt, es gibt nicht genug Betten, die sanitären Anlagen sind meist in einem erbärmlichen Zustand und Krankheiten können sich dementsprechend schnell ausbreiten. Laut einem Bericht von Insight Crime werden fast 50.000 Menschen in Gefängnissen festgehalten, die eigentlich für 19.000 Menschen gedacht waren.3  Verschärft wird die Lage durch die aktuelle Krise in Venezuela, welche sich mit dem Verfall der Ölpreise 2014 zuspitzte. So leidet das ölreichste Land der Welt unter Preissteigerungen, Versorgungsengpässen bei Grundnahrungsmitteln, wirtschaftlicher Rezession und einer zunehmenden Staatsverschuldung. Die Gefängnisinsassen sind somit gerade nicht die erste Priorität der Regierung und bekommen die Auswirkungen der Lebensmittelknappheit zu spüren.

Außerdem herrschen wie auch in Brasilien, Mexiko und anderen lateinamerikanischen Staaten in den Gefängnissen die Drogenkartelle. In Venezuela werden die in den Haftanstalten regierenden kriminellen Banden „pranatos“ genannt. Diese kontrollieren den gesamten Gefängnisbetrieb, vom Eingang über den Verkauf von Drogen bis zur Essensausgabe. Mit Hilfe der bestochenen Wärter schleusen sie außerdem Unmengen an Waffen und Drogen sowie andere Schmuggelware in die Gefängnisse.4

Korruption und Drogenhandel haben das Land und dessen Führungsebene somit weiterhin fest im Griff. Vanessa Neumann, Gründerin des Forschungsinstituts Asymmetrica, ist sogar der Meinung, dass „Venezuela von einem Drogenkartell und nicht von einer Regierung geführt wird“.5  Erst kürzlich wurden die Neffen des Präsidenten Nicolás Maduro zu 18 Jahren Haft wegen Drogenschmuggel verurteilt. Laut den USA hätte Maduro sogar davon gewusst und seinen Neffen seine Erlaubnis erteilt.6 Außerdem setzten die Vereinigten Staaten im Februar den venezolanischen Vizepräsidenten El Aissami als Drogenhändler auf ihre schwarze Liste. Er soll im Auftrag des bekannten Drogenbosses Walid Makled García für die Verschiffung der Drogen sowie für die Kontrolle des Flugverkehrs auf einen Stützpunkt der Luftwaffe in Venezuela verantwortlich gewesen sein.7 Auf Grund seiner geographischen Schlüsselposition zwischen Kolumbien und den USA sowie seiner Lage am Meer gehört Venezuela zu den wichtigsten Transitländern für den Drogenschmuggel. Den Kampf gegen die Drogen führt das Land auf eigene Faust, seit es 2005 die Kooperation mit der amerikanischen DEA beendete.

Als Gründe für die Überfüllung der Gefängnisse sind die übermäßige Verwendung der Untersuchungshaft und lange Verzögerungen bei den Gerichtsverfahren zu nennen.  8 Außerdem werden viele der Insassen wegen kleinerer Drogendelikte verurteilt. Zwischen 8 und 20 Jahre betragen die Gefängnisstrafen bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Außerdem kann die Polizei Personen in Besitz von Drogen 8 Tage lang bis zu einer Gerichtsverhandlung festhalten. Während jedoch die Fußsoldaten der Drogenbosse im Gefängnis sitzen, kommen diese meist ungeschoren davon. In letzter Zeit kommen auch immer mehr führende Oppositionelle und Demonstranten gegen die Regierung hinzu. So wurden während der Proteste im letzten Jahr 3.666 Demonstranten festgenommen, rund ein Drittel davon wurde auch verurteilt. 9 Dies zeugt von dem immer autoritärer werdenden Führungsstil des noch amtierenden Präsidenten Nicolás Maduro, der auch kürzlich drei der größten Oppositionsparteien von den Wahlen im Mai ausschloss. Somit stehen seine Chancen, wiedergewählt zu werden, sehr gut und an der Käfighaltung in den Strafanstalten Venezuelas wird sich zukünftig wohl kaum etwas ändern.

  1. El País: Al menos 68 muertos en Venezula al incendiarse unos calabozos de la policía; Stand: 10.04.2018 []
  2. Human Rights Watch: Venezuela; Stand: 10.04.2018 []
  3. Insight Crime: Venezuela Prisons; Stand: 10.04.2018 []
  4. El Nacional: EFE. Las cárceles de Venezuela se sacuden las heridas de un sistema fallido; nicht mehr verfügbar []
  5. El Nacional: Neumann. Venezuela está regida por un cartel de drogas, no por un gobierno; nicht mehr verfügbar []
  6. ABC international: Narcotráfico con la „bendición“ de Nicolás Maduro; Stand: 10.04.2018 []
  7. FAZ: Washington bezichtigt Venezuelas Vizepräsident des Drogenhandels; Stand: 10.04.2018 []
  8. Vereinte Nationen: News in Brief 29 March 2018; Stand: 10.04.2018 []
  9. El Nacional: Foro Penal. 1.147 detenidos en protestas siguen tras las rejas; nicht mehr verfügbar []

Über Veronica / earthlink

Hallo, ich heiße Veronica und studiere im 7. Semester Deutsch-Französische Politikwissenschaft an der Universität Eichstätt-Ingolstadt. Ich interessiere mich sehr für den Bereich Entwicklungszusammenarbeit und freue mich deshalb, mit meinem Praktikum bei earthlink e.V. einen Einblick in die praktische Arbeit einer entwicklungspolitischen NGO bekommen zu können.
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