Zum Inhalt springen

Destabilisierung des Staates

Generell läßt sich sagen, dass sich die Drogenwirtschaft häufig in bereits politisch instabilen Staaten etabliert. Das mag u.a. damit zu tun haben, dass sich unter solchen Bedingungen die staatliche Autorität leichter umgehen bzw. korrumpieren läßt. In den meisten Fällen verschärft die Drogenwirtschaft die instabile Situation weiter.

Je mehr Drogenhandel, desto instabiler der Staat

(c) Sortapundit | Dreamstime.com
(c) Sortapundit | Dreamstime.com

In Afghanistan beispielsweise wurde bereits eine direkte Korrelation zwischen der Drogenproduktion, dem Erstarken der Widerstandsbewegung und der wachsenden innenpolitischen Unsicherheit festgestellt. Des Weiteren hat dort die Opiumökonomie erhebliche negative Auswirkungen auf den Staatsbildungsprozess. Die militanten Rebellengruppen finanzieren sich mit dem Opiumhandel und erschweren dem Staat die Durchsetzung seines Gewaltmonopols. Gerade die Taliban nutzen den Opiumanbau als ihre Haupteinnahmequelle. Nach Angaben des UNODC verdienen die radikalislamischen Rebellen bis zu 100 Millionen Dollar allein aus „Steuern“, die sie von den Opiumbauern erheben. Weitere Einnahmequellen sind Abgaben von Heroin-Laboren und der Drogenexport. Die Herstellung dieser illegalen Suchtstoffe verhindert die Bildung einer starken afghanischen Regierung und erschwert die Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit.

Myanmars innenpolitische Situation wird durch den Drogenhandel zusätzlich verschlechtert

In Myanmar fließt das Geld aus den Einnahmen des Drogenhandels in die Militarisierung des Regimes, welches vor allem in den Gebieten der ethnischen Minderheiten versucht, die Kontrolle zu behalten und die Widerstandsbewegungen zu bekämpfen, anstelle mit diesen zu verhandeln. Die innenpolitischen Verhältnisse werden also noch zusätzlich verschlechtert.

Die amerikanische Intervention in Kolumbien

Colin Powell beim Staatsbesuch in Kolumbien | Quelle: Wikimedia Commons
Colin Powell beim Staatsbesuch in Kolumbien | Quelle: Wikimedia Commons

Eine besonders spezielle Problematik ergab sich durch die von den USA ins Leben gerufene „Andean Regional Initiative“ (Nachfolgeplan des Plan Colombia) in den südamerikanischen Produktionsstaaten für Kokain, vordringlich Kolumbien. Die im Zuge dessen von den USA entsandten militärischen Einheiten, privaten Sicherheitsorganisationen und Söldner nahmen zunehmend Einfluss auf die nationale Politik Kolumbiens. Die damit verbundenen Probleme, wie beispielsweise Gewalt und Korruption, breiteten sich weiter aus oder wanderten in andere Regionen. Durch die Intervention der USA wurden die vorhandenen Probleme noch verschlimmert. Das Vertrauen vieler Kolumbianer in den Staat wurde zunehmend untergraben und dadurch die kolumbianische Gesellschaft fragmentiert und zersplittert. Es kommt zu offenen Konflikten zwischen Kokasträucher anbauenden Farmern und der Regierung, die immer wieder versucht, derartige Anpflanzungen einzudämmen. In Peru und Bolivien haben die Häufigkeit und das Ausmaß der Konflikte zugenommen.

Die Kartelle übernehmen Aufgaben des Staates

Die Drogenanbaugebiete Mittelamerikas befinden sich häufig in Naturschutzgebieten. Sie sind deshalb so beliebt, da die Polizeipräsenz dort sehr gering ist und die ansässige Bevölkerung sehr arm. Die dort lebenden Menschen werden somit leicht zu Komplizen bzw. Angestellten der Drogenhändler. Ganze Gemeinden profitieren vom Geld, das dort im Umflauf ist. Nicht der Staat baut Straßen und Schulen, sondern die Kartelle sind die Auftraggeber. Als die Polizei einrückte, um die Drogen zu beschlagnahmen, hagelte es Proteste aus der Bevölkerung. Hier zerrüttet die Drogenwirtschaft systematisch das Verhältnis zwischen Volk und Staat.

Die Polizei flieht vor der Drogenmafia

In Mexiko haben schon mehrmals ganze Polizeikorps aus Angst vor Entführung, Folter und Mord geschlossen gekündigt. Der Polizeichef in Ciudad Juarez floh, als die Drogenmafia ankündigte, alle 48 Stunden einen Uniformierten zu töten. Eine Gewährleistung der inneren Sicherheit ist an den Brennpunkten kaum noch möglich.

Selbstverteidigungsgruppen bringen den Rechtstaat in Gefahr

(c) Ucebistu | Dreamstime.com
(c) Ucebistu | Dreamstime.com

In Mexiko gibt es seit Anfang 2013 eine zusätzliche beängstigende Entwicklung: Aufgrund der stetig zunehmenden Gewalt im Lande sehen sich immer mehr Bürger genötigt, selbst aktiv zu werden, sich zu Bürgerwehren zusammenzuschließen und eigenständig den Kampf gegen die Drogenkartelle aufzunehmen. Dabei greifen sie selbst zur Waffe und stellen sich der Drogenmafia entgegen. Dass die Drogenkartelle sich dies nicht reaktionslos bieten lassen, versteht sich von selbst, zusätzliche Gewalt ist die Folge.

Bürger, die selbst zur Waffe greifen und Selbstjustiz üben, haben in einem demokratischen Rechtsstaat nichts verloren. Gleichzeitig sind sie aber auch Ausdruck von Frustration über eine Regierung, die nicht mehr fähig ist, ihre Bürger ausreichend vor Kriminalität und Gewalt zu schützen. Bisweilen toleriert die mexikanische Führung derartige Bürgergruppierung. Es kann jedoch langfristig nicht im Sinne von Präsident Pena Nieto sein, dass seine Bevölkerung auf eigene Faust für Recht und Ordnung auf Mexikos Straßen sorgt.

 

Quellen:

Palaung Women´s Organization: Poisoned Flowers – nicht mehr verfügbar

Palaung Women´s Organization: Poisoned Hills

Romero, Cecibel: Naturschutz in Zentralamerika – Drogenkartell bedroht Dschungel

Friesendorf, Cornelius: Drogen, Krieg und Drogenkrieg

Heinrich-Böll-Stiftung: Drogen, Dollars, Demokratie

UNODC: Afghanistan Opium Survey 2010

Ruttig, Thomas: Afghanische Drogenökonomie – In der Opiumhölle

SLE: Drogenbekämpfung und Alternative Entwicklung

SWP-Studie: Afghanistans Dorgenkarriere – Von der Kriegs- zur Drogenökonomie

The Guardian: Mexico: Rise of vigilante groups adds to turmoil over crime gangs

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert