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Venezuela

Regierungsform / Innenpolitische Verhältnisse

Nach dem Tod des von 1999 bis 2013 regierenden Präsidenten Hugo Chavez im März 2013 gewann Nicolás Maduro die Wahl mit einer knappen Mehrheit von 50,66 Prozent und übernahm am 19. April als Repräsentant der Vereinigten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) sein Amt.1 Seit dem 19. April regiert er in der Regierungskoalition Gran Polo Patriótico (GPP), zu der außer der PSUV die kommunistische PCV, die Tupamaros und einige Splitterparteien gehören.2

Maduro, Außenminister und Vizepräsident zugleich, führte die Amtsgeschäfte jedoch schon vor Chávez Tod. Dieser hatte ihn offiziell als Wunschkandidaten für seine Nachfolge erklärt.3 Aufgrund des knappen Wahlergebnisses forderte die Opposition MUD (Tisch der demokratischen Einheit / Mesa de la Unidad Democratica) eine Neuauszählung der Stimmen. Straßenproteste folgten, bei denen sieben Menschen starben und weitere 61 verletzt wurden.

Chávez verfolgte eine sehr populistische Politik, die von seinem Nachfolger Maduro größtenteils fortgeführt wird. Er versprach den Zugang zu Bildung und ein breites Sozialprogramm, darunter eine medizinische Grundversorgung, die teilweise bereits realisiert wurde. Die Armut ging zwischen 1999 und 2011 von 48,6% auf 29,5% zurück und Venezuela erlangte den niedrigsten Grad an Ungleichheit in ganz Lateinamerika. All dies wurde aus den Erlösen des Öl-Exports finanziert, die die Hälfte des Staatshaushalts ausmachen.

Gleichzeitig stieg die Inflation jedoch mit knapp 30% auf Rekordniveau und die Elektrizitäts- und Wasserversorgung sind mangelhaft. Die ständig steigende Mordrate belegt einen hohen Grad an Kriminalität: Momentan befindet sie sich bei 54 Verbrechen auf 100.000 Einwohner. Eine schlechte Verwaltung staatlicher Ressourcen wird zudem oft kritisiert.

Während Chavez Amtszeit mussten die traditionellen Parteien immer mehr ihres Einflusses einbüßen. Aus dem Zweikammersystem wurde ein Einkammerparlament und die Exekutive wurde auf Kosten der Legislative gestärkt. In Venezuela herrscht daher heute eine stark eingeschränkte Gewaltenteilung. Außerdem besteht seit 2009 eine unbeschränkte Möglichkeit auf Wiederwahl des Präsidenten.42

Venezuela ist zudem eins der korruptesten Länder weltweit. Laut TNI platzierte es im Jahr 2012 auf Rang 165 von 176 Ländern.5

Außenpolitik / Verhältnis zu Nachbarländern

Vorwegzunehmen ist, dass das Verhältnis zu den USA von Spannungen geprägt ist. Streitfragen sind hier immer wieder die kolumbianischen Guerilla, die Rolle Kubas, Irans, Syriens, eine panamerikanische Freihandelszone und die internationale Wirtschaftsordnung im Allgemeinen. Die USA und Venezuela sind allerdings gleichzeitig voneinander abhängig, denn 10% des US-amerikanischen Ölbedarfs wird aus venezolanischen Quellen gedeckt. Umgekehrt betreibt der venezolanische Staatskonzern PDVSA in den USA zahlreiche Raffinerien und Tankstellen. Venezuela ist somit auf den US-Markt angewiesen. Dieses besondere Verhältnis zu den USA ist in fast allen außenpolitischen Handlungen und Beziehungen Venezuelas wieder zu finden.

Venezuela hat sich in den letzten Jahren stark darauf konzentriert, die existierenden Beziehungen zu anderen Ländern Zentral- und Südamerikas, mit dem Iran, China und Russland zu intensivieren.6 Vor allem die wirtschaftliche und politische Integration in den lateinamerikanischen Kontinent, sowie dessen Stärkung, stehen im Vordergrund.

Das Verhältnis zu Kolumbien ist durch Turbulenzen gekennzeichnet. Es wurden bereits einige Dokumente von der kolumbianischen Armee veröffentlicht, laut denen es Verbindungen zwischen Hugo Chávez und der FARC gegeben haben soll. Im September 2009 erlaubte Kolumbien dem US-Militär im Zuge der Drogenbekämpfung auf kolumbianische Flugstützpunkte zuzugreifen. Hugo Chavez interpretierte dies als Bedrohung und nahm es als Anlass, 2 Billionen Dollar in Waffen aus Russland zu investieren. 2010 beschuldigte die kolumbianische Regierung Venezuela, die FARC zu unterstützen. Seit der Ernennung des neuen kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos im August 2010 haben sich die bilateralen Beziehungen jedoch entspannt.7 Inzwischen spielt Venezuela sogar eine Vermittlerrolle im laufenden Friedensprozess zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC-Guerilla.8

Besonders enge Beziehungen bestehen zu Kuba und Bolivien, die Hugo Chávez in seiner „Bolivarischen Revolution“ unterstützen. 2006 verkündete der bolivianische Präsident Morales mit Venezuela gemeinsam im Kampf gegen „Neoliberalismus und Imperialismus“ vorzugehen. Die beiden Länder bemühen sich außerdem im Rahmen der Verbesserung der Landwirtschaft und des Gesundheitswesens, sowie des Bildungswesens und der Energieversorgung zu kooperieren.7 In Europa pflegt Venezuela insbesondere zu Portugal, Spanien und Italien engere Beziehungen.9

Menschen- und Freiheitsrechte

Die Menschenrechtssituation in Venezuela ist problematisch. Dies ist teilweise Folge der stark eingeschränkten Gewaltenteilung. Der UN-Menschenrechtsrat äußerte Bedenken bezüglich der mangelnden Unabhängigkeit der Justiz, der Behinderung und Diskriminierung von Menschenrechtsorganisationen, den Zuständen in Gefängnissen, Einschränkung von Meinungs- und Pressefreiheit und Straflosigkeit.10 Der Einfluss privater Medien wird in Venezuela eingeschränkt und das Fernsehen größtenteils vom Staat kontrolliert.11

Angriffe auf Oppositionelle, gegen kritische Journalisten und Medien haben laut diverser Menschenrechtsorganisationen seit dem Amtseintritt von Hugo Chávez zugenommen. Reporter Ohne Grenzen positionieren Venezuela 2012 auf Platz 117 von 179 Staaten auf der „Rangliste der „Pressefreiheit“.3 Der Polizei werden rechtswidrige Tötungen und Folterungen vorgeworfen.10

Drogenproblematik

Venezuela ist ein wichtiger Transitstaat im internationalen Drogenhandel, spielt jedoch nur eine kleine Rolle bei der Herstellung und beim Konsum von illegalen Substanzen. Es befindet sich in einer geographischen Schlüsselposition zwischen dem weltweit größten Drogenexporteur Kolumbien und dem größten Konsumentenmarkt, den USA.12 Besonders vorteilhaft ist auch die Küstenlage, sodass von Venezuela aus in alle Weltregionen exportiert werden kann: Die Hälfte aller Schiffstransporte von Kokain, Marihuana und anderen illegalen Drogen nach Europa, ging zwischen 2006 und 2008 von Venezuela aus.

Ein Bericht des United States Congress besagt, Korruption unter den venezolanischen Streitkräften ermögliche der kolumbianischen FARC unter anderem durch Bereitstellung von Waffen den Drogenhandel.13

Drogengesetze

Das venezolanische Gesetz unterscheidet nicht zwischen harten und weichen Drogen. Wird man im Besitz von Drogen erwischt, ist es möglich, bis zu 8 Tage von der Polizei festgehalten zu werden, bevor eine Gerichtsverhandlung stattfindet.14

Bei Verstößen gegen das Rauschgiftgesetz muss mit Gefängnisstrafen von 8 bis 20 Jahren gerechnet werden,15 wobei venezolanische Gefängnisse aufgrund ihrer menschenunwürdigen Haftbedingungen zu den schlimmsten der Region gehören..16

Maßnahmen der Regierung / Kooperation mit anderen Staaten

Unter Hugo Chávez wurde die ONA (Oficina Nacional Antidrogas) zur Bekämpfung des illegalen Drogenhandels gegründet. Während Venezuela mit der DEA (US Drug Enforcement Administration) kooperierte, wurden die Bemühungen im Zuge der Drogenbekämpfung von den USA positiv bewertet.17

2005 beendete Venezuela die Kooperation mit der DEA unter dem Vorwand, sie spioniere in Venezuela und sei selbst ein „transnationaler Drogenschmuggler“ und in zahlreichen Ländern in Geschäfte mit der Mafia verwickelt. Neben Bolivien ist es somit das einzige Land in Lateinamerika, welches den Drogenhandel „auf eigene Faust“ zu bekämpfen versucht.

Nach eigenen Angaben nahm Venezuela in der Periode von 2006 bis 2009 drei Mal so viele Drogenhändler wie zuvor fest. Die Beschlagnahmung illegaler Drogen nahm in derselben Zeitspanne um 10% zu. Insgesamt wurden seit dem Jahr 2006 fast 250 Tonnen Kokain konfisziert und 378 illegale Landebahnen zerstört. Gleichzeitig vervierfachte sich die Menge an Drogen, die aus Kolumbien über Venezuela exportiert wurde zwischen 2004 und 2007.17

Entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit der Bundesregierung

Seit 2004 besteht keine bilaterale Technische Zusammenarbeit mit Venezuela. Von den deutschen politischen Stiftungen wird die nicht-staatliche Entwicklungszusammenarbeit jedoch weiter fortgesetzt. Vor allem die Friedrich-Ebert-, Konrad-Adenauer-, Hanns-Seidel- und Rosa-Luxemburg-Stiftung beteiligen sich daran.18

  1. Wikipedia: Maduro []
  2. Auswärtiges Amt: Länderinfos Venezuela Innenpolitik [] []
  3. bpb: Maduro folgt Chavez [] []
  4. bpb: Maduro folgt Chavez []
  5. Wikipedia: Corruption in Venezuela []
  6. venezuela: Venezuela Wirtschaft – Politik []
  7. Wikipedia: Foreign policy of the Hugo Chavez government Colombia [] []
  8. Auswärtiges Amt: Länderinfos Venezuela Außenpolitik []
  9. Auswärtiges Amt: Länderinfos Venezuela Außenpolitik []
  10. Amnesty International: Jahresbericht 2012 Venezuela [] []
  11. bbc: world latin america []
  12. embavanez: Fact sheet drugs 2013 []
  13. Wikipedia: Illegal drug trade in Venezuela []
  14. margaritainfo: infos drogen – nicht mehr verfügbar []
  15. Auswärtiges Amt: Länderinformationen Venezuela Sicherheit []
  16. gov.uk: foreign travel advice Venezuela – local laws and customs []
  17. Wikipedia: Illegal drug trade in Venezuela 1999 to present [] []
  18. Auswärtiges Amt: Entwicklungspolitische Zusammenarbeit Venezuela []

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